Interview
Der Feldhase ist bedroht – nun verzichten Luzerner Jäger auf die Jagd

Die Feldhasenpopulation im Kanton Luzern ist rückläufig. Deshalb hat die Revierjagd Luzern jetzt eigene Massnahmen ergriffen.

Ernesto Piazza
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Die Hasenpest, die Landwirtschaft und der Strassenverkehr setzen den Feldhasen im Kanton Luzern zu. Jetzt willl die Revierjagd Luzern handeln. (Bild:Keystone/Manfred Danegger)

Die Hasenpest, die Landwirtschaft und der Strassenverkehr setzen den Feldhasen im Kanton Luzern zu. Jetzt willl die Revierjagd Luzern handeln. (Bild:Keystone/Manfred Danegger)

Im Kanton Luzern durfte der Feldhase bisher gejagt werden. Im Jagdjahr 2019/20 wird jedoch im Sinne eines Moratoriums darauf verzichtet. Peter Küenzi, Präsident der Revierjagd Luzern (RJL), spricht über die Gründe und was man sich mit dieser Massnahme erhofft.

Peter Küenzi, Präsident Revierjagd Luzern. (Bild: Pius Amrein, 2. Februar 2016)

Peter Küenzi, Präsident Revierjagd Luzern. (Bild: Pius Amrein, 2. Februar 2016)

Dass der Feldhase im Jagdjahr 2019/20 nicht bejagt wird, lässt aufhorchen. Welche Gründe führen dazu?

Peter Küenzi: Die Feldhasenpopulation ist im Kanton Luzern seit geraumer Zeit markant rückläufig. Mit dem Moratorium wollen wir die Möglichkeit der Jägerschaft nutzen, den Feldhasen in unserer Landschaft wieder präsenter werden zu lassen.

Gibt es konkrete Zahlen?

Statistiken über die Hasenpopulation sind im Kanton Luzern nur spärlich vorhanden. Was wir wissen, ist: Im letzten Jagdjahr sind lediglich zehn erlegt worden. Wobei man auch sagen muss: Die Dezimierung erfolgt nicht nur allein durch die Jägerschaft.

Sondern?

Weitere Einflussfaktoren sind die Hasenpest, die intensivere Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen, der Strassenverkehr oder die starke Zunahme der Greifvogelbestände.

Das Moratorium wurde im Kantonsblatt veröffentlicht. Warum hat man die Jäger nicht offensiv orientiert?

Die Jagdbetriebsvorschriften werden jedes Jahr zusammen mit den Verantwortlichen der kantonalen Dienststelle Landwirtschaft und Wild an einem «runden Tisch» diskutiert und neu definiert. Wir dürfen und können die Jägerschaft erst nach der Publikation der erlassenen Jagdbetriebsvorschriften orientieren. Wir haben sie und auch die Bevölkerung allerdings umgehend nach der Inkraftsetzung informiert.

Trotz Moratorium: Das kantonale Jagdgesetz lässt die Bejagung des Feldhasen nach wie vor zu. Wie muss man das verstehen?

Ein Jagdverbot kann nur mit einer Gesetzesänderung umgesetzt werden. Für die Revierjagd Luzern steht aber ausser Frage, eine solche zu beantragen. Wir sind der Ansicht, dass dieser in den Jagdvorschriften festgehaltene Passus genügen muss. Mit diesem Schritt der Jägerschaft wollen wir ein Zeichen setzen, dass sich Jägerinnen und Jäger intensiv für die Hege und Pflege unserer Natur und der heimischen Tierarten engagieren.

Das Moratorium gilt für das Seetal, das Entlebuch, das Hinterland und für den Raum Pilatus. Die Gebiete sind aber unterschiedlicher Natur und in Bezug auf die Hasenpopulation auch nicht unbedingt vergleichbar.

Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass wir nicht alle Gebiete über denselben Leisten ziehen dürfen. So hat sich der Feldhase in gewissen Berggebieten wie am Pilatus oder im Entlebuch positiv entwickelt. Wir sind aber klar der Meinung, das Moratorium flächendeckend über den ganzen Kanton umzusetzen. Damit wollen wir auch einen konkreten Vergleich über die aktuelle und künftige Entwicklung der Bestände erhalten. Zudem bekommen wir mit dem Moratorium aussagekräftige und vergleichbare Ergebnisse.

In vielen Gemeinden sind Gesuche zu Hasenförderungsprogrammen unter dem Projekt «Getreide in weiter Reihe» eingegangen (siehe Box). Worum geht es?

Effektiv geht es darum, dass die Häsinnen ihre Jungen in diese grossen Getreideflächen setzen, damit sie vor Räubern besser geschützt sind. Ein Streifen erfüllt diesen Zweck nicht, da er zu wenig breit ist und so auch zu wenig Schutz bietet. Da der Feldhase eine Tierart ist, die in die Natur gehört, erachten wir von der RJL dieses Projekt als positiv.

Durch das Moratorium erhofft sich die RJL auch die Hasenpopulation mittels Monitoring verfolgen zu können und aus den Ergebnissen Massnahmen zu verlangen – beispielsweise gegen die Zunahme bei der Population der Greifvögel.

Die starke Zunahme der Greifvogelpopulation ist für uns Jäger – wie aber auch für andere Anspruchsgruppen wie die Landwirtschaft – ein grosses Thema. Da die Greifvogelarten jedoch geschützt sind, können wir dagegen nichts Konkretes unternehmen. Ich bin allerdings der Meinung, dass diese Population künftig ebenfalls reguliert werden müsste. Dann führen wir aber wieder Diskussionen wie bei Bestandesfragen beim Wolf oder beim Luchs.

Bei der Jägerschaft ist das Moratorium nicht überall auf offene Ohren gestossen.

Das ist uns bewusst. Das Moratorium schürt auch eine gewisse Angst, im Kanton Luzern bald keine Hasen mehr jagen zu dürfen. RJL will die Bejagung des Feldhasen nicht abschaffen. Aber wir wollen einen sinnvollen Beitrag leisten, die ökologische und biologische Entwicklung des Feldhasen besser kennenzulernen, um daraus eine gezielte Bejagung abzuleiten.