Der Kantonsrat spricht sich klar gegen höhere Firmensteuern aus. Und er will die Vermögenssteuern weniger stark anheben, als dies die Luzerner Regierung geplant hat – ein Erfolg für CVP, SVP und FDP.
Wer auf einen emotionalen Schlagabtausch zwischen Links und Rechts gehofft hatte, wurde vom Luzerner Kantonsrat nicht enttäuscht: Die sechsstündige Debatte über die Revision des kantonalen Steuergesetzes sowie über die Aufgaben- und Finanzreform (siehe Kasten am Ende des Textes) verlief äusserst angeregt. Allein zum Eintreten über die Aktualisierung des kantonalen Steuerrechts meldeten sich 37 Parlamentarier zu Wort – oft mit gesalzenen Voten.
Für einen ersten Höhepunkt sorgte der Stadtluzerner SP-Vertreter Giorgio Pardini. Er sagte in Anspielung auf den Steuerkompromiss zwischen CVP, FDP und SVP: «Das ist kein Kompromiss, sondern ein Diktat des Gewerbeverbands.» Gemeint hat Pardini die vor dem Schulterschluss geäusserte Drohung der Gewerbler, sie würden bei einem Ja zu höheren Firmensteuern das Referendum ergreifen. FDP-Kantonsrat Gaudenz Zemp (St. Niklausen), Direktor des von Pardini kritisierten Gewerbeverbands, konterte umgehend: «Unsere Rolle beim Kompromiss wird massiv überschätzt.» Sicher ist: Die Reihen der Bürgerlichen waren geschlossen. So blieben zwei Rückweisungsanträge, gestellt von Michèle Graber (GLP, Udligenswil) und Giorgio Pardini nach dem Eintreten, chancenlos. Sie scheiterten mit 26 zu 78 beziehungsweise mit 27 zu 80 Stimmen.
Während der Debatte zeichnete sich immer deutlicher ab, auf welch soliden Füssen der Kompromiss von CVP, FDP und SVP, die 92 der 120 Kantonsratssitze besetzen, stand. So entschieden die Bürgerlichen so, wie sie es im Vorfeld beschlossen hatten: Die Firmensteuern bleiben auf dem gleich tiefen Niveau, wie es seit 2012 gilt, und die Vermögenssteuern für natürliche Personen werden weniger stark und nur befristet auf vier Jahre angehoben. Damit sinken die von der Regierung berechneten jährlichen Zusatzsteuereinnahmen um die Hälfte auf 11,7 Millionen Franken.
Dazu komme ein Millionenbetrag in zweistelliger Höhe wegen des Bundesgerichtsentscheids zur Ausrichtung der Prämienverbilligungen, rechneten die Vertreter der Ratslinken vor. Der Kanton Luzern muss laut einem am Samstag publizierten Urteil des höchsten Gerichts des Landes Tausenden von Luzernerinnen und Luzernern Geld zurückzahlen, das der Kanton 2017 aus Spargründen bei der Prämienverbilligung strich. Die Regierung will am Donnerstag bekanntgeben, wie viele Millionen nachträglich ausgerichtet werden müssen.
So klar die bürgerliche Mehrheit die Rückweisungsanträge von links bachab schickte, so deutlich schmetterten CVP, SVP und FDP die Anträge von der gleichen Seite bei der Detailberatung des Steuergesetzes ab. So versuchten Sozialdemokraten, Grüne und Grünliberale erfolglos, die Dividenden stärker zu besteuern, die Vermögenssteuern doch deutlicher anzuheben oder auf hohe Einkommen einen Solidaritätsbeitrag zu verlangen, der für die Verbilligung von Krankenkassenprämien einzusetzen sei.
Kurz nach 16 Uhr, als der Kantonsrat die Steuergesetzrevision nach erster Beratung mit 79 zu 15 Stimmen bei 16 Enthaltungen der SP verabschiedet hatte, wendete sich das Parlament der Aufgaben- und Finanzreform (AFR) 18 zu. Jenem Werk also, das am 19. Mai dem Volk vorgelegt werden soll – gleichzeitig mit der Steuervorlage des Bundes.
