Interview
Ständeratskandidat und Querdenker Florian Studer will das Klima retten

Florian Studer hat einen Fokus: Als parteiloser Ständerat will er gegen die Klimakrise vorgehen – und hat dazu auch ein Faktenvideo gemacht.

Ernesto Piazza
Drucken

Der 33-jährige Florian Studer kandidiert als Parteiloser für den Ständerat. Er ist Agronom und Unternehmer und bezeichnet sich als Querdenker. Als verheirateter Vater von zwei kleinen Buben drehen sich seine Gedanken vor allem um deren Zukunft und wie die Klimakrise abzuwenden ist.

Dieser Ort am Freigleis beim Neubad ist Ihnen sehr wichtig. Warum?

Florian Studer: Das Freigleis steht für mich fürs Velofahren, für eine CO2-neutrale Mobilität. Wir müssen diese neu denken, wollen wir die Klimakrise abwenden. Gerade im städtischen Raum braucht es mehr Platz für Velos.

Wie beurteilen Sie den Aspekt Mobilität auf der Landschaft?

Auch dort brauchen wir eine Mobilitätswende. Es gibt bereits Menschen, die anstelle des Autos das E-Bike zur Arbeit nutzen. Aber auf dem Lande in Kürze gänzlich auf den PW zu verzichten, ist nicht realistisch. Vielmehr braucht es neue smarte Mobilitätsmodelle, wo man Fahrten per App «bestellen» kann und so das eigene Auto künftig nicht mehr benützen muss.

Der Parteilose Florian Studer, hier beim Rad- und Gehweg «Freigleis» beim Neubad in Luzern, will Ständerat werden. (Bild: Pius Amrein, 18. September 2019)

Der Parteilose Florian Studer, hier beim Rad- und Gehweg «Freigleis» beim Neubad in Luzern, will Ständerat werden. (Bild: Pius Amrein, 18. September 2019)

Ist die Erhöhung des Benzinpreises als Lenkungsabgabe richtig?

Das kann Sinn machen. Jedoch nicht, wenn sie 10 Rappen pro Liter beträgt und Studien besagen, dass erst ab 20 Rappen eine lenkende Wirkung erfolgt. Wichtig ist, die Einnahmen den Menschen zurückzuerstatten. Auch eine temporäre Begünstigung der ländlichen Bevölkerung kann Sinn machen, da hier die Abhängigkeit vom Auto grösser ist.

Dann sind Sie bestimmt auch kein Freund von Ölheizungen.

Ölheizungen machen keinen Sinn, denn bereits heute sind klimafreundlichere Varianten, wie Erdsonden, erhältlich. Die höheren Investitionskosten könnten über einen Fonds finanziert und mit den Einsparungen fürs Heizöl zurückbezahlt werden. Damit würde eine Win-win-Situation geschaffen.

Wie stehen Sie generell zu einer CO2-Bepreisung?

Die CO2-Bepreisung ist die Grundvoraussetzung einer guten Klimapolitik. Wichtig ist, dass der Preis so hoch angesetzt wird, damit dieser auch lenkend wirkt und die Einnahmen an die Bevölkerung zurückfliessen.

Sie sind politisch ein unbeschriebenes Blatt. Warum kandidieren Sie auf Anhieb für den Ständerat?

Die Klimapolitik wird auf Bundesebene gemacht. Noch immer ist vielen nicht bewusst, was auf dem Spiel steht. Wir brauchen eine ehrliche, faktenbasierende Klimapolitik. Mit mir wird der Ständerat zum Klimarat.

Neben dem Klima gibt es andere wichtige Themen. Wie sehen Sie das Verhältnis Schweiz–EU?

Die Schweiz liegt mitten in Europa. Da brauchen wir eine gute Beziehung zur EU. Wir benötigen ebenfalls gute bilaterale Verträge und müssen bereit sein, Kompromisse einzugehen.

Speziell ältere Menschen beschäftigt die Frage der Heraufsetzung des Rentenalters. Was sagen Sie dazu?

Wir leben immer länger. Da finde ich es angebracht, dass wir länger erwerbstätig bleiben. Wir müssen aber unsere Arbeitsweise neu denken. Es sind Ideen in Form von «Altersjobs» mit reduzierten Pensen zu entwickeln.

Wie sehen Sie Ihre Wahlchancen?

Ich trete an, um gewählt zu werden. Und ich denke, die Menschen sehen, dass ich einen ehrlichen Wahlkampf führe.

Stichwort Wahlkampf: Ihren Kopf sieht man nicht auf Plakaten.

Dort findet man mich nicht. Stattdessen haben wir ein Faktenvideo über die Gründe und Folgen des Klimawandels gemacht. Ich will informieren. Oder wussten Sie, dass die UNO als Folge des Klimawandels bereits 2050 mit 400 Millionen Klimaflüchtlingen rechnet?

Warum treten Sie als Parteiloser an?

Die Klimakrise zu bewältigen ist keine Frage von «Links» oder «Rechts». So bin ich niemandem verpflichtet.

Sie sind durch ihr Engagement als Start-up-Unternehmer stark ausgelastet. Woher nehmen Sie die Zeit?

Ständerat sehe ich als Vollzeitjob. Dann müssten Politiker auch nicht Zusatzämtli annehmen und so Gefahr laufen, anstatt der Bevölkerung zu «dienen», dem Lobbyismus zu verfallen. Werde ich gewählt, würde ich das Mandat im Jobsharing ausüben. Als Ständerat gewählt, würde ich Entscheidungen und die Kommissionsaufgaben mit einer gleichberechtigten Politikerin teilen.

Denken Sie bereits an eine Person?

Da ich von einem zweiten Wahlgang ausgehe, werde ich dann das weitere Vorgehen entscheiden. Die Person sollte eine Leidenschaft für Klimagerechtigkeit haben, damit wir gemeinsam für unsere Anliegen kämpfen können.

Steckbrief zur Person

(ep) Florian Studer ist in Hüswil, an der Grenze zum Kanton Bern aufgewachsen. Heute lebt er im Schönbühlquartier in Luzern. Politisch ist er ein Newcomer und Quereinsteiger. Was Sie noch über ihn wissen müssen:
Alter: 33
Wohnort: Luzern
Zivilstand: verheiratet
Politische Ämter: keine
Beruf: Agronom
Hobbys: Kajak fahren
Unternehmen: Neben seiner Tätigkeit als Agrarexperte beim Kanton Nidwalden, denkt er als Gründer des Start-ups Schöki, Schokolade neu. «Wir stellen nachhaltige Schokolade ohne Ausbeutung und Kinderarbeit her», betont Studer. Man garantiere den Bauern existenzsichernde Kakaopreise und fördere Biodiversität auf den Plantagen, erklärt der 33-jährige parteilose Ständeratskandidat.