Interview
Gewerbeverbandspräsident Peter With: «Der Tourismus im Kanton Luzern muss unbedingt gerettet werden»

Peter With fordert, dass am Montag alle Detailhändler öffnen dürfen. Der Präsident des KMU- und Gewerbeverbands Luzern unterstreicht im Interview zudem die Bedeutung des Tourismus für die Region.

Dominik Weingartner
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Peter With, Präsident Gewerbeverband, in seinem Betrieb.

Peter With, Präsident Gewerbeverband, in seinem Betrieb.

Bild: Nadia Schärli (Luzern, 22. April 2020)

Wie geht es der Luzerner Wirtschaft in Zeiten der Coronakrise?

Peter With: Es gibt grosse Unterschiede zwischen den Branchen. Es gibt Betriebe mit wenigen Einschränkungen, etwa im Baugewerbe. Auf der anderen Seite gibt es Branchen mit grössten Schwierigkeiten, allen voran der Gastro- und Tourismusbereich.

Rechnen Sie damit, dass Betriebe in Konkurs gehen werden?

Unsere Umfrage hat gezeigt, dass viele Unternehmen ihre Lage als existenzbedroht einschätzen. Das sind vor allem Kleinstunternehmen, die wenig Spielraum haben. Wir teilen diese Einschätzung.

In welcher Grössenordnung wird es zu Konkursen kommen?

Das ist schwierig vorherzusehen und hängt davon ab, wie lange die Massnahmen andauern. Wir hoffen darum, dass der Detailhandel wie die Grossverteiler am Montag wieder öffnen können. Bei Branchen wie Gastronomie oder Tourismus sieht es anders aus, da werden die Massnahmen wohl noch länger dauern. Sie sind überproportional betroffen.

Wissen Sie von bereits erfolgten Konkursen wegen der Coronakrise?

Es ist im Moment schwierig zu beurteilen, welche Unternehmen wegen der Coronakrise Konkurs gegangen sind und welche schon vorher finanzielle Schwierigkeiten hatten. Die Auswirkungen werden sich erst in den kommenden Monaten zeigen.

Könnten Konkurse mit Massnahmen überhaupt abgewendet werden?

Es kommt sehr darauf an, wie der Bund seine Darlehen handhabt, die er jetzt vergeben hat. Branchen, die stark betroffen sind, werden ihre verlorenen Umsätze kaum wieder wettmachen können. Sie müssten aber Gewinne machen, um die Darlehen zurückzahlen zu können. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wird der Bund entscheiden müssen, welche Bundesbeiträge à fonds perdu gesprochen werden.

Haben Sie Hoffnung, dass der Bund das macht?

Er hat das im Grundsatz bereits angekündigt und es besteht ein breiter politischer Konsens darüber. Die Wirtschaftskommission des Nationalrates hat bereits angeregt, bestimmten Unternehmen einen Teil ihrer Darlehen für die Bezahlung von drei Monatsmieten zu erlassen.

Besonders stark betroffen ist der Tourismus. Wann wieder ausländische Gäste im grossen Stil kommen, ist offen. Manche Reden von Einschränkungen bis in zwei Jahren. Wie hält die Branche das aus?

Der Tourismus ist weltweit in grossen Schwierigkeiten. Das bedeutet, dass auch Schweizer nicht einfach so ins Ausland reisen können. Wir hoffen, dass die Einheimischen vermehrt hierzulande Ferien machen. Das würde die betroffenen Unternehmen stärken und die Probleme des Tourismus ein bisschen mildern.

Aber Schweizer Touristen alleine werden vermutlich nicht alle Ausfälle wettmachen können.

Das wird sich zeigen. Allenfalls sind weitere Massnahmen des Bundes nötig. Es ist schwierig, das momentan vorherzusehen. Was hingegen klar ist: Der Tourismus im Kanton Luzern muss unbedingt gerettet werden. Er hat eine Wertschöpfung von einer Milliarde Franken und bietet 11000 Vollzeitstellen.

Reichen die 700000 Franken aus, die der Luzerner Regierungsrat nun für die Tourismus-Branche bereitstellen will?

Das Geld geht vor allem an Luzern Tourismus für Marketingmassnahmen und nicht an einzelne Unternehmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs. Wir sind uns mit der Luzerner Regierung einig, dass die Coronakrise auf Bundesebene gelöst werden muss. Das gilt auch für den Tourismus. Luzern ist nicht der einzige Kanton, für den diese Branche enorm wichtig ist, womit der Druck auf den Bundesrat steigen dürfte. Uns ist aber auch klar: Kommt vom Bund zu wenig, werden wir uns beim Kanton dafür stark machen, dass mehr Geld in diese Branche fliesst.