Während sich CVP, SVP und FDP hinter die AFR 18 und den von der Regierung vorgeschlagenen Zeitplan stellten, kritisierten SP, Grüne und GLP das Geschäft scharf. So seien die Finanzierung unsicher und der Zeitplan unseriös, monierten Jörg Meyer (SP, Adligenswil) und Hans Stutz (Grüne, Luzern). Die SP wollte auf das Geschäft denn auch gar nicht erst eintreten. Das gleiche Begehren brachte GLP-Fraktionschefin Michèle Graber vor. Die Regierung und der Verband der Luzerner Gemeinden, der bei der Erarbeitung der Reform stark involviert war, hätten sich «verrannt», so Graber. Das sah die Ratsmehrheit anders: Sie lehnte den Nichteintretensantrag von SP und GLP mit 67 zu 29 Stimmen klar ab.
Widerstand leisteten aber auch Heidi Scherer (FDP, Meggen) sowie die SVP-Mitglieder Guido Müller (Ebikon) und Franz Gisler (Greppen). Für die offizielle Haltung der Fraktionen kämpften Franz Bucher (CVP, Baldegg), Georg Dubach (FDP, Triengen) und Reto Frank (SVP, Meggen). Auch der parteilose Finanzdirektor Marcel Schwerzmann setzte sich für die grösste Kantonsreform der letzten zehn Jahre ein.
Mit Erfolg: So scheiterte ein Rückweisungsantrag der vorberatenden Kommission für Wirtschaft und Abgaben mit 70 zu 29 Stimmen. Die Beratung der AFR wird am Dienstag fortgesetzt.
Auf den Kanton Luzern kommen bei der Aufgaben- und Finanzreform (AFR) Mehrausgaben von rund 200 Millionen Franken zu. 160 Millionen würden durch einen neuen Kostenteiler zwischen dem Kanton und den Gemeinden bei den Volksschulen entstehen – der Kanton soll 50 statt wie bisher 25 Prozent der Aufwendungen übernehmen. 20 Millionen entstünden durch die Übernahme des Wasserbaus. Im Gegenzug sollen die Gemeinden etwa Ergänzungsleistungen der AHV und IV übernehmen. Gegen die AFR wehren sich vor allem die Stadt Luzern sowie Tiefsteuergemeinden wie Meggen, Schenkon oder Weggis. Sie verlangen wie SP, Grüne und GLP eine Verschiebung der für den 19. Mai geplanten Urnenabstimmung (Ausgabe vom Samstag). Teilweise finanziert werden soll die AFR mit Mehreinnahmen durch eine Revision des kantonalen Steuergesetzes. Geplant hat die Regierung höhere Firmengewinn- und Vermögenssteuern, womit Zusatzerträge von jährlich 23,4 Millionen Franken entstehen würden. Das wollen CVP, SVP und FDP jedoch nicht schlucken: Sie haben über die Festtage einen Kompromiss geschmiedet und die Erhöhung der Unternehmenssteuern gekippt. Somit halbieren sich die veranschlagten Mehreinnahmen. (nus)
Der Luzerner Kantonsrat ist der Ansicht, die Revision des Ladenschlussgesetzes sei dringlich. Er hat am Montag eine Motion von FDP-Fraktionschef Andreas Moser (Luzern) mit 105 zu 6 Stimmern für dringlich erklärt, die eine Lockerung der Öffnungszeiten verlangt. Mosers Vorstoss wurde von Mitgliedern aller Fraktionen unterzeichnet. Damit debattiert das Parlament am Dienstag ab 14 Uhr über das kantonale Ruhetags- und Ladenschlussgesetz. Im Vorstoss wird verlangt, dass die Läden während der Woche eine halbe Stunde länger, also bis 19 Uhr, offen haben dürfen. Am Samstag soll Ladenschluss nicht schon um 16, sondern erst um 17 Uhr sein. Dafür schlagen die Fraktionen vor, nur noch einen statt zwei Abendverkäufe zuzulassen. (nus/jon).