Im Buchrainer Alterszentrum Tschann ist Corona ausgebrochen. Der Zivilschutz hat 13 Pflegebedürftige am Donnerstag in andere Heime der Region verlegt. Das Zentrum ist per sofort geschlossen.
Mit diesem Tempo hat niemand gerechnet: Die erst vor einer Woche angekündigte Schliessung des Alterszentrums Tschann in Buchrain wegen Personalmangels ist bereits passiert. Am gestrigen Donnerstag wurden alle 13 Bewohnenden der 16-plätzigen Pflegeinstitution in einer kurzfristig, aber generalstabsmässig geplanten Übung in andere Alterszentren verlegt. Grund für das überraschend schnelle Handeln ist ein Corona-Ausbruch zunächst unter Mitarbeitenden und dann auch unter den Bewohnenden.
Vor den Medien schilderten drei Buchrainer Gemeinderäte am Freitag die dramatischen letzten Tage: Als die Gemeinde wie geplant am Montag mit dem Suchen von Anschlusslösungen für die Bewohnenden begann, stellte sich heraus, dass erste Mitarbeitenden des Pflegeteams mit Covid-19 infiziert sind. Alsbald zeigte sich, dass auch Bewohnende betroffen sind. «Am Dienstag spitzte sich die Lage zu», sagte Gemeindepräsident Ivo Egger (SP). Um den Pflegebetrieb aufrechtzuerhalten, habe man insgesamt 22 Heime und selbst privat bekannte Fachpersonen um Hilfe angefragt. Egger sagt:
«Wir haben alles versucht – doch am späten Mittwochabend war klar, dass wir sofort handeln müssen.»
In Absprache mit dem kantonalen Führungsstab und dem Heimverband Cura Viva habe man die sofortige Umplatzierung für den Donnerstag beschlossen. Dieser Einsatz wurde vom Stab der Gemeinde minutiös geplant und dauerte von 6 bis 19 Uhr. Laut dem für die Sicherheit zuständigen Gemeinderat Heinz Amstad (FDP) waren an der Verlegung insgesamt 50 bis 60 Personen beteiligt; unter anderem neun Pflegefachpersonen, der ganze Gemeinderat, 21 Personen der Zivilschutzorganisation (ZSO) Emme, drei Personen des Alterszentrums Tschann, zudem der kantonale Führungsstab und Cura Viva.
Verlegt wurden die Bewohnenden ab 13.30 Uhr mit sieben Fahrzeugen der ZSO und einem Ambulanzfahrzeug. Um die Bewohnenden zu betreuen, bot die Gemeinde je einen katholischen und reformierten Seelsorger auf, um die im Einsatz stehenden Personen kümmerte sich am Abend ein Care-Team.
Nicht zuletzt stand der Gemeinderat in ständigem Kontakt mit den Angehörigen der Bewohnenden. Am Abend habe dieser nochmals mit allen telefoniert. Gemäss Sozialvorsteher Stephan Betschen (FDP) waren die letzten Bewohnenden um 17.45 Uhr in ihrem neuen Zuhause angekommen, mitsamt den wichtigsten Habseligkeiten. Er betonte, dass für alle ein Platz gefunden werden konnte:
«Die Solidarität und Hilfsbereitschaft der anderen Zentren ist eindrücklich, wir sind sehr dankbar.»
Die einzelnen Zentren hätten eine bis drei Personen aufgenommen. Verlegt wurden die 13 Pflegebedürftigen unter anderem nach Ebikon, Emmen, Luzern und Eschenbach. Dort sind sie entweder in Quarantäne oder in isolierten Abteilungen für Corona-Infizierte untergebracht.
Denn dies mussten die Verantwortlichen an der Medienkonferenz eingestehen: Einen Corona-Ausbruch kann das kleine Alterszentrum Tschann gar nicht bewältigen, weil eine räumliche Isolation aus Platzgründen unmöglich ist. Laut Betschen habe man seit Pandemiebeginn alles dafür getan, einen Ausbruch zu verhindern: «Wir führten zum Beispiel früher ein Besuchsverbot ein als andere.» Dennoch habe man bis zu diesem Ereignis einfach auch Glück gehabt. Auf die Frage, ob der Gemeinderat demnach nicht mit dem Feuer gespielt hat, antwortete Egger: «Das ist mit ein Grund, weshalb wir das Alterszentrum schliessen wollten.» Wie viele der Betroffenen überhaupt geimpft sind, sagt der Gemeinderat mit Verweis auf die «vertraulichen Zahlen» nicht.
Gemäss Egger hat der Gemeinderat einige «sehr anspruchsvolle» Tage hinter sich:
«Meist befanden wir uns im professionellen Autopilot. Im Gespräch mit den Angehörigen erreichten wir aber immer wieder eine emotionale Ebene: Das Ganze geht einem schon nahe, die Situation ist schwierig.»
Allererstes Gebot sei die Sicherheit und das Wohl der Betagten. Wie geht es diesen an ihren neuen Wohnorten? Laut Betschen habe man verschiedene Rückmeldungen, wonach es ihnen den Umständen entsprechend gut geht und sie gut umsorgt sind.
Der Gemeinderat will die Bevölkerung auch noch direkt informieren. Er lädt deshalb zu einem Infoanlass am nächsten Donnerstag, 2. Dezember, um 17.30 Uhr in der Aula Schulzentrum Hinterleisibach ein.