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Wer wie Josef Wirth 40 Jahre erfolgreich Laufschuhe verkauft, muss vieles richtig machen. Denn der Weg nach oben ist von mancherlei Fallstricken verstellt. Der heute 70-Jährige erzählt, warum er nie vom Pfad des Erfolges abkam.
Wenn Mario Simmen im Beisein seines Schwiegervaters Josef Wirth aus dem Alltag eines Sportartikelhändlers erzählt, redet er nicht lange um den heissen Brei herum und spricht ein Thema an, das den Detailhandel zunehmend in seinem Mark erschüttert. Denn der 41-Jährige erwähnt im Gespräch den Handel über’s Internet. Ein gigantischer Tsunami rollt – und das nicht nur in der Schweiz – via World Wide Web über die Branche hinweg und frisst herkömmlichen Vertriebskanälen Marktvolumen und Margen in Milliardenhöhe weg. Kommt hinzu, dass besonders dreiste Schnäppchenjäger sich bei Spezialisten vor Ort beraten lassen, den Kauf dann aber über den Onlinehandel abwickeln.
Soweit so schlecht: Mario Simmen kommt dann aber unmittelbar darauf zu sprechen, was ihn in Bezug auf sein Geschäft auch für die Zukunft optimistisch stimmt. Und diese Zuversicht hat einen Namen – die Beratung. Viele, die bereits ein paar tausend Kilometer joggend hinter sich gebracht haben, mussten leidvoll erfahren, was es heisst, mit den falschen Laufschuhen unterwegs gewesen zu sein. Die Sehnen- und Gelenkgeplagten stehen in der Regel dann rasch wieder auf der Matte des Spezialisten.
Als Josef Wirth, den alle nur Seppi nennen, vor 40 Jahren sein Laufschuh-Fachgeschäft mit dem breiten und tiefen Sortiment eröffnete, setzte er von der ersten Stunde an auf eine kompetente Beratung. Wirth war landauf und landab während einiger Jahre, der Einzige, der diese Strategie derart konsequent umsetzte. Später kamen die Gebrüder Urs und Markus Ryffel mit Filialen in den Kantonen Bern und Zürich dazu.
Wie der Olympiazweite über 5000 Meter von Los Angeles, Markus Ryffel, war auch Seppi Wirth zu seiner Zeit ein Läufer der Spitzenklasse. 1971 lief er in London in 28:50 Minuten Schweizer Rekord über 10 000 Meter. Das entspricht einem Kilometerschnitt von 2:53 Minuten. Eine Zeit, wovon die meisten Hobbyläufer nur träumen können. In der ewigen Bestenliste des Schweizerischen Leichtathletikverbandes rangiert Wirth dank seines Londoner-Laufs noch immer an achter Stelle.
Die eigenen Erfahrungen als semi-professioneller Läufer halfen dem gebürtigen Huttwiler beim Einstieg ins Geschäftsleben. Wenn Seppi seine Kunden beriet – er gab die Leitung des Unternehmens 2012 an seinen Schwiegersohn Mario Simmen ab – stand da nicht ein Verkäufer vor Kundschaft, der einfach etwas daherschwafelte. Im Gegenteil: Seine Kompetenz war schier mit Händen zu greifen. Bereits vor vielen Jahren bot Wirth-Sport auch Fussanalysen an. Dies in Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Orthopäden.
Seppi Wirth profitierte auch von einem Boom. Dieser erreichte die Schweiz Ende der 1970er-Jahre, kam aus den USA und beeinflusste bald einen erheblichen Teil der Schweizerinnen und Schweizer – das Joggen. Allein die Zahlen des Luzerner Stadtlaufes verdeutlichen den Trend. Waren bei der ersten Austragung 1978 noch knapp 1500 Männer und Frauen am Start, so waren es bei der jüngsten Austragung zirka 14 000 Personen.
Diesen Trend wusste Wirth auszunutzen. An Anlässen wie dem Stadtlauf war Seppi mit seinem Team jeweils vor Ort und präsentierte dem interessierten Publikum die neuesten Produkte der führenden Laufschuhhersteller. Wirth verfügte aber auch über den sicheren Instinkt des Werbers. Als er 1980 den Berner Spitzenläufer Richard Umberg vor dem Start entdeckte, überreichte er ihm ein T-Shirt: darauf aufgedruckt – für jedermann gut sichtbar – das Wirth-Sport-Logo. Umberg, streifte sich das Teil über und lief danach als Erster durchs Ziel. Wirth, der antizipierende Geschäftsmann, erlangte aufgrund der zahlreichen, in den Zeitungen gedruckten Fotos den gewünschten Werbeeffekt.
Seppi Wirth gehörte zusammen mit den damaligen LNN-Kadermitarbeitern Roland Gerber und Thomas Trüb auch zu den Mitgründern des sogenannten Lauftreffs. Diese Organisation hat sich bis heute zu einem Netzwerk entwickelt, das in der Innerschweiz an 31 Standorten vertreten ist.
Der nunmehr 40-jährige Erfolg von Wirth Sport hängt einerseits auch mit dem relaxten Naturell des Gründers zusammen. Es scheint, als wäre Seppi in einer sehr unschweizerischen Art stets in einem gewissen «Laid-Back-Modus» unterwegs. Andererseits stand ihm Zeit seines Berufslebens Ehefrau Rita sowohl im Geschäft als auch Zuhause stets zur Seite. Seppi Wirth sagt denn auch: «Ohne Unterstützung von Rita hätte ich es nicht geschafft.»