Amag setzt Autohäuser unter Druck: Luzerner Garagist macht Vollbremser

Service ja, Autohandel nein: Diesen Deal will die Autocenter Lustenberger AG in Beromünster nicht eingehen und schliesst per Ende Jahr. Manch weitere Garage könnte folgen.

Evelyne Fischer
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Das Auto Center Lustenberger schliesst per Ende Jahr. (Bild: Boris Bürgisser (Beromünster, 12. Oktober 2018))

Das Auto Center Lustenberger schliesst per Ende Jahr. (Bild: Boris Bürgisser (Beromünster, 12. Oktober 2018))

Kleinere Garagen kommen gerade ordentlich ins Schlittern. Der Volkswagenkonzern, der zwölf Fahrzeugmarken umfasst, erneuert in ganz Europa sämtliche Partnerverträge. Um die VW-Verträge in der Schweiz kümmert sich die Amag Import AG. Im März kündigte sie allen Service- und Handelspartnern per 31. März 2020. Wie viele dies sind, gibt Amag nicht bekannt.

«Die laufenden Verträge wurden 2005 abgeschlossen, seither hat sich die Branche gewaltig entwickelt», sagt Amag-Sprecherin Roswitha Brunner. «Die Digitalisierung verlangt die Einführung neuer Prozesse im ganzen Vertrieb. Mit den jetzigen Verträgen können die Anforderungen nicht erreicht werden.»

Auflagen an Garagisten werden weiter steigen

Garagen müssen künftig mit zusätzlichen Auflagen rechnen, etwa im Datenschutz und in der Elektromobilität. Brunner: «Ob und wie insbesondere kleinere Partner diese Auflagen wirtschaftlich erfüllen können respektive wollen, kann noch nicht abschliessend beurteilt werden.»

Einer, der diese Frage für sich beantwortet hat, ist Stefan Lustenberger (55) aus Beromünster. In diesen Tagen informiert der Chef der Autocenter Lustenberger AG mehr als 2500 Kunden über die Schliessung der Garage per Ende Jahr. 19 Mitarbeiter verlieren ihre Stelle, berichtet die «Surseer Woche». Mit «Herzblut» habe er den Betrieb seit 1997 mit seiner Frau Gaby entwickelt und ausgebaut, heisst es im Schreiben.

Bisher ist die Garage eine VW-, Audi- und VW-Nutzfahrzeug-Vertretung. Für die Zeit nach dem 1. April 2020 bietet Amag dem Autocenter Lustenberger nur noch den Servicepartner-Vertrag für die Marke Audi an. Autohandel? Leider nein. «Nach sorgfältiger Beurteilung der Situation sowie der künftigen Marktchancen sind wir zur Einsicht gelangt, dass sich für unseren Betrieb weder kurz- noch langfristig eine erfolgreiche Perspektive bietet», liest man im Kundenbrief. Ein Markenwechsel sei aufgrund der kostenintensiven Anpassungen an der Infrastruktur keine Option.

Grosse Investitionen wären angestanden

Die Aufgabe der Geschäftstätigkeit sei «einer der schwierigsten Entscheide» gewesen, die er je gefällt habe, sagt Stefan Lustenberger. Doch warum gerade der radikale Schnitt? «Ich wollte rasch klare Verhältnisse, habe mein Team daher schon im Sommer über bevorstehende Veränderungen informiert.» Falle die Markenvertretung weg, werde man zum No-Name-Betrieb. «Als Arbeitgeber büsst man enorm an Attraktivität ein.»

«Ab April 2020 wären alle digitalen Systemanbindungen und Verknüpfungen gekappt gewesen. So sind viele Reparaturen nicht mehr möglich.»
Stefan Lustenberger,
Autocenter Lustenberger Beromünster

Wirtschaftliche Gründe hätten nicht den Ausschlag gegeben. «Der Absatz im gesamten Wagenhandel stimmte. Trotz minimaler Handelsmarge konnten wir dank des Servicegeschäfts über die Jahre bescheidene Gewinne erzielen.» Aber ab April 2020 wären alle digitalen Systemanbindungen und Verknüpfungen gekappt gewesen. «So sind viele Reparaturen nicht mehr möglich.» Für spezielle Stromzugänge wären zudem Investitionen im hohen sechsstelligen Bereich angefallen.

Lustenbergers Sorge gilt nun den Angestellten, allen voran den drei Lehrlingen: «Ich setze alles daran, dass sie einen neue Stelle finde. Ich bin optimistisch.» Wie es für ihn und seine Frau weitergehe, sei offen. «Die letzten Jahre haben an der Substanz genagt. Jeder in der Kette profitiert, am meisten der Kunde. Das müssen wir nun erst verarbeiten.»

Amag sorgt für Verdrängungskampf

VW ist nicht der einzige Hersteller, der sein Netz strafft. BMW und Jaguar Land Rover Schweiz begannen schon vorher.

Die Bereinigung des Händlernetzes sei absehbar gewesen, sagt Daniel Portmann, Präsident des Auto Gewerbe Verbands Schweiz, Sektion Zentralschweiz. «Weniger Vertreter bedeutet weniger Aufwand.» Doch Importeur sei nicht gleich Importeur: «Die einen sind bloss Zwischenverkäufer, die anderen besitzen selber viele Garagen.» Amag gehört zur zweiten Gruppe. «Es kommt zum Verdrängungskampf.»

Um die stetig steigenden Anforderungen als Markenvertreter zu erfüllen, brauche ein Betrieb eine gewisse Grösse. Eine Markenvertretung könne matchentscheidend sein: «Viele suchen heute im Internet nach einer Automarke. Wer ein neues Auto will, findet einen Markenvertreter und kauft dort. Händler und Garagen ohne Vertretung haben das Nachsehen.»

«Wir befinden uns aktuell im luftleeren Raum. Die definitiven Verträge folgen wohl erst Ende Jahr.»

Josef Albisser, Kreuzgarage Willisau AG

Das Autocenter in Beromünster verweist seine Kunden nun unter anderem an die Kreuzgarage Willisau AG, eine VW-, Audi-, Skoda- und VW-Nutzfahrzeuge-Vertretung. Seit 2010 ist der Familienbetrieb in den Händen von Josef Albisser. Er beobachtet die «Ausdünnung» der Branche mit Sorge. «Wir befinden uns aktuell im luftleeren Raum.» In einer Absichtserklärung seien ihm Serviceverträge für alle vier Marken zugesichert worden, für den Handel laufen noch Gespräche. «Die definitiven Verträge folgen wohl erst Ende Jahr. Angekündigt wurden sie im Sommer.»

Albisser ist überzeugt: Der Wandel ist noch lange nicht vorbei. Die zunehmende Elektromobilität werde die Branche fordern, das Käuferverhalten dürfte sich ändern. Dies berge aber auch Chancen. «Wenn ein Kunde einen Neuwagen künftig mit der Virtual-Reality-Brille begutachtet, gibts im Autohaus Platz für Neues.»