BERGUNG: Archäologische Sensation in 71 Meter Tiefe

Das Verkehrshaus möchte einen seltenen Petrolmotor aus dem Vierwald- stättersee bergen – ein schwieriges Unterfangen. Der erste Bergungstermin wurde bereits verschoben.

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Der Petrolmotor des Transportschiffs «Flora» liegt vorläufig noch am Grund des Küssnachtersees. (Bild PD)

Der Petrolmotor des Transportschiffs «Flora» liegt vorläufig noch am Grund des Küssnachtersees. (Bild PD)

Seit fast 116 Jahren liegt er da, in 71 Meter Tiefe im Vierwaldstättersee: der Petrolmotor von der versunkenen Transport-Naue «Flora». Das hölzerne Transportschiff ging samt Motor bei einem Unglück am 9. Dezember 1899 zwischen Zinnen und Meggenhorn im Küssnachtersee unter (siehe Box).

Weil Petrolmotoren nur in einer kurzen Zeitspanne im 19. Jahrhundert verwendet wurden, will das Verkehrshaus dieses «wichtige Objekt der Motorgeschichte» nun bergen, so Olivier Burger, Leiter Kommunikation beim Verkehrshaus. «Petrolmotoren kamen vor dem Siegeszug der Benzinmotoren zum Einsatz und versprachen einen ökonomischeren Betrieb gegenüber den Dampfmaschinen.» Der Petrolmotor ist somit ein Puzzleteil in der Evolution der ersten Verbrennungsmotoren.

Roboter hilft bei der Bergung

Bereits letzte Woche wollte man den gut 1,70 Meter langen, 1,20 Meter hohen und rund 600 Kilogramm schweren Petrolmotor an die Oberfläche holen. «Die Art der Befestigung ist aber komplexer als angenommen», sagt Olivier Burger. Denn der Motor ist mit massiven Holzbalken im Schiffsrumpf verbaut. Deshalb laufen die Vorbereitungen für die Bergung derzeit auf Hochtouren. Sedimente absaugen, Motor freilegen, Auspuffrohre trennen und Befestigungsgurte anbringen: Seit rund drei Wochen ist der Gersauer Berufstaucher und Inhaber der Firma Divework GmbH Roger Eichenberger damit beschäftigt. «Ein Tauchgang dauert rund zwei Stunden – effektiv arbeiten kann ich in dieser Tiefe allerdings nur etwa 15 Minuten», erklärt er. Deshalb erledigt Eichenberger viele Arbeiten im Trockenen, indem er seinen Tauchroboter im Wasser steuert. Dieser ist mit Rotoren, einem Greifarm, Licht, Kameras und sogar einem Sonargerät bestückt.

Problem: 1 Meter Sedimentschicht

Trotz technischer Topausrüstung gestalten sich die Vorbereitungsarbeiten schwierig. Das grösste Problem ist die Sicht: «Über die Jahre hat sich im Motorraum bis zu einen Meter feinstes Sediment abgelagert. Bei der kleinsten Berührung wird dieses aufgewirbelt – die Sicht ist dann gleich null», sagt Roger Eichenberger. Es dauere jeweils eine ganze Weile, bis sich der Schlamm wieder gelegt hat und weitergearbeitet werden kann. «Wir nähern uns Schritt für Schritt der Bergung», so Eichenberger.

Motor kommt in Schifffahrts-Halle

Sind alle Vorbereitungen getroffen, kann es mit der eigentlichen Bergung losgehen. Hebesäcke, die mit Luft gefüllt werden, hieven den Petrolmotor an. Anschliessend wird er im Wasser in Ufernähe gezogen, wo er an Land geholt wird. Wann es so weit ist, kann Olivier Burger noch nicht sagen.

Bevor aber der Motor in der Ausstellungshalle Schifffahrt des Verkehrshauses zu sehen ist, muss der schiffsarchäologische Schatz noch mit Kadosin behandelt werden. «Dieses Mittel konserviert den Motor mit einer Art Wachsschicht und verhindert eine weitere Korrosion», erklärt Burger.

Niels Jost