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Corinne Glanzmann (34) arbeitet seit 2007 als Fotografin in den Redaktionen in Luzern und Stans. Die Altishoferin erzählt, warum sie den interessantesten Job der Firma hat, aber trotzdem manchmal erleichtert ist, wenn ein Auftrag fertig ist.
Corinne Glanzmann, Sie sind seit über 11 Jahren in der Fotoredaktion. Anders als viele Journalisten sind Fotografen immer auf Achse und auf der Suche nach Sujets. Sie kennen wohl enorm viele Leute?
Das ist das Schöne an unserem Job. Unterwegs zu sein und jeden Tag Menschen kennen zu lernen.
Entsprechend werden auch Sie von vielen erkannt?
Ich staune immer wieder. Gerade in Stans winkt mir oft jemand zu.
Winken Sie zurück?
Ja, auch wenn ich nicht immer weiss, wer mich grüsst. Aber meistens kenne ich die Leute. Erstaunt bin ich, dass mich alle Regierungsräte in Ob- und Nidwalden mit Namen kennen.
Die Luzerner nicht?
Keine Ahnung.
Von Journalisten und Fotografen erwartet man, dass sie allen prominenten Gesichtern die Namen zuordnen können. Haben Sie damit keine Schwierigkeiten?
Doch, wenn man jeden Tag so viele Leute sieht, ist’s schwierig.
Sie sind unsere dienstälteste Fotografin. Und das mit 34. Ist das nicht eher ungewöhnlich?
Doch, manchmal ist es mir fast peinlich, zu sagen, dass ich schon so lange am selben Ort arbeite.
Ehrlich jetzt?
Nein, peinlich natürlich nicht, aber es gibt Kollegen und Bekannte, die meinen, man müsste als junger Mensch verschiedene Arbeiten ausprobieren. Doch wir haben so viel Abwechslung im Job, ich wüsste nichts, was mir lieber wäre.
Obwohl bei regionalen Zeitungen oft immer wieder dieselben Themen bearbeitet werden?
Nun ja, ein Weihnachtsmarkt ist ein Weihnachtsmarkt. Es wird mit der Zeit schon schwierig. Man kann etwas Bestehendes nicht neu erfinden. Auch die Wetterschmöcker alle sechs Monate ins rechte Licht zu rücken, ist nicht einfach. Aber wir wollen immer das beste Bild, das ist unser Anspruch.
Immerhin sind beim Fotografieren der Wetterschmöcker Menschen auf dem Bild!
Ja, das stimmt. Es kommt aber auch vor, dass wir Strassenkreuzungen fotografieren müssen. Das ist dann weniger spannend.
Zum Glück haben wir aktuell eine Sommerserie über Verkehrskreisel. Die sind sicher interessanter für Fotografen?
(Glanzmann lacht, sagt aber nichts.)
Zurück zur anspruchsvollen Fotografie. An Veranstaltungen oder Pressekonferenzen sagt die Person am Podest oft, man könne nachher noch «Föteli» machen. Das hören Fotografen nicht gerne!
Mich stresst das nicht, weil es meist unüberlegt gesagt wird. Ein «Föteli» macht man in den Ferien mit dem Natel. Fotografen kommen jedoch nicht auf den Platz, drücken ab und verschwinden wieder. Wir machen uns Gedanken zum Bildaufbau, wo Personen am besten platziert werden, wir arbeiten mit dem Licht. Das Ergebnis passt dann auch zu einem ordentlichen Artikel – und nicht nur zu einem Textli.
Schön gesagt. An welchen Auftrag haben Sie gute Erinnerungen?
Vor zwei Monaten war die Gleitschirm-Schweizer-Meisterschaft auf dem Brunni. Sehr cool. Am Ende meinte einer der Piloten, ich müsste auch mal mitfliegen.
Wie ich Sie kenne, musste er nicht zweimal bitten. Gab’s gute Bilder?
Ich durfte die Kamera nicht mitnehmen. Aber darum ging es dabei gar nicht. Fotografen haben bei oder auch nach der Arbeit oft Gelegenheit für Dinge, für die man sonst viel bezahlen muss oder die normalen Leuten verwehrt bleiben.
Wie was zum Beispiel?
Eine Reportage auf der Bannalp bei Wendelin Waser, der sich als Buchhalter beim Elektrizitätswerk Nidwalden mit 60 pensionieren liess, um als Älpler seinem ältesten Bruder zu helfen. Oder letzthin beim Wildheuen am Stanserhorn. Das sind eindrückliche Momente. Ich musste Steigeisen montieren, damit ich einigermassen Stand hatte.
Also gibt es auch gefährliche oder brenzlige Momente?
Das gehört dazu. Neulich begleitete ich einen Bergbauern zu seiner Alp. Auf dem Weg dort- hin meinte er, es erstaune ihn, dass ich keine Angst hätte. Denn er habe einmal eine Tierschützerin mit einer Waffe bedroht. Als ich den Job beendet hatte, war ich erleichtert und froh. Ich musste später im Auto tief Luft holen, bevor ich losfahren konnte.
Sie erwähnen Geschichten in den Bergen. Sind Sie auch privat in der Natur unterwegs?
Sehr oft. Wenn ich nicht auf Reisen bin oder an einem Konzert, dann setze ich mich aufs Bike. Ich bin gerne und viel mit dem Rad unterwegs. Neuerdings habe ich das Downhill entdeckt. Und den pensionierten Buchhalter habe ich später einmal privat besucht und half ihm beim Zäunen.
Was hat sich in den letzten Jahren bei unserer Zeitung für Fotografen verändert?
Seit 2007 bin ich fest dabei. Begonnen habe ich schon früher. Damals brachten wir das MoMa-Magazin als Beilage am Montag heraus. Das war für uns super, weil viel mit Illustrationen gearbeitet wurde. Auch Konzerte hatten wir mehr im Blatt. Als die «Zentralschweiz am Sonntag» neu war, gab es noch den Schauplatz, eine Bildreportage. Interessant für uns und die Reporter.
Ich erinnere mich. Wir Journalisten bekommen oft Rückmeldungen auf Artikel. Fotografen auch?
Es kommt vor, dass jemand sagt, ich hätte gute Bilder gemacht. Oder man fragt an, ob ich ihnen dieses oder jenes Foto zur Verfügung stellen würde.
Geben Sie Bilder heraus?
Fotografen dürfen keine herausgeben. Anfragen müssen an die Bildredaktion gestellt werden.
Wieso bewarben Sie sich in Stans – und nicht in Luzern?
Ich absolvierte eine Lehre als Fotofachangestellte. Danach bewarb ich mich blind als Fotografin, weil mich die Sparte interessierte. Aber ehrlich gesagt, glaubte ich nicht, dass ich für den Job geeignet bin. Als Markus von Rotz Chefredaktor in Stans wurde, stellte er mich als Praktikantin ein. Es folgte ein Volontariat im Wechsel bei den Redaktionen Luzern und Stans. Das ist bis heute so. Ich hätte damals nicht gedacht, dass ich so lange bleibe.
Roger Rüegger
roger.rueegger@luzernerzeitung.ch