Bringt das Repair-Café im Luzerner Neubad diesen Toaster wieder zum Laufen?

Repair-Cafés setzen ein Zeichen gegen die Ressourcenverschwendung und fördern soziale Kontakte, wie ein Besuch im Neubad zeigt. Manchmal bringen die Leute ziemlich kuriose Dinge mit.

Stefan Welzel
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Der ehrenamtliche Profi Tormod Volden (links) beim Reparieren des Toasters von Emilio Opromolla im Repair-Café im Neubad.

Der ehrenamtliche Profi Tormod Volden (links) beim Reparieren des Toasters von Emilio Opromolla im Repair-Café im Neubad.

(Bilder: Patrick Hürlimann, Luzern 7. Dezember 2019)

Matteo blickt neugierig auf den silbernen Toaster, den seine Mutter Maria Pilotto an diesem Samstag mit ins Neubad gebracht hat. Der kleine Lockenkopf schaut dabei Antoine Hauck zu, wie dieser das defekte Gerät unter die Lupe nimmt. Das Problem: Die Hebel-Vorrichtung, welche die Brotscheiben im erhitzenden Bereich hält, versagt ihren Dienst. Hauck ist eigentlich Informatiker, aber er hat ein Flair fürs Tüfteln. Und er ist ehrenamtlicher Experte beim Repair-Café, das es seit bald fünf Jahren auch in Luzern gibt. Hier können alle vorbeikommen, die ein kaputtes Gerät lieber reparieren lassen anstatt sich etwas Neues anzuschaffen. An jeweils einem Samstag im Monat bietet das Repair-Café im Neubad sowie im Bourbaki die Möglichkeit, der Ressourcenverschwendung zumindest ein klein wenig entgegenzuwirken.

Heute, an diesem grauen Dezembertag, erscheinen die Luzernerinnen und Luzerner zahlreich, um ihre Lampen, Küchengeräte, Kleider oder auch Computer mitzubringen, die ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Auch Ulrich Scholbe sitzt als Experte an einem der Reparaturtische. Der 65-Jährige ist Ingenieur der Elektrotechnik und Leiter des Repair-Cafés Luzern. Gerade beschäftigt ihn eine Lampe, deren Schalter nicht funktioniert. Mitgebracht wurde sie von Claude und Andri Blum. «Andri hat das Ein- und Ausschalten des Lichts etwas überstrapaziert», erzählt der Vater mit einem Augenzwinkern.

Hier hilft Helen Krummenacher (links) Nicole Bauer beim Nähen.

Hier hilft Helen Krummenacher (links) Nicole Bauer beim Nähen.

Anders als am Tisch nebenan, wo Antoine Hauck immer noch versucht herauszufinden, wie man den Toaster überhaupt auseinanderschrauben kann, kommt Scholbe dem Ursprung des Problems schnell näher. Und er animiert Andri zum Mithelfen. Scholbe sagt:

«Es ist ein elementares Merkmal des Anlasses, dass die Leute beim Reparieren dabei sind. So sehen sie, wie sich manchmal mit wenig Aufwand die Lebenszeit eines Gerätes verlängern lässt oder wie man einfache Defekte selber wieder in Ordnung bringt.»

Und: «Die Menschen kommen hierher und nehmen sich die Zeit, an ihrem freien Samstag etwas gemeinsam mit einem Experten zu reparieren. Damit geben sie ihrem Gerät auch einen ideellen Wert, tragen dem Umweltgedanken Rechnung und haben nicht zuletzt einen finanziellen Nutzen davon.»

«Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. So bald etwas fehlerhaft ist und eine Reparatur zu teuer, entsorgen wir es und kaufen ein neues Produkt. Das muss nicht sein und genau hier setzt die Idee des Repair-Cafés an», sagt Ulrich Scholbe. Verzicht auf den oft überflüssigen Kauf eines neuen Geräts ist das eine. Die soziale Komponente ist ein weiterer Aspekt. Das Reparieren des Alltagsgegenstandes wird zum kleinen Happening. Man lernt sich kennen, trinkt etwas zusammen.

Noch ein Toaster in der Reparatur – es ist jener von Maria Pilotto (rechts), mit ihrem Sohn Matteo. Links der ehrenamtliche Profi Antoine Hauck.

Noch ein Toaster in der Reparatur – es ist jener von Maria Pilotto (rechts), mit ihrem Sohn Matteo. Links der ehrenamtliche Profi Antoine Hauck.

An einem weiteren Tisch bietet Helen Krummenacher Hilfe beim Flicken von Kleidern. Die gelernte Fachfrau Hauswirtschaft ist seit vier Jahren Teil des Repair-Café-Teams und berät Nicole Bauer dabei, wie sie kleine Wärmekissen nähen kann. Helen Krummenacher sagt, dass sie oft bei Abänderungen alter Kleider helfe:

«Ich habe auch schon ein Badekleid zu einem Top umfunktioniert.»

Die Experten wissen über manch Kurioses zu berichten. «Einmal kam ein Tennislehrer mit einer Ballmaschine vorbei. So etwas zu reparieren ist eine grosse Herausforderung», erinnert sich UIrich Scholbe. Doch das Problem liess sich in diesem Fall leicht lösen: Es war bloss der Akku kaputt. Und Experte Tormod Volden, ebenfalls gerade mit einem defekten Toaster beschäftigt, muss schmunzeln, als er von einem speziellen Fall erzählt. Der in Luzern wohnhafte Ingenieur aus Norwegen bekam einst Besuch von einem esoterisch angehauchten Klienten. «Der hatte ein Messgerät für irgendwelche diffusen, eigentlich nicht wirklich messbaren Körperenergien mit dabei.» Da waren dann auch Voldens Reparaturkünste nutzlos.

Die Profis des Repair-Cafés geben meist dieselben Antworten, wenn man nach ihrer Motivation fragt. Bei den einen schwingt die Schonung von Ressourcen oben aus, bei anderen ist es der Spass an der sozialen Interaktion. Wieder andere tüfteln und reparieren einfach gerne. Letztlich ist es aber bei den meisten eine Mischung aus all dem.

Am Eingang zum Repair-Café im Neubad: Christoph Notter weist Kundinnen und Kunden die entsprechende Reparaturstation zu.

Am Eingang zum Repair-Café im Neubad: Christoph Notter weist Kundinnen und Kunden die entsprechende Reparaturstation zu.

Inzwischen schrauben und werkeln Matteo und Andri kräftig mit an den Geräten. Die Freude darüber macht sich bei beiden in ihren leuchtenden Augen bemerkbar. Zwischen einer halben und einer Stunde geben sich die Reparateure üblicherweise Zeit, um ein Problem zu lösen. «Heutzutage werden Geräte oftmals bewusst so gebaut, dass sie nur schwer oder gar nicht zu reparieren sind», erklärt Ulrich Scholbe. Antoine Hauck kann gerade ein Lied davon singen. Er konnte den Toaster nicht flicken. Dennoch liegt die Erfolgsquote beim Repair-Café im Durchschnitt bei über 60 Prozent. Maria Pilotto nimmt’s gelassen, sie sagt:

«Immerhin hat uns Herr Hauck ein paar Tipps gegeben, wie wir den Toaster trotzdem weiterhin benützen können. Und wir haben erfahren, wie so ein Gerät überhaupt funktioniert.»

Zur gleichen Zeit nehmen Andri und Claude Blum ihre nun wieder tadellose Tischlampe in Empfang. Ulrich Scholbe und Antoine Hauck machen eine Pause. Aber nur eine kurze, es warten eine Menge weiterer Kunden, die ihr Gerät heute ins Neubad mitgebracht haben.