Bauprojekt einer Firma beschert Weggis ein fragwürdiges Geschenk

Weil die Kaffeemaschinenherstellerin Thermoplan AG ausbauen muss, ihr dabei aber das Clublokal des Sportclubs und Garderoben in die Quere kommen, will sie diese abreissen und neu bauen. Die Gemeinde Weggis gibt dafür ihr Land her.

Evelyne Fischer
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So soll die neue Logistikhalle der Thermoplan AG in Weggis mit dem integrierten Sport- und Vereinsgebäude aussehen. (Visualisierung: PD)

So soll die neue Logistikhalle der Thermoplan AG in Weggis mit dem integrierten Sport- und Vereinsgebäude aussehen. (Visualisierung: PD)

Im Sommer wurde der Deal publik: Im Gebiet Weiher, wo heute das Lokal des Weggiser Sportclubs und die Garderoben samt Vereinsräumen stehen, plant die Kaffeemaschinenbauerin Thermoplan AG eine vollautomatische Logistikhalle. 80 Meter lang, 18 Meter breit, 15 Meter hoch. Die Sport- und Freizeitanlagen sollen in den Neubau integriert werden – auf Kosten von Thermoplan (Artikel vom 13. Juli 2018).

Die 2113 Quadratmeter grosse Parzelle ist im Eigentum der Gemeinde und soll im Baurecht abgegeben werden. «Der jährliche Zins wird noch verhandelt», sagt Gemeindeammann Baptist Lottenbach (FDP). Beim umliegenden Land, das von der Korporation ebenfalls im Baurecht ans Gewerbe abgegeben wurde, belaufe sich dieser pro Quadratmeter auf 13 Franken. Daran orientiere man sich, der Zins werde sich während der Vertragslaufzeit aber verändern. Dennoch ist klar: Weggis winken Einnahmen von jährlich gegen 30'000 Franken.

«Wir sprechen hier von einer Win-Win-Win-Situation.»

Baptist Lottenbach, Gemeindeammann Weggis (FDP)

Das Grundstück befindet sich heute in der Zone für Sport- und Freizeitanlagen und muss in die Arbeitszone Weiher überführt werden. Ab Montag liegt die entsprechende Zonenplanänderung öffentlich auf. «Der Gemeinderat hat einstimmig beschlossen, das Projekt der Thermoplan AG zu unterstützen», sagt Lottenbach. «Wir sprechen hier von einer Win-Win-Win-Situation, es profitieren letztlich die Firma, die Gemeinde und die Vereine.»

Gegen zwei Millionen fürs Sport- und Vereinsgebäude

Thermoplan beschäftigt heute 330 Mitarbeiter in Weggis, 2019 sollen 30 weitere dazukommen. Jüngst sicherte sich die Firma die Produktion der dritten Generation der Starbucks-Kaffeemaschine. Ein Auftrag, der Thermoplan laut der «Wochen-Zeitung» eine «bestimmte Grundauslastung über die kommenden acht bis zehn Jahre» beschert.

«Um auch künftig in der Schweiz produzieren zu können, müssen wir die Automatisierung vorantreiben», sagt CEO Adrian Steiner auf Anfrage. «Für ein Lager auf den bestehenden drei Liegenschaften wären massive Kompromisse nötig. Der Platz auf dem Gemeindeland ist für uns ein Glücksfall.» Gleichzeitig stand fest: «Wenn wird die kommunale Fläche beanspruchen, ersetzen wir die öffentlichen Gebäude.» Dieses «Geben und Nehmen» ist Thermoplan etwas wert: 20 Millionen sollen insgesamt investiert werden, gegen zwei Millionen davon fallen fürs Sport- und Vereinsgebäude an.

«Möglich ist der straffe Zeitplan nur, weil alles Nötige sauber abgeklärt wurde. Hier wird niemand begünstigt.»