Zur Person

Peter With ist seit 2018 Präsident des KMU- und Gewerbeverbands Luzern (KGL), dem grössten Dachverband für KMU im Kanton. Der 48-Jährige führt in Reussbühl die With Metallbau AG. With sass für die SVP zunächst zwischen 2004 und 2009 im Littauer Einwohnerrat, nach der Fusion war er bis Sommer 2019 Mitglied des Luzerner Stadtparlaments. Zwischen 2012 und 2018 war With zudem Präsident der SVP Stadt Luzern. 2016 kandidierte er erfolglos für den Luzerner Stadtrat.

Macht die Regierung da mit?

Wir haben ein sehr gutes Einvernehmen mit der Regierung und gehen davon aus, dass Möglichkeiten vorhanden wären.

Wie beurteilen Sie das Krisenmanagement der Luzerner Regierung?

Wir sind sehr zufrieden mit der Arbeit der Kantonsregierung. Klar, andere Kanton machen weitergehende Insellösungen. Wir erachten das aber als nicht zielführend und vertreten die Meinung, dass die Bewältigung der Krise Bundessache ist. Dort wo es nicht reicht, soll die Kantonsregierung nachbessern, so wie sie es jetzt gemacht hat.

Für die Kitas stellt der Kanton Luzern vier Millionen Franken zur Verfügung, für Start-ups zwei Millionen. Sind das nicht zu bescheidene Beträge?

Die Beträge basieren auf Abschätzungen. Wir müssen nun aber schauen, wie hoch der Bedarf jetzt tatsächlich ist. Allenfalls müssen auch in diesen Bereichen die Beiträge erhöht werden. Es ist aber wichtig, dass der Luzerner Regierungsrat einen ersten Schritt gemacht hat, das begrüssen wir sehr.

Für Unverständnis sorgte beim Gewerbe, dass nicht alle Detailhändler am Montag öffnen dürfen. Fordern sie eine Öffnung für alle?

Ja, das muss sein. Es müssen für alle die gleich langen Spiesse gelten. Es kann nicht sein, dass all die Leute, die jetzt wochenlang auf gewisse Einkäufe und Anschaffungen gewartet haben, am Montag in die Grossverteiler strömen und dort das Geld ausgeben und für die kleinen Läden zwei Wochen später nichts mehr übrig bleibt.

Haben Sie Hoffnung, dass der Bundesrat seinen Entscheid bis zum Wochenende noch revidiert?

Ich glaube, diese Möglichkeit besteht durchaus. Es gibt eine grosse Bewegung in der Wirtschaft und in der Bevölkerung und der Druck auf den Bund wächst. In Deutschland haben zuerst auch die kleinen Geschäfte geöffnet. Es gibt keinen rationalen Grund, dies in der Schweiz nicht auch so zu handhaben.

Öffnen alle Geschäfte wieder, steigt das Risiko vor neuen Ansteckungen. Würden Sie das in Kauf nehmen?

Selbstverständlich muss man die gesundheitliche Situation genau im Auge behalten. Aber ich habe Vertrauen in die Bevölkerung, dass sie begriffen hat, dass jetzt nicht einfach der Zustand vor der Coronakrise zurückgekehrt ist und die Abstands- und Hygieneregeln weiterhin eingehalten werden müssen. Aber mir ist klar: Steigt die Zahl der Ansteckungen wieder an, müsste man wieder Verschärfungen ins Auge fassen.

Bereitet ihnen die Aussicht auf einen zweiten Lockdown Sorgen?

Ja, das macht uns grosse Sorgen. Doch ich gehe davon aus, dass dies nicht passiert. Der Bundesrat beobachtet die Situation genau und beschliesst nur Massnahmen, die auch für die Wirtschaft vertretbar sind.

SP fordert weitere Massnahmen

Die SP des Kantons Luzern zeigt sich in einer Mitteilung erfreut über die Unterstützung von Kitas und Tagesfamilien und spricht von einem «akzeptablen Weg». Doch die Partei fordert weitere Massnahmen, etwa einen «Hilfsfonds für rasche und unbürokratische Soforthilfe an KMU und Selbstständige». Auch bei den Mieten für Detailhändler und Gastrobetriebe fordert die SP Lösungen. «Der Regierungsrat kann nicht die ganze Verantwortung an den Bund delegieren.» (dlw)