BETREUUNG: Gutscheine auch für Senioren

Die Stadt will die Betreuungsgutscheine auf die Alterspflege ausdehnen. Das soll sich langfristig positiv auf die Spitex-Tarife auswirken, so die Hoffnung.

Robert Knobel
Drucken
Mit den Gutscheinen der Stadt Luzern können Senioren Dienstleistungen, wie etwa bei der Spitex kaufen. (Symbolbild Boris Bürgisser / Neue LZ)

Mit den Gutscheinen der Stadt Luzern können Senioren Dienstleistungen, wie etwa bei der Spitex kaufen. (Symbolbild Boris Bürgisser / Neue LZ)

Robert Knobel

2009 hat die Stadt Luzern als erste Gemeinde der Schweiz Betreuungsgutscheine für Kinder eingeführt. Jetzt plant die Stadt ein weiteres Schweizer Pilotprojekt. Das Gutscheinsystem soll auf die Altersunterstützung ausgedehnt werden. Das Grundprinzip ist dasselbe: Statt wie bisher Institutionen und Strukturen zu subventionieren, sollen künftig die Betroffenen selber Geld erhalten, um Dienstleistungen einzukaufen. Bei den Kinder-Gutscheinen sind das die Eltern, neu sollen auch Senioren mit Unterstützungsbedarf solche Gutscheine erhalten.

2 Millionen für Betreuung zu Hause

Konkret geht es um Dienstleistungen, die bei den Senioren zu Hause erbracht werden. In diesem Bereich zahlt die Stadt jährlich rund 2 Millionen Franken, in erster Linie an die Spitex Stadt Luzern. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach dem zeitlichen Aufwand. «Künftig wollen wir gewisse Dienstleistungen stärker über Pauschalen finanzieren», sagt der Luzerner Sozialdirektor Martin Merki (FDP). Wie bei der Kinderbetreuung sollen die Betroffenen selber Geld (Gutscheine) von der Stadt erhalten, um den klar definierten Unterstützungsaufwand zu finanzieren. Das Ganze soll möglichst kostenneutral erfolgen – die Ausgaben für die Stadt sollen im Bereich der bisherigen 2 Millionen Franken bleiben.

Die Absicht, Gutscheine für Senioren einzuführen, wird bereits im städtischen Grundlagenbericht zur Pflegeversorgung von 2013 erwähnt. Der Bericht wurde im Dezember 2013 vom Parlament genehmigt.

Als Erstes soll ab Herbst ein externes Gutachten erstellt werden. Das Gutachten soll insbesondere klären, wie das Gutscheinsystem genau ausgestaltet werden kann: Welche Rolle spielt das Einkommen bei der Berechnung der Beiträge? Wie werden zusätzliche Unterstützungsbeiträge (Ergänzungsleistungen, Hilflosenentschädigung etc.) bei der Berechnung berücksichtigt? Schliesslich muss auch geklärt werden, welche Leistungen genau unterstützt werden sollen. «Es kann nicht sein, dass die Stadt jemandem eine Putzfrau finanziert, der in einem 7-Zimmer-Haus lebt», sagt Merki.

Wer entscheidet über die Beiträge?

Unklar ist auch noch, wer über die Verteilung der Beiträge entscheidet. Bei der Kinderbetreuung ist es die Abteilung Kinder Jugend Familie. Für die Altersbetreuung wird vermutlich die städtische Spitex diese Rolle übernehmen, sagt Martin Merki. «Die Spitex ist dazu prädestiniert, da sie die Betroffenen gut kennt.» Allerdings birgt genau diese Nähe auch Gefahren. Dass die Spitex den Umfang von Leistungen verordnet, die sie selber erbringt, kann heikel sein. Dem ist sich auch Martin Merki bewusst. «Da geht es um zwei ganz unterschiedliche Rollen, die man natürlich trennen muss.» Wie das genau gehen soll, ist noch unklar. Allerdings ist die Spitex bereits heute an der Beurteilung des Betreuungsumfangs beteiligt. Künftig soll sie einfach noch stärker involviert sein.

Parlament entscheidet 2016

Das erwähnte Gutachten soll bis im Mai 2016 vorliegen. Dann soll das Parlament darüber befinden. Anschliessend soll das Gutscheinsystem versuchsweise getestet werden. Wann es definitiv eingeführt wird, darüber wagt Martin Merki keine Prognose. Bei der Kinderbetreuung hat die Pilotphase fünf Jahre gedauert, bevor die Betreuungsgutscheine definitiv eingeführt wurden.

Doch weshalb überhaupt der ganze Systemwechsel? Die Wahl des Spitex-Anbieters wird vereinfacht, das Prinzip selbstständiges Wohnen insgesamt gestärkt – so die Hoffnung der Stadt. Im besten Fall kann man dadurch den Heimeintritt weiter verzögern und so Kosten sparen. Langfristig könnte sich das Gutscheinsystem auch ausgleichend auf die Preisgestaltung der Leistungserbringer auswirken, hofft Merki. Ein Ziel sei, dass sich die Preise angleichen. Heute verrechnen die einzelnen Spitex-Organisationen nämlich stark unterschiedliche Tarife (Ausgabe vom 23. Juni). Klar ist: Fragen rund um die Altersbetreuung zu Hause werden in den kommenden Jahren immer mehr Gewicht erhalten. Heute leben in der Stadt Luzern 2729 Personen, die über 85-jährig sind. In 20 Jahren werden es fast 4000 sein (siehe Tabelle).

Kosten: 120 000 Franken

Die Kosten für die Einführung des Gutscheinsystems belaufen sich auf rund 120 000 Franken. Davon sind 20 000 im städtischen Budget eingestellt, hinzu kommen Eigenleistungen der städtischen Verwaltung im Wert von 20 000 Franken. Weitere 20 000 Franken sollen aus einem Fonds kommen. Die restlichen 60 000 Franken soll der Bund bezahlen – das zumindest die Hoffnung der Stadt. Da das Projekt Pilotcharakter aufweist, wird die Stadt ein entsprechendes Gesuch beim Bundesamt für Sozialversicherungen einreichen.