Solaroffensive, Abschaffung von Gasheizungen und Parkplatzabbau im grossen Stil: Der Luzerner Stadtrat hat am Freitag auf über 200 Seiten seine Klima- und Energiestrategie vorgestellt.
Derartige Superlative sind vom Luzerner Stadtrat nicht alle Tage zu hören: «Es gab in der Vergangenheit kaum je ein Projekt mit vergleichbar hohen finanziellen Auswirkungen. Dabei geht der Stadtrat bewusst an die Grenzen des rechtlichen und finanziellen Handlungsspielraums.»
Zu lesen ist dies in der über 200 Seiten starken «Klima- und Energiestrategie», welche der Stadtrat am Freitag vorgestellt hat.
Inhaltsverzeichnis
Der Stadtrat plant einen umfassenden Umbau Luzerns hin zu einer klimaneutralen Stadt. Spätestens im Jahr 2040 sollen die CO2-Emissionen unter dem Strich auf «netto Null» sinken. Das bedeutet: Die Emissionen werden drastisch reduziert - und der verbleibende CO2-Ausstoss wird kompensiert, etwa mit Emissionszertifikaten. Zur Einordnung: Heute betragen die jährlichen CO2-Emissionen in der Stadt Luzern 5,1 Tonnen pro Person. Weiter soll der Energieverbrauch bis 2050 halbiert werden (von 4000 auf 2000 Watt/Person). Um diese Ziele zu erreichen, plant der Luzerner Stadtrat umfassende Massnahmepakete.
Das grosse Dilemma: Der Ausstoss von CO2 soll stark gesenkt werden – doch fast alle Alternativen benötigen elektrischen Strom. Würden sämtliche fossilen Heizungen in der Stadt Luzern durch Wärmepumpen ersetzt, würde der Stromverbrauch um bis zu 85 GWh pro Jahr ansteigen. Auch die Automobilität wird immer mehr Elektrizität verbrauchen. Die Stadt rechnet hier mit einem Zuwachs von bis zu 128 GWh. Zur Einordnung: Diese beiden Posten entsprechen zusammen etwa 50 Prozent des heutigen Stromverbrauchs in der Stadt.
Die zusätzlich benötigte Energie soll möglichst umweltfreundlich hergestellt werden. Die Stadt Luzern setzt dabei vor allem auf Solarstrom. Hier liegt die Stadt im Moment noch weit unter dem kantonalen Durchschnitt. Doch das soll sich künftig ändern. 2050 soll ein Viertel des Stromverbrauchs in der Stadt Luzern von der Sonne gedeckt werden (heute: 2 Prozent). Entsprechend sollen Photovoltaikanlagen massiv ausgebaut werden:
Über 90 Prozent der Heizungen in der Stadt Luzern werden heute mit fossilen Energien (Öl oder Gas) betrieben – das ist der höchste Wert aller Gemeinden im Kanton Luzern. Langfristiges Ziel ist es, die meisten der 6000 fossilen Heizungen durch neue Energiearten zu ersetzen.
Zum Thema
Bisher war im städtischen Mobilitätsreglement eine Plafonierung des Verkehrsaufkommens festgeschrieben. Neu sieht das Reglement eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs um 15 Prozent bis 2040 vor.
Die Umsetzung der Klima- und Energiestrategie kostet die Stadt Luzern bis 2030 rund 190 Millionen Franken. Ein Grossteil davon entfällt auf die zusätzlichen Fördergelder für die Umrüstung von Gebäuden (Heizung, Solaranlage, Isolierung). Laut Stadtrat ist das immer noch das kleinere Übel als die Kosten, welche eine ungebremste Klimaerwärmung verursachen würde. «Nichts zu machen kostet am Ende viel mehr», sagt Stadtrat Martin Merki (FDP). Umweltdirektor Adrian Borgula (Grüne) fügt hinzu: «Der jüngste Bericht des Weltklimarats hat uns die Dringlichkeit des Anliegens noch klarer vor Augen geführt».
Mit noch viel höheren Summen als in bei der Stadt rechnet man bei der EWL: Die Klima- und Energiestrategie wird dort Investitionen in der Höhe von 1,1 Milliarden Franken nötig machen.
Die Klima- und Energiestrategie ist auch ein Resultat von Forderungen aus dem Stadtparlament, die zu diesem Thema eingegangen sind. So wurde 2019 eine Motion der GLP überwiesen, welche CO2-Neutralität (Netto Null) bereits für 2030 fordert. Auch SP und Grüne halten weiter an dieser Forderung fest, wie sie mitteilen. Für den Stadtrat ist 2030 jedoch nicht realistisch - und aus Sicht von EWL ist selbst 2040 zu knapp bemessen, um den gigantischen Umbau der städtischen Wärmeversorgung umzusetzen.
Über die Vorschläge des Stadtrats wird das Parlament im Dezember befinden. Im Fokus stehen dabei vor allem die diversen Reglementsänderungen und Kredite, die für die Energiestrategie nötig sind. Auch das Volk wird sich dazu äussern können - am 15. Mai 2022.