Der Anteil der Velofahrer in der Stadt Luzern soll bis 2035 mehr als verdoppelt werden. Das plant der Stadtrat mit seiner neuen Mobilitätsstrategie. Und er entdeckt ein Interesse für unterirdische Parkhäuser.
Die Verkehrspolitik der Stadt Luzern ist ein Dauerbrenner. Um die richtige Stossrichtung werden seit Jahren harte Kämpfe ausgefochten. Wenn der Stadtrat seine Mobilitätsstrategie überarbeitet, ist dies daher von höchster Relevanz. Turnusgemäss nach vier Jahren hat der Stadtrat am Montag die aktualisierte Version der städtischen Mobilitätsstrategie vorgestellt. Sie bildet den strategischen Rahmen für die Verkehrspolitik der Stadt Luzern bis 2035. Zusammengefasst besagt sie folgendes: Die Stadt Luzern will den Velo- und Busverkehr noch stärker als bisher fördern. Demnach soll sich bis 2035 auch der «Modalsplit» gegenüber heute verändern. Dieser besagt, welchen Anteil das einzelne Verkehrsmittel am Gesamtverkehr hat:
Man sieht also, dass sich der Anteil des Veloverkehrs mehr als verdoppeln soll. Beim ÖV ist der Anstieg weniger frappant. Dieser bewegt sich allerdings auch schon auf einem hohen Niveau. Neue Verbindungen wie die Linie Littau-Ebikon sollen zwar zusätzliche Buspassagiere bringen. Anderswo, etwa auf der Strecke Luzern-Kriens, stösst der ÖV langsam an eine natürliche Grenze. Auf den Linien 1 und 5 sind bereits die grössten Fahrzeuge im Einsatz, alle paar Minuten kommt ein Bus. Ein signifikanter Ausbau ist auf dieser Strecke kaum noch möglich.
Der Anteil des Autoverkehrs soll bis 2035 deutlich sinken. Hier geht der Stadtrat weiter als in seinen bisherigen Szenarien. Das vom Volk angenommene Reglement für eine nachhaltige städtische Mobilität schreibt nämlich lediglich vor, dass der Autoverkehr gegenüber 2010 nicht weiter zunehmen soll. 2010 betrug der Auto-Anteil am Gesamtverkehr 47 Prozent. Fünf Jahre später war dieser Anteil unverändert. Das Ziel des Stadtrats ist es aber, den Wert bis 2020 auf 41 Prozent, und bis 2035 auf 36 Prozent zu senken. In der neuen Mobilitätsstrategie heisst es explizit, dass die Belastung durch den Individualverkehr 2035 unter dem Niveau von 2010 liegen muss.
Gemäss Prognosen des Kantons wird die Agglomeration Luzern bis 2035 um 37'000 Einwohner und 30'000 Arbeitsplätze wachsen. Die Stadt selber wird bis dann in die Nähe der 100'000er-Grenze kommen. Um die entsprechend steigende Mobilität zu bewältigen, müsse man auf effizientere Verkehrsmittel als das Auto setzen, so der Stadtrat. Im Bereich des ÖV listet er diverse Massnahmen wie Busbevorzugungen, Taktverdichtungen und neue Busspuren auf, die aber alle schon bekannt sind.
Aufhorchen lässt hingegen folgende Aussage in der Mobilitätsstrategie: «Die Stadt Luzern fördert sowohl in den Quartieren wie auch in der Innenstadt die Verlagerung von Oberflächenparkplätzen in idealerweise unterirdische Sammelparkierungsanlagen.» Das erstaunt angesichts des Widerstands, den der Stadtrat bis vor Kurzem dem Projekt Parkhaus Musegg entgegen brachte. Umwelt- und Mobilitätsdirektor Adrian Borgula (Grüne) betont aber, dass diese Formulierung kein Statement des Stadtrats für ein Parkhaus Musegg sei. Es gehe vielmehr darum, dass bei neuen Wohnüberbauungen Parkplätze möglichst unterirdisch gebaut werden sollen. Dabei sei nicht auszuschliessen, dass eine solche private Parkierungsanlage auch ein paar öffentliche Parkplätze beherbergt - die dann notabene oberirdisch kompensiert werden.
