Um den ungeklärten Vergewaltigungsfall von Emmen zu lösen, führen die Luzerner Strafverfolgungsbehörden ein Massenscreening durch. 372 Männer werden in den nächsten zwei Wochen auf ihre DNS und ihr Alibi überprüft.
Vor drei Monaten, am 21. Juli 2015, ist auf dem Dammweg in Emmen zu nächtlicher Stunde eine 26-jährige Frau von ihrem Velo gerissen und in einem nahen Wald vergewaltigt worden. Die Frau erlitt bei dem Überfall schwerste Verletzungen. Ihre Arme und Beine seien komplett gelähmt, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Die Ermittler konnten die schwerverletzte Frau erst im Oktober einvernehmen. Das Opfer konnte dabei den Täter beschreiben. Demnach ist dieser ein 19-25 Jahre alter Raucher mit dunklem gekrausten Haar. Weitere Erkenntnisse hätten bei der Befragung nicht gewonnen werden können, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Beim Opfer, unter anderem an seinen Kleidern, hatte die Polizei auch eine Genspur sichergestellt, die dem Täter gehörten könnte. «Wir haben eine DNS, aber keine Adresse dazu», sagte Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
In aufwendiger Arbeit stellten die Ermittler eine Liste von 372 Männern zusammen, die einen Bezug zum Tatort haben (Wohnort, Arbeitsweg) und auf die das Signalement passt. Zur Überprüfung wurde auf Fotos in offiziellen Dokumenten oder in den Sozialen Medien zurückgegriffen. Hausbesuche seien nicht gemacht worden, sagte Kopp. Auf der Liste habe es auch wegen diversen Delikten vorbestrafte Männer.
Die 372 erhalten nächste Woche einen Brief von der Staatsanwaltschaft, wie Kopp ausführte. Dann haben sie 15 Tage Zeit, um zum Mundabstrich vorbeizukommen. Dabei wird auch ihr Alibi überprüft.
Für diese Überprüfung wurde gemäss Kopp ein eigenes Büro eingerichtet, das auch am Wochenende offen ist. Die gewonnenen Daten werden laufend ausgewertet. Die Ermittlungsbehörde kann diese Arbeit mit den eigenen Leuten bewältigen.
Massen-Gentests werden nur selten durchgeführt. Der erste und bislang einzige, der in der Schweiz durchgeführt worden war, führte nicht zum Täter. Nach der Tötung einer Psychoanalytikerin im Zürcher Seefeld waren 2011 300 Männer zur DNS-Probe aufgeboten worden. Sie wurden alle entlastet.
Die Luzerner Staatsanwaltschaft konnte das Massenscreening nicht selbst anordnen, sondern musste dieses beim Zwangsmassnahmengericht beantragen. Dieses habe das Gesuch gutgeheissen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Das Zwangsmassnahmengericht erachte einen Reihenuntersuch in diesem Fall als verhältnismässig, sagte Christian Renggli, stellvertretender Generalsekretär des Luzerner Kantonsgerichts auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Es handle sich um ein Verbrechen und damit eine schwere Tat. Zudem sei der Personenkreis, für den der Test angeordnet wurde, bestmöglich eingegrenzt.
Gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts gebe es kein Rechtsmittel, teilte Renggli mit. Betroffene könnten sich jedoch mit einer Beschwerde beim Kantonsgericht gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft wehren.
Die gewonnenen DNS-Proben dürften die Untersuchungsbehörden nur im Zusammenhang mit dem Strafverfahren zu dieser Tat verwenden, sagte Renggli weiter. Könne man Personen anhand des DNS-Profils als Täter ausschliessen, müssten die Daten vernichtet werden. Dies schreibe das Gesetz vor.
pd/nop/sda