Führerausweis: Samariter fürchten um ihren Nachwuchs

Der Nothelferkurs soll künftig nicht mehr obligatorisch sein. Keine gute Idee, finden die Luzerner Samaritervereine: Ihnen drohen massive Einbussen.

Raphael Zemp
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Der «eNothelfer» soll wieder mehr Kunden bei den Samariter-Vereinen anlocken. (Symbolbild: Werner Schelbert)

Der «eNothelfer» soll wieder mehr Kunden bei den Samariter-Vereinen anlocken. (Symbolbild: Werner Schelbert)

Der Nothelferkurs sei «überholt», findet Sven Britschgi, Geschäftsführer der Vereinigung der kantonalen Strassenverkehrsämter (ASA, Ausgabe vom Mittwoch). Es gebe immer weniger Unfälle im Strassenverkehr, zudem seien Rettungskräfte dank Handy immer schneller vor Ort. Der Kurs habe mit der eigentlichen Fahrkompetenz nichts zu tun.

Ingrid Oehen, Präsidentin des Kantonalverbands der Luzerner Samaritervereine, ist «sehr erstaunt» über diese Aussagen. Sei es doch erwiesen, dass das schnelle und beherzte Eingreifen von Nothelfern die Überlebenschancen von Verunfallten um ein Vielfaches erhöhe. «Sollte der Nothelferkurs nicht mehr obligatorisch sein, werden viele Personen sich nie in der Nothilfe ausbilden lassen», ist Oehen überzeugt. Die Kurse generieren rund die Hälfte des Einkommens der Samaritervereine. Daneben dienen sie aber auch zur Rekrutierung von Nachwuchs – «was weit wichtiger ist.» Der Kantonalverband Luzern umfasst 59 Vereine mit aktuell 2026 Mitgliedern. Längerfristig würden auch Notaufnahmen und Rettungsdienste das Wegfallen des Nothelferkurses zu spüren bekommen. Oehen prophezeit: «Weniger Personen werden an einer Unfallstelle einen kühlen Kopf bewahren und einschätzen können, ob eine Lappalie oder ein Ernstfall vorliegt.»

Spital: Nothelfer teilweise unsicher

Zum Vorschlag der Vereinigung der kantonalen Strassenverkehrsämter erklärt Manuel Wanzenried, betrieblicher Leiter des Rettungsdienstes des Luzerner Kantonsspitals: «Neben dem zeitlichen Faktor sind bei der Ersten Hilfe vor allem die rich­tigen Massnahmen entscheidend.» Auch wenn man mit dem Smartphone sofort die Rettungsdienste alarmieren könne, dauere es bis zu einer Viertelstunde, bis diese am Unfallgeschehen einträfen. «In der Zwischenzeit können sich Nothelfer um die Verunfallten kümmern und lebensrettende Massnahmen einleiten.» Nothelfer treffe man zwar häufig vor Ort an, teilweise seien diese aber unsicher, wie vorzugehen sei. «Umso wichtiger sind entsprechende Schulungen», folgert Wanzenried.

Die Forderungen der Vereinigung der kantonalen Strassenverkehrsämter nachvollziehen kann hingegen Robert Eberhard. Er präsidiert die Zentralschweizer Sektion des Schweizerischen Fahrlehrerverbands. Zwar erachtet auch Eberhard den Kurs noch immer als «sinnvoll». Dass man im Notfall richtig helfen könne, bedinge aber regelmässiges Training. Ein einmaliger Kursbesuch reiche dazu wohl kaum. Zudem glaubt Eberhard, dass das Helfen am Unfallort nicht jedermann gleich liege. «Das Alarmieren der Rettungskräfte und das Sichern des Unfalls, das kann man aber auch im Theorieteil abdecken.»

Keine Stellung nehmen zu den Aussagen der Vereinigung der kantonalen Strassenverkehrs­ämter will das Strassenverkehrsamt Luzern. Die Vernehmlassung zur Revision der Führerausweisvorschriften daure noch bis am 26. Oktober an.