Apropos Parkplätze: Die Mobilitätsstrategie nennt noch ein weiteres Ziel mit Zündstoff-Potenzial. Bei Neu- oder Umbauten in der Innenstadt sollen nur noch maximal 0,3 Parkplätze pro Wohnung erstellt werden dürfen. Das heutige Parkplatzreglement erlaubt in der Zone II (City) maximal 0,5 Parkplätze pro Wohnung.
Der ganze Wirbel um das Musegg-Parking ist dem Stadtrat offenbar auch kommunikativ eine Lehre. So verspricht er, künftig Berichte und Studien rund um den Stadtverkehr auf der Website www.mobilitaet.stadtluzern.ch zur Verfügung zu stellen. Der Stadtrat war in der Vergangenheit heftig kritisiert worden, weil er relevante Studien und Gutachten zu Verkehrsthemen zurückgehalten und teils erst auf Druck des Parlaments veröffentlicht hatte. Nun schreibt der Stadtrat, er wolle «Transparenz bei der Planung» schaffen.
Die Aktualisierung der Mobilitätsstrategie ist für den Stadtrat auch Anlass, die Wirkung der bisherigen Strategie in der Periode 2014-2018 zu überprüfen. Umwelt- und Mobilitätsdirektor Adrian Borgula (Grüne) nennt mehrere wichtige Meilensteine, die man in den vergangenen Jahren erreicht habe. So etwa die neue Busspur auf der Pilatusstrasse, das Freigleis sowie die Sanierung von zahlreichen Fussgängerstreifen und der neue Kreisel Grossmatte in Littau. Auch für die kommenden Jahre umfasst die Mobilitätsstrategie eine ganze Palette von Massnahmen und Zielen. Hier eine Auswahl:
Die Situation für Velofahrer in der Stadt Luzern soll deutlich verbessert werden. Der Fokus liegt insbesondere auf ungeübten Zweiradfahrern. Verbesserungen verspricht der Stadtrat unter anderem auf der Haldenstrasse, am Kasernenplatz, Pilatusplatz und auf der Brüelstrasse.
- Die Aufhebung von Fahrverboten für Velos soll geprüft werden
- Einbahnstrassen sollen teils für den Veloverkehr geöffnet werden
- Ziel sind neue Veloparkings in der Altstadt sowie am Bahnhof
- An Hanglagen soll die Erschliessung mithilfe von Liften verbessert werden. Beispiele: Heiterweid/Fluhmühle, Littau Dorf/Bahnhof, Ruopigen/Littauerboden.
- Die Wartezeiten an den Ampeln sollen reduziert werden
- Verbesserungen für Fussgänger auf der Zentralstrasse
- Dammdurchbruch Lädelistrasse
- Die Stadt hat «grosses Interesse» an einer leistungsfähigen Autobahn
- Die Fahrzeit von den Quartieren ins Zentrum und zwischen den Quartieren soll maximal 15 Minuten betragen
- Förderung von unterirdischen Parkings, wenn gleichzeitig Oberflächen-Parkplätze aufgehoben werden.
- Eine neue Bestimmung soll geprüft werden, welche die Aufhebung von Parkplätzen erleichtert (auch solche mit Bestandesgarantie)
- Einbahnverkehr auf der Hirschmattstrasse
- In sehr gut erschlossenen Gebieten soll bei Neu- und Umbauten die Parkplatzzahl auf 0,3 pro Wohnung beschränkt werden
- Die Stadt setzt sich für Tempo 30 auch auf Hauptstrassen ein
- Güterverkehr: Erarbeitung eines Logistikkonzepts, bessere Koordination der Anlieferung in der Innenstadt inklusive Unterstützung von Pilotprojekten
- Neuer Busperron am Bahnhof Luzern
- Busspur Alpenstrasse
- Bushub Littau und neue Linie Littau-Ebikon
- Busbevorzugung Rönnimoos
Die vollständige Mobilitätsstrategie der Stadt Luzern finden Sie hier.