Depotsystem - eine Abzockerei?

Das neue Depotsystem an der Fasnacht sorgt für Ärger. Wegen langer Warteschlangen verzichten viele Fasnächtler auf ihr Geld. Wohin dieses am Ende fliesst, ist unklar.

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Weil das neue System schon vor der Fasnacht kontrovers diskutiert wurde, brachte manch einer die Getränke selbst mit. Themenbild. (Bild: Ruth Tischler / Neue LZ)

Weil das neue System schon vor der Fasnacht kontrovers diskutiert wurde, brachte manch einer die Getränke selbst mit. Themenbild. (Bild: Ruth Tischler / Neue LZ)

Die Fasnacht 2011 ist lanciert – und mit ihr die erstmalige Durchführung des umstrittenen Depotsystems. Wer sich an einem Verpflegungsstand etwas zu essen oder ein Bier holt, muss dafür neu eine zusätzliche Depotgebühr von 2 Franken für Teller und Becher bezahlen. So soll Littering vermieden werden.

Aber bringts das wirklich? Ist die Stadt dank des Depotsystems sauberer? Bernhard Jurt, Leiter des Luzerner Strasseninspektorats, zieht nach dem ersten Fasnachtstag eine «zwiespältige Bilanz». An den rund 20 Ständen in der offiziellen Verpflegungszone der Stadt funktioniere das Depotsystem nur teilweise, so Jurt. «Viele Fasnächtler lassen ihre Becher auf der Strasse liegen und verzichten auf das Depot.»

Einer der Gründe: Um den Zweifränkler wieder abzuholen, müssen die Fasnächtler zum Teil minutenlang warten. «Immer an einen offiziellen Stand zurückzulaufen, um die Depotgebühr zu holen – das macht niemand», sagte etwa die Fasnächtlerin Vivienne Hodel aus Luzern in der gestrigen Ausgabe unserer Zeitung.

Geld fürs Gewerbe?

Wie viel Geld nicht abgeholt wird, konnte Saemi Honegger vom Verein Gwärb Lozärn, welcher das Depotsystem angeregt hat und danach von der Stadt mit dessen Umsetzung betraut worden war, gestern nicht beantworten. Auch schätzen mochte er nicht. Abgerechnet werde am Ende der Fasnacht. Unklar ist auch, was mit den Depotgebühren passiert, welche die Fasnächtler nicht zurückholen. Laut Rico De Bona, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen, entscheidet die Stadt am Ende der Fasnacht über die Verwendung eines allfälligen Überschusses. Das letzte Wort habe Stadträtin Ursula Stämmer.

Bernhard Jurt vom Strasseninspektorat geht davon aus, dass das übrig bleibende Depotgeld dem Systembetreiber Gwärb Lozärn – einem Verein, in dem Stadtluzerner Metzger, Bäcker und Wirte vertreten sind – übertragen wird. Rico De Bona dazu: «Das wurde nie so kommuniziert.» Fakt sei, dass der Verein als Depotsystembetreiber auch das Risiko eines möglichen Verlustes trage. «Diese Tatsache werden wir würdigen.» In welcher Form, sei offen. Laut De Bona könnte das Geld auch für zukünftige Fasnachtsanlässe verwendet werden – «zum Beispiel, um Beschriftungen zu optimieren oder für weitere Depotrückgabestationen».

«Nächste Woche wird es besser»

Ein weiteres Problem ist laut Jurt, dass vielerorts nur die Standbetreiber detailliert über das Pfandsystem informiert seien, die Standmitarbeiter hingegen nicht. «Hier besteht Nachholbedarf.» Diese Feststellung hat auch Saemi Honegger gemacht. «Nicht alle Standmitarbeiter wurden von ihren Vorgesetzten richtig instruiert.» Deshalb sollen in diesen Tagen sämtliche Standbetreiber per Mail und persönlich ermahnt werden. «Nächste Woche wird es besser laufen», verspricht Honegger.

Stämmer: «Kinderkrankheiten»

Und was sagt der Stadtrat, der das neue Depotsystem zu verantworten hat? Ursula Stämmer, Direktorin Umwelt, Verkehr und Sicherheit: «Mit Kinderkrankheiten war zu rechnen. Ich erwarte, dass die Kommunikation des Systems auf nächste Woche hin verbessert wird.» Der ganze Pilotversuch werde nach der Fasnacht im Hinblick auf die kommenden Jahre ausgewertet.

Saemi Honegger von Gwärb Lozärn und Bernhard Jurt vom Strasseninspektorat glauben, dass die Probleme mit dem Depotsystem auch auf die Fasnacht als solche zurückzuführen sein könnten. Am Blue Balls oder am Eidgenössischen Jodlerfest habe es kaum Probleme gegeben, so Jurt. «Dort sind die Kunden in der Regel nicht betrunken.» An der Fasnacht hingegen sei dies anders. «Das ist natürlich auch für die Standbetreiber sehr anstrengend», so Jurt.

Daniel Schriber / Neue LZ