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Persönlich treffen konnten sie sich nicht, online schon. Die GLP Luzern verlagerte ihre Mitgliederversammlung kurzerhand in die Videokonferenz-App Zoom.
Eigentlich hätte die Mitgliederversammlung der GLP Luzern am Montagabend in der Aula des Schulhaus Allmend in Horw stattfinden sollen. Stattdessen trafen sich die Grünliberalen online via Zoom-Meeting. Auf der Einladung stand: Eintreffen ab 19 Uhr. Klingt eigenartig, das so zu lesen mit dem Wissen, dass alle digital eintrudeln werden.
Letztlich ist das Online-Eintreffen auch eher ein Darauf-Warten, bis etwas passiert. In den ersten 15 Minuten geschieht nichts, erst eine Handvoll Mitglieder haben sich zugeschaltet. Die Kameras und Mikrofone sind noch aus. Nach und nach kommen alle dazu, geben Kamera und Mikrofon frei. Die meisten der 37 anwesenden Mitglieder sitzen in ihrem Büro oder haben es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Doch bei einer Dame ist tatsächlich die Golden Gate Bridge im Hintergrund zu sehen. «Ich bin aber in meinem Garten», versichert sie lachend; es handle sich bloss um einen virtuellen Hintergrund. Eine Funktion, die auf Zoom beliebt zu sein scheint. Plötzlich befinden sich auch weitere Teilnehmer etwa auf einer Blumenwiese oder im Weltall.
Die typische «Ghörsch mi?»-Fragerei beginnt. Der Satz, den man zu Corona-Zeiten bei den Telefon- und Videokonferenzen wohl am häufigsten zu Ohren bekommt. Die Situation ist zwar speziell, aber nicht angespannt. Vor dem offiziellen Beginn fragt eine Teilnehmerin, ob es in Ordnung sei, wenn sie sich jetzt schon ein Glas Wein einschenke – schliesslich habe sie Ferien. Ihre Kollegen lachen, dann verschwindet sie in die Küche. Korkenknallen und Gläserklirren sind aus der Ferne zu hören.
Punkt halb acht. Roland Fischer schaltet sich aus dem Bundeshaus aus zu, begrüsst alle zur «aussergewöhnlichen Versammlung». Der noch amtierende Präsident erklärt die Spielregeln. Es gilt: Mikrofon stumm schalten und sich bei Fragen über den «Hand heben»-Knopf im Chat melden. Vizepräsident und Wahlkampfleiter Olivier Bucheli lässt die kommunalen Wahlen Revue passieren, sein Fazit fällt positiv aus. Eine blaue Hand leuchtet auf. Das Zeichen, dass sich jemand zu Wort melden will. Roland Fischer übernimmt wieder, ruft die betreffende Teilnehmerin auf. Drei Sekunden Stille. «Meinst du mich?», fragt sie dann und entschuldigt sich; sie habe versehentlich auf «Hand heben» gedrückt.
Das Wort geht an Christian Zürcher. Der Kassier präsentiert die Jahresrechnung 2019, stellt sich für Fragen zur Verfügung. Wieder meldet sich niemand, es wird zur Abstimmung aufgerufen. Ein kleines Fenster mit der Frage «Möchtest Du die Jahresrechnung 2019 genehmigen?» poppt auf dem Bildschirm auf. Die Antwortmöglichkeiten: ja, nein, ich enthalte mich. Wenige Sekunden später dann das Ergebnis: die Jahresrechnung wird einstimmig genehmigt. «Danke Christian» und ein paar klatschende Hände tauchen im Chat auf. Es war Zürchers letzte Amtshandlung als Kassier, in wenigen Minuten wird über den neuen Kandidaten abgestimmt. Karim Steiner heisst er. Der 22-jährige Juraabsolvent aus Ebikon stellt sich vor, erklärt seine Motivation für das Amt. Auch hier fällt die Entscheidung klar aus: Steiner wird gewählt. Ebenso der vorgeschlagene Revisor, der Vorstand sowie die Delegierten und Ersatzdelegierten.
Die wohl wichtigste Wahl des Abends ist jene des Co-Präsidiums. Ende April tritt Roland Fischer ab, Riccarda Schaller und Michel Rudin wollen als Duo seine Nachfolger werden. «Ich bin überzeugt, dass wir zusammen mit Humor und Freude viel verändern können», sagt Schaller, die sich als «absoluten Familienmensch» bezeichnet. Die 43-Jährige arbeitet seit rund 20 Jahren in der Politikberatung und Public Affairs im Gesundheitswesen. Nebenbei sitzt sie unter anderem beim Frauennetzwerk der GLP Schweiz im Vorstand, «Frauenpower zu fördern» liege ihr besonders am Herzen.
Rudin befindet sich während der Konferenz gerade in einem Chalet in den Bergen nahe des Brienzersees. Ursprünglich kommt der 34-Jährige aus Lyss, jetzt aber will er «in Luzern etwas bewegen». Der Kommunikationschef einer Anwaltskanzlei war nicht nur im Berner Grossrat, sondern amtet auch als Co-Präsident der Schwulenorganisation Pink Cross sowie als Vizepräsident des Swiss Diversity Awards.
Kurz darauf ist klar: die beiden werden ab Mai gemeinsame Sache machen. Die Frischgewählten grinsen in die Kamera, Fischer klatscht in die Hände – «ein Applaus aus der Ferne», sagt er. Um neun Uhr ist der offizielle Teil beendet. Die Mitglieder schreiten zum Apéro über, stossen mit einem Bier oder einem Glas Wein auf die erfolgreiche Versammlung an. Zumindest die meisten – Fischer nimmt einen Schluck aus seiner Wasserflasche, Rudin hält ein Glace in die Kamera. «Ein bisschen trostlos ist das Ganze schon», so das Echo der Runde. Aber Fischer versichert: die Feierlichkeiten werden nachgeholt. Allerspätestens bei der nächsten Mitgliederversammlung im November.