Innert zwei Jahren verliessen 28 Pflegende der Spitex MBS der Gemeinden Beromünster, Rickenbach, Büron und Schlierbach wegen «diversen Missständen» den Betrieb. Eine Petition soll nun helfen, die Probleme zu lösen. Die Spitex weist die Vorwürfe von sich.
Es sind happige Vorwürfe, welche die Unia Zentralschweiz im Namen von Mitarbeitenden der Spitex MBS (Beromünster, Rickenbach, Büron und Schlierbach) an die Öffentlichkeit bringt. Sie richten sich in erster Linie an die Spitexleitung, deren «Führungskultur auf Misstrauen aufbaut». Weitere Beschuldigungen reichen von «unübersichtlichen Arbeitsorganisationen» über «ein Klima der Angst» bis hin zu «verstecktem Mobbing». So seien laut Regionalsekretär der Unia Zentralschweiz, Giuseppe Reo, Mitarbeitende «plötzlich degradiert worden», hätten teils «niederschwellige Arbeit» ausserhalb ihres Kompetenzbereichs verrichten müssen. Weiter sagt Reo, der die Petition nach aussen vertritt:
«Die neue Leitung hat Pflegende mit einer niedrigeren Ausbildung blossgestellt.»
Es seien «verletzende Aussagen» gefallen wie etwa, dass man nur noch «qualifizierte Leute» wolle.
Auch auf die Trägergemeinden fällt ein schlechtes Licht; sie seien ebenfalls nicht daran interessiert, die Probleme zu lösen. «Dabei wäre es so wichtig, den Mitarbeitenden endlich Gehör zu schenken», so Reo. «Ich habe die Pflegenden mehr als einmal weinend erlebt, weil sie einfach wirklich nicht mehr können.» Aus diesem Grund lanciert die Unia nun eine Petition – ein «riesiger Hilfeschrei». Das Ziel ist klar: «Wir fordern von der Spitex MBS sowie von den Trägergemeinden, die Probleme in einem direkten Dialog zu besprechen und Lösungen im Sinne der betroffenen Mitarbeitenden zu finden. Die Spitex MBS ist für die pflegerische Grundversorgung in ihren Standortgemeinden essenziell – dazu braucht sie motivierte und gesunde Mitarbeitende.»
Doch wie konnte es so weit kommen? Per Anfang 2018 fusionierte die Spitexorganisation Michelsamt mit der Spitex Büron Schlierbach. Mit dem Wechsel in der Geschäftsleitung im Jahr 2019 hätten sich Probleme bei der Arbeitsorganisation gehäuft und administrative Mängel zu Unruhe und Unzufriedenheit geführt, sagt Reo. Die Mitarbeitenden hätten das Gespräch mit der Geschäftsleitung gesucht, diese habe jedoch «ungenügend reagiert». Nachdem sich das Arbeitsklima zunehmend verschlechtert habe, verliessen bis im November 2020 zwölf Pflegende die Spitex MBS. Im Mai 2021 wandten sich um die 20 Mitarbeitenden an die Unia, um extern Unterstützung zu erhalten.
Vier Monate später bat die Unia die Spitex-Führung schriftlich zu einem runden Tisch, um über die Probleme zu reden. Diese habe die Einladung via Anwalt abgelehnt. Daraufhin wandte sich die Unia an die Trägergemeinden – und wartete laut Reo vergebens auf eine Antwort. Nach einem zweiten Versuch willigten beide Parteien ein und trafen sich im Dezember zusammen mit der Unia und zwei Pflegenden. Reo:
«Das Gespräch endete ergebnislos und in der Folge begann die Unterdrückung seitens der Spitexleitung.»
So sei etwa eine der delegierten Mitarbeiterinnen «mit einer Änderungskündigung unter Druck gesetzt» worden –, weil sie die neuen Änderungen nicht akzeptierte, wurde ihr gekündet. Bis heute verliessen insgesamt 28 Pflegende «aufgrund der unmenschlichen Behandlung» die Spitex MBS, was praktisch einem Wechsel der gesamten Belegschaft gleichkomme. Und nun also die Petition, welche die betroffene Wohnbevölkerung dazu aufrufen will, «sich mit den Spitex-Mitarbeitenden solidarisch zu zeigen». Die Unterschriften werden in den nächsten Wochen auf der Strasse gesammelt.
Hanspeter Bühler, Präsident der Spitex MBS, verweist auf Anfrage auf die offizielle Stellungnahme des Vereins. «Einzelne Mitarbeitende der Spitex MBS sind nach der Fusion und der Umstrukturierung des Betriebs mit ihrer Situation bei der Spitex MBS unglücklich oder unzufrieden», heisst es darin. Mit diesen Mitarbeitenden sei man via Unia im Austausch. Auf die einzelnen Anliegen werde – primär aus datenschutzrechtlichen Gründen – nicht eingegangen. Allgemein stelle man aber «eine grosse Zufriedenheit» bei den Mitarbeitenden fest.
Weiter lautet das Statement:
«Leider mussten wir nach einer Sitzung mit der Unia die Erfahrung machen, dass diese wider Erwarten nicht an einer sachbezogenen Lösung interessiert ist.»
Statt die Möglichkeit eines externen Moderationsverfahrens wahrzunehmen, wie dies von der Spitex MBS vorgeschlagen worden und in solchen Fällen üblich sei, erfolgten «einerseits eine Absage und andererseits eine Flugblattaktion, was zu Fragen Anlass gibt». Die Spitex MBS habe immer betont, dass sie gesprächsbereit sei, dies «auf Augenhöhe und partnerschaftlich». Dieser Bitte sei die Unia nicht nachgekommen. Dennoch sei die Spitex weiterhin zu «konstruktiven und lösungsorientierten Gesprächen» bereit.
Zu den Vorwürfen einzelner Mitarbeitenden äussern sich die Trägergemeinden nicht; die Personalverantwortung der Spitex MBS obliege dem Vorstand. Dies schreiben sie in einer gemeinsamen Mitteilung einen Tag nach der lancierten Petition. Dafür wehren sie sich gegen den Vorwurf der Unia, dass sie sich nicht dafür interessieren würden. Dieser sei «unverständlich und haltlos». Und weiter: «Vielmehr haben sich Delegierte der Gemeinden am Round-Table-Gespräch zwischen der Gewerkschaft Unia und der Spitex MBS beteiligt. Die Trägergemeinden verfolgen die Angelegenheit sehr eng und stehen im Rahmen der Leistungsvereinbarung im fortdauernden Austausch mit der Spitex MBS.»