Bahnausbau: Freude in Zug, Enttäuschung in Luzern

Ein Viertelstundentakt zwischen Luzern und Zürich und die Planung des Durchgangsbahnhofs Luzern: Der Bundesrat will in der Zentralschweiz viel Geld investieren. Ein Wermutstropfen bleibt aber.

Christian Glaus
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Die Nachfrage im Personenverkehr soll bis 2040 um 51 Prozent steigen. (Bild: Gaetan Bally/Keystone (13. Juni 2017))

Die Nachfrage im Personenverkehr soll bis 2040 um 51 Prozent steigen. (Bild: Gaetan Bally/Keystone (13. Juni 2017))

Der Zimmerberg-Basistunnel zwischen Baar und Thalwil soll definitiv gebaut und der Durchgangsbahnhof Luzern weiter geplant werden. Das sind aus Zentralschweizer Sicht die zwei wichtigsten Punkte in der Botschaft des Bundesrats zum Ausbau der Bahninfrastruktur. Verkehrsministerin Doris Leuthard hat die Botschaft am Mittwoch öffentlich vorgestellt. Mit dem sogenannten Ausbauschritt 2035 sollen insgesamt 11,9 Milliarden Franken investiert werden (siehe Box). Davon fliessen 1,6 Milliarden Franken in das Nadelöhr zwischen Baar und Thalwil. Damit soll nicht nur der Bau des neuen zweispurigen Tunnels finanziert werden. Enthalten sind auch ein drittes Gleis zwischen Zug und Baar sowie Ausbauten in Ebikon, Rotkreuz und Zug.

Der Tunnel soll zwischen 2030 und 2035 fertiggestellt werden. Danach können je halbstündlich ein Regioexpress und ein Interregio zwischen Zürich und Luzern verkehren. Zusätzlich verkehrt im Halbstundentakt ein Regioexpress zwischen Zürich und Rotkreuz. Zusammen mit den Gotthard-Zügen kommt die Stadt Zug auf acht schnelle Verbindungen pro Stunde nach Zürich. Der Zuger Regierungsrat Matthias Michel (FDP) ist sehr zufrieden, dass «nach Jahren des Kämpfens» die Finanzierung des Zimmerberg-Basistunnels endlich gesichert sei, und spricht von «einem Quantensprung für die Bahnbenützer».

Ausbau für 11,9 Milliarden

Der Bundesrat nimmt den Lötschberg-Basistunnel in den Ausbauschritt 2035 auf. Er folgt einem Wunsch, der in der Vernehmlassung geäussert worden war. Somit ist künftig der Halbstundentakt zwischen den Kantonen Bern und Wallis möglich. Der 35 Kilometer lange Tunnel ist heute nicht durchgehend zweispurig befahrbar. Von der zweiten Röhre sind sechs Kilometer noch nicht gebohrt und 14 Kilometer ohne Bahntechnik. Bereits bekannt war, dass der Bahnhof Stadelhofen ausgebaut und der Brüttener Tunnel zwischen Zürich und Winterthur realisiert werden soll. Der Bundesrat rechnet mit Investitionen von 11,9 Milliarden Franken. Das sind gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf 400 Millionen mehr. Der Bund rechnet damit, dass bis 2040 die Nachfrage im Personenverkehr um 51 Prozent und im Güterverkehr um 45 Prozent steigen wird. (sda/cgl)

Nur Mindestforderung ist erfüllt

Aus Zentralschweizer Sicht ist aber nur die Mindestforderung erfüllt. Denn der Durchgangsbahnhof Luzern ist im Ausbauschritt 2035 – wie dies zu erwarten war – nicht enthalten. Doris Leuthard ­begründete dies damit, dass der Durchgangsbahnhof erst seinen vollen Nutzen entfalte, wenn der Zimmerberg-Basistunnel in Betrieb ist. Zudem sei das Projekt zu wenig weit fortgeschritten. Immerhin: Die weitere Planung des Bahnhofprojekts ist gesichert. Dafür fliessen rund 100 Millionen Franken aus dem Ausbauschritt 2025, wie der Bundesrat beteuert. Das Positive daran: Darüber muss das Parlament nicht mehr befinden. Selbst wenn der Ausbauschritt 2035 abgelehnt werden sollte, würde das Geld fliessen. «Wir wollen das Projekt vorantreiben», sagte Leuthard vor den Medien und erklärte: «Es wird keinen Stillstand geben.» Sprich: Der Übergang von der Planung zum Bau soll nahtlos sein.

Daran zweifelt jedoch der Luzerner Regierungsrat Robert Küng (FDP), wie er im Interview mit unserer Zeitung sagt. «Es ist enttäuschend, dass der Durchgangsbahnhof im Ausbauschritt 2035 nicht als zu realisierendes Projekt enthalten ist.» Der Bundesrat will dem Parlament bis 2026 die Botschaft für einen weiteren Ausbauschritt vorlegen. Dabei soll der 2,4 Milliarden Franken teure Durchgangsbahnhof geprüft werden. Küng fordert, dass das Projekt in der Botschaft explizit erwähnt wird und dass mit dem Ausbauschritt 2035 auch Mittel für Bauvorbereitungsarbeiten gesprochen werden. Sonst könne es nach der Projektierung zu Verzögerungen kommen.

Mit diesen Befürchtungen ist Küng nicht allein. Er werde sich «selbstverständlich in der Verkehrskommission dafür einsetzen», dass die Bauvorbereitung für den Durchgangsbahnhof in den Ausbauschritt 2035 aufgenommen wird, sagt der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber. Auch Ständerat Hans Wicki (FDP, Nidwalden) findet, dass es mehr Geld braucht als nur für die Planung. «Das zu konkretisieren, gehört nun zum parlamentarischen Prozess», sagt Wicki, der auch Präsident des Komitees Durchgangsbahnhof Luzern ist.

Ständerat Graber verbreitet Optimismus

Trotz dieses Makels in der Botschaft des Bundesrats ist Konrad Graber zuversichtlich, dass der Durchgangsbahnhof im nächsten Ausbauschritt nach 2035 enthalten sein wird. «Der Bund kann es sich nicht leisten, 100 Millionen für die Planung aufzuwenden und dann das Projekt nicht zu realisieren.» Er spricht sogar davon, dass Luzern profitieren könnte, wenn Projekte in anderen Regionen stocken – beispielsweise wegen Einsprachen. Dann könnte der Durchgangsbahnhof plötzlich vorgezogen werden.

«Ich bin froh, dass die vorgeschlagene Drittfinanzierung vom Tisch ist.»

Robert Küng, Luzerner Regierungsrat (FDP)

Kein Thema mehr ist eine Drittfinanzierung des Projekts. Diese Möglichkeit ist schon in der Vernehmlassung mehrheitlich abgelehnt worden, auch vom Kanton Luzern selber, obwohl Küng sich ursprünglich dafür stark gemacht hatte. Die Luzerner Regierung kritisierte den Vorschlag des Bundesrats, weil die Kantone das finanzielle Risiko hätten tragen müssen. Nun sagt Küng: «Ich bin froh, dass die vorgeschlagene Drittfinanzierung vom Tisch ist.» Es sei politisch einfacher und sachgerechter, eine bessere Verankerung des Durchgangsbahnhofs im Ausbauschritt 2035 zu fordern.

Die Planung des Bahnhofsausbaus dauert rund acht Jahre, die Bauarbeiten weitere zehn bis zwölf Jahre, wie Robert Küng vorrechnet. «Der frühestmögliche Termin für die Inbetriebnahme wäre ­somit im Jahr 2039.»