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Seit zehn Jahren schnitzen Vater und Sohn Zimmermann im Obernau Holzmasken. Uns verraten sie, worin die Schwierigkeiten liegen – und wie sich Kopfschmerzen vermeiden lassen.
Raphael Zemp
raphael.zemp@luzernerzeitung.ch
Wenn die Tage kürzer und kälter werden, dann beginnt für Markus Zimmermann allmählich die Maskenschnitzsaison. Ab September bis zur Fasnacht verbringt der 53-Jährige in seiner Freizeit unzählige Stunden sägend, schnitzend und schleifend in seiner kleinen Werkstatt im Obernau. Nebst der ausladenden Werkbank verstellen Sägen, Schleifmaschinen und andere Geräte die wenigen Quadratmeter. Die Wände sind bis fast unter die Decke behangen mit Werkzeug: Hämmer, Zangen – und unzählige Eisen. Mindestens eine Holzmaske schnitzt sich Zimmermann hier jedes Jahr. Ebenso sein dreissigjähriger Sohn Christoph.
Ausgangspunkt jeder Maske ist die Linde. Ihr Holz ist relativ weich und kurzfaserig – und eignet sich deswegen besonders gut zum Schnitzen. Die mauersteingrossen Rohlinge kaufen Zimmermanns gleich im Kubikmeter. Als erstes wird nun die Nase in den Quader gesägt. Einmal gerade runter, einmal schräg. Den Rest, also Stirn und Kinn, klöppelt man weg – mit wuchtigen Schlägen auf ein relativ breites Flacheisen. «Das ist ganz schön anstrengend», sagt Markus Zimmermann. Keine Wunder beklagen auch Teilnehmer seines Schnitzkurses, den er im Auftrag der Gallizunft jedes Jahr ehrenamtlich anbietet, danach häufig Muskelkater.
Ein ähnlicher Kurs hatte ihn und seinen Sohn einst ebenfalls ans Schnitzen herangeführt. Dass sie einen solchen überhaupt erst besuchten, war wiederum ihrer Begeisterung für die Fasnacht geschuldet. Seit jeher mischt Zimmermann senior nach Kräften am bunten Narrentreiben mit. 15 Jahre ist er bereits Mitglied der Gallizunft und während eines knappen Jahrzehnts war er verantwortlich für den Krienser Umzug. Auf seinen fasnächtlichen Streifzügen stets mit dabei: eine Kriensermaske. Denn ein «Stück Holz im Gesicht», das ist für den gebürtigen Obernauer eine «Ehrensache».
Entsprechend stolz seien sie gewesen, als sie sich nach etwa zehn Arbeitsstunden die erste selbstgemachte Maske umbinden konnten, erinnert sich Markus. Diese Genugtuung war denn auch der Startschuss für unzählige weitere Eigenbau-Masken. Auf rund 30 Stück ist inzwischen die Zimmermannsche Sammlung angewachsen, von der auch viele andere Fasnächtler profitieren. Denn Masken sollen getragen werden, findet Markus Zimmermann. Werden damit bloss Wände dekoriert, dann schmerzt das den eingefleischten Fasnächtler.
Hat man dem Rohling bereits eine rudimentäre Nase abgerungen, geht es ans Formen: Aus Flächen werden Rundungen, aus harten Kanten weiche Falten. Dazu dienen Flacheisen, «Löffelchen» sowie Geissfuss und Co – Eisen unterschiedlichster Grössen und Krümmungen. Fürs Grobe werden sie unzimperlich mit dem Klöppel ins Holz getrieben. Je feiner die Details, desto sanfter die Hiebe. Oft kerbt man bloss noch von Hand. «Einen Abend» braucht Zimmermann, um so einem Stück Holz ein Gesicht zu entlocken. Wobei ein solcher Abend sich gerne bis in die frühen Morgenstunden erstrecken kann.
Der nächste Arbeitsschritt, das Aushöhlen mit der Motorsäge, erfordert viel Konzentration. Nur ein kleiner Fehler und die ganze Arbeit ist zunichte. Für den Feinschliff greifen Zimmermanns wiederum zum bewährten Duo Klöppel und Eisen. Denn wenn die Maske nicht gut auf Kinn und Stirn aufliegt, «ist nicht alleine das Holdrio Schuld an den Kopfschmerzen am nächsten Tag», weiss Vater Zimmermann. Jetzt muss die Maske nur noch bemalt und lackiert werden – und schon ist nach rund 15 Stunden Arbeit eine weitere von jährlich rund 100 Kriensermasken fertig.
Wobei Zimmermanns keine originalen Figurenmasken schnitzen. Vielmehr lassen sie ihrer Fantasie freien Lauf: Mal schälen sie eine Hexe aus dem weichen Lindenholz, mal einen Matrosen. Aktuell etwa arbeitet Christoph an einem «Deckel» mit Feuerwehrhelm, bei dem er einen tiefen Riss im Holz spielend in die Gesichtszüge integriert. Ob sie denn ein Lieblingssujet hätten? Beide verneinen. Und auch wenn viele Kriensermasken grimmig bis Furcht einflössend dreinblicken: Zimmermann senior zumindest mag es eher fröhlich. Zum Beweis kramt er gleich drei lachende Masken hervor – natürlich selbstgeschnitzte. Dabei zeigt sich auch gleich eine grosse Entwicklung.
«Erst sahen all unsere Masken sehr ähnlich aus, weil wir lediglich einstudierte Handgriffe wiederholten», erinnert sich Vater Markus. Dann, nach zusätzlichen Kursen, haben sich Sohn und Vater allmählich vorgewagt ins freiere Schnitzen, haben nach und nach einen eigenen Stil entwickelt. Dieser Prozess hat Sohn Christoph so sehr fasziniert, dass er gar seinen Beruf als Metallbauplaner aufgegeben hat – und seit letztem Sommer die Schule für Holzbildhauerei in Brienz besucht. «Er macht nun sein Hobby zum Beruf», erklärt Vater Markus mit viel Bewunderung – und auch einem kleinen Fünkchen Neid. Auch er habe sich immer schon für die Arbeit mit Holz begeistert, gelandet aber ist er in der Elek- trobranche. Immerhin: «Jetzt kann ich meinem Sohn über die Schulter blicken und mich so im Holzschnitzen weiterbilden.»