Gesuche um Kurzarbeit nehmen im Kanton Luzern dramatisch zu

Die Coronakrise trifft die Luzerner Wirtschaft hart. Der Kanton hofft in erster Linie auf die Massnahmen des Bundes.

Dominik Weingartner
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Die Krise wirkt sich auf die Wirtschaftslage genauso aus wie auf das Stadtbild.

Die Krise wirkt sich auf die Wirtschaftslage genauso aus wie auf das Stadtbild.

Bild: Patrick Hürlimann (Luzern, 24. März 2020)

«Viele KMU und Selbstständige trifft es hart.» Diese Worte von Wirtschaftsdirektor Fabian Peter (FDP) an der Medienkonferenz des Luzerner Regierungsrates am Donnerstag machten deutlich, wie ernst die Lage ist. Zahlen untermauern den Abwärtsstrudel, in den die Luzerner Wirtschaft im Zuge der Coronakrise hineingeraten ist: 4158 Betriebe haben Stand Mittwochabend Gesuche für Kurzarbeit gestellt, wie Martin Bucherer, Leiter der zuständigen Behöre WAS wira Luzern ausführte. Der Anstieg ist dramatisch ­– seit vergangenem Freitag sind etwas mehr als 1400 Gesuche dazugekommen. Zum Vergleich: Im Januar 2020 gab es im Kanton Luzern gerade mal 14 Gesuche um Kurzarbeit.

Rund die Hälfte der gestellten Gesuche wurden bewilligt. Bucherer ging am Donnerstag davon aus, dass bis Freitag alle Gesuche beantwortet werden können, die bis zum vergangenen Wochenende eingegangen seien.

Mehr Personen auf Stellensuche

Ziel der Kurzarbeit ist, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Arbeitsplätze zu erhalten und Arbeitslosigkeit zu verhindern. Doch das gelingt nicht immer, wie neuste Zahlen zeigen. Die Zahl der Stellensuchenden im Kanton Luzern ist seit dem 18. März um etwas mehr als 500 auf insgesamt 7361 Personen gestiegen, Stand 26. März. Das sind 416 mehr als am gleichen Tag im Vorjahr.

Überlebenswichtig ist zurzeit für viele Betriebe die Aufrechterhaltung der Liquidität. Dafür ist das 42-Milliarden-Franken-Paket des Bundesrats gedacht, dass die Landesregierung am Mittwoch in Bern vorgestellt hat. Der Bundesrat mache diesbezüglich eine «hervorragende Arbeit», sagte Fabian Peter am Donnerstag. Das Paket des Bundes müsse nun seine Wirkung entfalten. Der Kanton will in diesem Bereich vorerst selber nicht tätig werden. «Es macht keinen Sinn, wenn wir in die Ebene eingreifen, in welcher der Bund bereits tätig ist», so Peter. «Nach dem Motto: Zu viele Köche verderben den Brei.» Selbstverständlich werde man aber die Situation genau beobachten und nötigenfalls ergänzende Massnahmen zu jenen des Bundes ergreifen.

Ganz untätig bleibt der Kanton aber nicht. Finanzdirektor Reto Wyss (CVP) präsentierte am Donnerstag zahlreiche Massnahmen, mit denen sowohl Betriebe als auch Privatpersonen entlastet werden sollen. So verzichtet der Kanton bis auf weiteres auf Mahnungen für offene Steuerforderungen. Auch Gesuche um Zahlungsaufschub würden «unkompliziert und unbürokratisch» gehandhabt, so Wyss. Weiter verzichtet der Kanton vorderhand auf Betreibungen für Steuerforderungen.

Dies sind nur wenige Beispiele, eine detaillierte Liste ist auf www.lu.ch einsehbar. Weiter sagte Wyss, dass der Kanton bereits am vergangenen Freitag Rechnungen mit Fälligkeit bis Ende April im Umfang von 51,5 Millionen Franken bezahlt habe. Wie stark die Krise die Kantonsfinanzen treffen wird, sei noch schwer abschätzbar, sagte Wyss. «Es gibt sicher Auswirkungen auf die Steuererträge.» Man werde die Finanzplanung überarbeiten müssen. Er hofft, im Sommer einen ersten Überblick zu haben.

Fabian Peter betonte, es sei wichtig, dass es nicht zu einem totalen Stillstand der Wirtschaft komme. «Wo gearbeitet werden kann, soll auch gearbeitet werden», sagte er. Um eine durch den Bundesrat verfügte Stilllegung zu verhindern, sei es wichtig, dass die Regeln zum Schutz der Arbeitnehmer vor einer Ansteckung konsequent eingehalten würden – vor allem auf Baustellen und in Industriebetrieben, so Peter. «Im Auftrag des Bundes wird die Suva neu Baustellenkontrollen durchführen.» Verstösse würden dem Kanton gemeldet und könnten eine Schliessung zur Folge haben. Gleiches gelte für die Industriebetriebe, diese würden aber direkt von WAS wira Luzern kontrolliert.

Gewerkschaft fordert Betriebsschliessungen

Der Luzerner Gewerkschaftsbund begrüsst die Bemühungen um mehr Kontrolle. Aber: «Es ist zu bezweifeln, dass die Suva genügend Ressourcen hat, um alle Baustellen zu kontrollieren», sagt Geschäftsleiter Marcel Budmiger. Die Absicht der Regierung, die Wirtschaft weiterlaufen zu lassen und gleichzeitig die Richtlinien des Bundesamtes für Gesundheit einzuhalten, bezeichnet er als «Wunschdenken». Auf dem Bau und auch in vielen Industriebetrieben sei es «schlichtweg unmöglich», die Bestimmungen umzusetzen. «Diese Betriebe gilt es nun zu schliessen, die Gesundheit der Mitarbeitenden und der Bevölkerung geht vor», fordert Budmiger.

Ganz anders sieht das die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ). Direktor Adrian Derungs sagt: «Wir müssen einen kompletten Stillstand unbedingt verhindern.» Die IHZ stütze hier den Bund, der das verhindern soll. Auch gebe es keine Anzeichen dafür, dass ein Zentralschweizer Kanton einen Stillstand verfügen wolle, wie es etwa der Kanton Tessin getan habe, so Derungs. «Unsere Zentralschweizer Unternehmen sind deshalb in der Pflicht, die Hygiene- und Abstandsvorschriften ernst zu nehmen, damit jene Unternehmen, die noch produzieren können, dies auch weiter tun können.»

Die gleiche Ansicht teilt der KMU- und Gewerbeverband (KGL). Er weist in seiner Mitteilung aber darauf hin, dass Luzern nicht wie andere Kantone selber direkt finanzielle Mittel einsetzt. «Es wird nun zu klären sein, ob die Massnahmen des Bundes für die Luzerner Wirtschaft genügen», schreibt der KGL. «Dies insbesondere da Luzern als Tourismus- und KMU-Wirtschaft im Vergleich zu anderen Kantonen übermässig von den Coronamassnahmen betroffen sein könnte.»