ASYLWESEN: Kirchen öffnen langsam ihre Tore

Der Bischof macht es vor und sorgt an der Basis für Bewegung: Auch in Pfarrhäusern werden nun Flüchtlinge aufgenommen. Nur: Wer hat den Überblick?

Drucken
Schwester Nadia vom Kloster Baldegg zusammen mit syrischen Flüchtlingen, die seit Januar im Gästehaus (im Hintergrund) wohnen. Das Bild wurde im März aufgenommen. (Bild Nadia Schärli)

Schwester Nadia vom Kloster Baldegg zusammen mit syrischen Flüchtlingen, die seit Januar im Gästehaus (im Hintergrund) wohnen. Das Bild wurde im März aufgenommen. (Bild Nadia Schärli)

Alexander von Däniken

Der Basler Bischof Felix Gmür öffnet sein Bischofshaus für Flüchtlinge (Ausgabe vom Mittwoch). Der katholische Seelsorgerat des Kantons begrüsst, dass Gmür «ein Zeichen konkreter kirchlicher Solidarität mit den Asylsuchenden setzt». Ratspräsident Karl Mattmüller fügt an: «Wir hoffen, dass viele diesem Beispiel folgen.»

So oder so: Im Bistumskanton Luzern dürfte Gmürs Handeln eine Signalwirkung haben. Zumal die katholische Landeskirche schon im Frühling 2013 85 Kirchgemeinden angeschrieben hat – mit dem Aufruf, geeignete Gebäude und Parzellen dem Kanton zu melden. Bisher war es trotz der anhaltenden Flüchtlingsströme auffällig ruhig um die Kirchgemeinden und Pfarreien im Kanton. Nur vom Kloster Baldegg war bekannt, dass es Flüchtlingsfamilien im Gästehaus beherbergt. Bistumssprecher Hansruedi Huber bestätigt auf Anfrage, dass es im Kanton weitere Beispiele von Pfarreien und Kirchgemeinden gibt, die Flüchtlinge aufgenommen haben oder Räume zur Verfügung stellen: die Pfarrei St. Johannes in Luzern sowie die Kirchgemeinden Ettiswil und Werthen­stein. Wie die Pfarrei St. Johannes in Luzern mitteilt, wird heute eine Familie aus Tschetschenien in die Wohnung des Gemeindeleiters ziehen, weil dessen Stelle vakant ist.

Wo noch weitere Räume zur Verfügung stehen, weiss das Bistum indes nicht. Huber: «Die Koordination liegt bei den behördlichen Asylkoordinatoren auf Stufen Kanton und Gemeinde. Kirchgemeinden, die helfen wollen, müssen sich bei den Gemeindebehörden vor Ort melden.»

Landeskirche: Sache der Gemeinden

Eine Drehscheibenfunktion könnte die römisch-katholische Landeskirche Luzern wahrnehmen. Allerdings erklärt Synodalverwalter Edi Wigger auf Anfrage: «Die Kirchgemeinden sind selbstständige Körperschaften. Als Landeskirche können wir in diesem Bereich keine Weisungen erlassen.» Ausserdem verteile der Kanton die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen auf die Gemeinden, ehe die Frage nach geeignetem Wohnraum aufkomme. «Dann ist eher die Caritas gefragt.» Edi Wigger betont, dass bei den Kirchen nicht nur die Wohnraumfrage im Zentrum stehe: «Wir helfen auch bei der Begleitung und Betreuung der Menschen, und dies vielerorts schon seit Jahren.» Trotzdem wolle sich auch die Landeskirche nun einen Überblick verschaffen und heute mit einer Umfrage beginnen.

Caritas: «Dynamischer Asylbereich»

Auch die Caritas, welche noch bis Ende Jahr für die Betreuung und Unterbringung von Asylsuchenden, Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen im Kanton zuständig ist, hat laut Geschäftsleiter Thomas Thali keinen vollständigen Überblick: «Der Asylbereich ist derzeit sehr dynamisch, auch in den Zentren und Notzentren.» Freie Wohnungen würden zwar der Caritas gemeldet, wegen der vielen Flüchtlinge werde aber nicht im Einzelnen festgehalten, wer die Wohnung vermittelt hat. Thali hält fest, dass die Kirchen schon beim Unterbringungsnotstand 2012 aktiv mitgeholfen haben: «Das ist kein neuer Trend.» Beim Kanton waren gestern die zuständigen Stellen nicht erreichbar. Die Gespräche mit den Kirchen würden jedoch weitergeführt.