Baptist Lottenbach, Gemeindeammann Weggis (FDP)

Von einem «Kuhhandel» will Gemeindeammann Baptist Lottenbach nichts wissen: «Es geht hier nicht um Kühe, es geht um Kaffeemaschinen und Arbeitsplätze. Ich mag es, wenn man gute Lösungen differenziert betrachtet, aber diese nicht ins Negative dreht», sagt Lottenbach. «Der Gemeinderat hatte keine anderen Pläne für dieses Stück Land. Daher schlugen wir ein unter der Bedingung, dass die heutige Nutzung gewährleistet bleibt.» Ganz klar «eine Herausforderung» sei das Tempo: Das Baugesuch lag ab Mitte Juli auf, jetzt folgt die Zonenplanänderung, am 10. Februar soll das Geschäft vors Stimmvolk. «Die Trägheit der Behörden wird immer als Problem des Werkplatzes Schweiz dargestellt, die Gemeinde Weggis beweist, dass es auch anders geht», sagt Lottenbach. «Möglich ist der straffe Zeitplan nur, weil alles Nötige sauber abgeklärt wurde. Hier wird niemand begünstigt.»

Gleich sieht es Steiner: «Letztlich gibt es Gesetze, und an die müssen wir uns halten. Solch verrückte Sachen kann man nur bewerkstelligen, wenn gute Vorarbeit geleistet wird.» Der Kanton stehe hinter dem Projekt und beurteile die Umzonung als «recht- und zweckmässig». Der Bau erfülle die Forderung nach Verdichtung und multifunktionaler Nutzung, so Steiner. «Tagsüber stehen die 49 Parkplätze im Erdgeschoss unseren Angestellten zur Verfügung, danach den Vereinen und der Gemeinde.»

Sportclub Weggis spricht von «Riesenvorteil»

Das neue Sport- und Vereinsgebäude kommt künftig zwischen den beiden Rasenplätzen des Sportclubs Weggis zu stehen. (Visualisierung: PD)

Das neue Sport- und Vereinsgebäude kommt künftig zwischen den beiden Rasenplätzen des Sportclubs Weggis zu stehen. (Visualisierung: PD)

Die Garderoben und Vereinsräume wurden 2002 von der Gemeinde erstellt, letztere werden von zwei Guuggenmusigen und der Fasnachtsgesellschaft genutzt. Das Clubhaus baute der Sportclub vor gut 20 Jahren «mit viel Herzblut», wie Präsident Didier Hofstetter sagt. Daher komme mit dem Neubau schon Wehmut auf. «Aber wir erhalten einen 1:1-Ersatz, sogar mit etwas mehr Fläche und werden in den nächsten Jahren nichts investieren müssen, das ist ein Riesenvorteil.» Der Verein sei «von Anfang an» miteinbezogen worden. «Uns wurde nichts aufgezwängt.»

Es sei Thermoplan wichtig gewesen, die «Bedürfnisse» der Vereine abzuklären, sagt CEO Adrian Steiner. «Denn während der Bauzeit werden Provisorien nötig sein.» Ziel ist es, dass das Sport- und Vereinsgebäude im Herbst 2019 steht und die Logistikhalle Ende 2019 in Betrieb genommen werden kann.

«Warum soll man nicht gemeinsam Lösungen finden, wenn es passt.»

Adrian Steiner, CEO Thermoplan AG Weggis

Es ist nicht das erste Mal, dass Thermoplan Weggis beschenkt: Für das Trainingscamp der brasilianischen Fussballmannschaft im Vorfeld der WM 2006 finanzierte die Firma eine Fifa-taugliche Fussballanlage. Und 2015 übernahm sie die Sanierung des Pavillons am See. Gegen die Bezeichnung als «Wohltäter» wehrt sich CEO Steiner. Die Fussballanlage sei primär eine Investition ins Marketing gewesen, beim Pavillon habe man «eine politische Patt-Situation» beenden können. «Warum soll man nicht gemeinsam Lösungen finden, wenn es passt», fragt Steiner. Er sieht keine Gefahr, dass diese Grosszügigkeit ausgenützt werden könnte. «Nur Gelder abzuholen, ist nicht die Art unseres Gemeinderats.»