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Hausmann und Karrierefrau: Ein Paar aus Emmen zeigt sein Familienmodell auf der Kinoleinwand

Olivia und Sandro Bucher haben die traditionelle Rollenverteilung umgekehrt: Sie arbeitet, er besorgt Haushalt und Kinderbetreuung. Nun kommt ein Dokumentarfilm ins Kino, in dem die Emmer FDP-Einwohnerrätin und ihr Mann porträtiert werden.

Beatrice Vogel
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Eigentlich sind sie eine ganz normale Familie: Olivia und Sandro Bucher aus Emmenbrücke, beide 36 Jahre alt, drei Söhne im Alter zwischen 4 und 9 Jahren. Sie besucht in ihrer Freizeit Kochkurse, sein grosses Hobby ist die Feuerwehr. Doch ganz so normal sind sie eben doch nicht. Olivia Bucher, die für die FDP im Einwohnerrat Emmen sitzt, ist Karrierefrau und arbeitet aktuell zu 90 Prozent als Leiterin Controlling bei der Viva Luzern AG. Sandro Bucher, gelernter Lagerist, ist Vollzeit-Hausmann. Er kümmert sich um den Haushalt und tagsüber um die drei Buben.

Olivia und Sandro Bucher auf dem Filmplakat von «Von der Rolle».

Olivia und Sandro Bucher auf dem Filmplakat von «Von der Rolle».

PD/Aloco GmbH

Die Buchers sind Protagonisten im neuen Schweizer Film «Von der Rolle», der ab 5. März in den Deutschschweizer Kinos läuft. Die Regisseurin Verena Endtner porträtiert darin drei Paare, bei denen die Väter gleich viel oder mehr Familienarbeit leisten als die Mütter. Der Film hinterfragt althergebrachte Rollenbilder und stellt selbstbestimmte Familienmodelle vor. Ergänzt wird der Dokumentarfilm mit Animationen von Nils Hedinger, Absolvent der Hochschule Luzern – Design & Kunst.

Hausmänner sind nicht weniger männlich

An die Regisseurin vermittelt wurden Sandro und Olivia Bucher über den Kolumnisten Bänz Friedli, der selbst Hausmann ist, und den die beiden an einem seiner Auftritte kennengelernt haben. «Wir wollen Männer ermuntern und zeigen, dass es für sie machbar ist, einen Grossteil der Kinderbetreuung zu übernehmen. Sie sind dadurch nicht weniger männlich», sagt Olivia Bucher dazu, warum sie am Filmprojekt mitgewirkt haben. Ihre ansonsten traditionelle Rollenverteilung als Paar sei zudem nie in Frage gestellt worden – er ist nach wie vor der Handwerker und Beschützer, sie diejenige, die organisiert und einen grossen Anteil der Kümmerarbeit in der Familie übernimmt.

Im Film erklären die beiden ihre Beweggründe für ihr berufliches Arrangement. Sandro Bucher schätzt an der Hausarbeit, dass er sie selber einteilen kann. Eine berufliche Karriere war ihm nie besonders wichtig. Da zudem eine Mutter von Natur aus eine starke Bindung zu den Kindern habe, profitiere seine Beziehung zu seinen Söhnen davon, dass er zu Hause sei. Mit anderen Hausmännern kann er sich allerdings nicht austauschen, weil es kaum welche gibt – meist hat er mit Hausfrauen zu tun.

Karriere trotz Vollzeitarbeit eher schleppend

Olivia Bucher hingegen wollte schon immer Karriere machen und arbeitete lange Vollzeit. Dass sie mehr verdient als er, sei für die Rollenverteilung ein Faktor, aber nicht entscheidend gewesen, sagt sie. Allerdings scheint für sie die Situation grundsätzlich schwieriger zu sein als für ihn: «Vor allem Frauen machen mir Schuldgefühle, indem sie mir sagen, ich sei zu selten zu Hause.» Auch im Job hatte es Olivia Bucher aufgrund ihres ungewöhnlichen Familienmodells nicht immer einfach. So wurde ihr nach der Geburt des dritten Kindes eine Kündigung nahe gelegt. «Ohne die Kinder wäre ich heute sicher an einem anderen Ort auf der Karriereleiter», sagt sie. Zum einen, weil von Seiten vieler Unternehmen die Erwartungshaltung sehr hoch und gleichzeitig wenig Verständnis vorhanden sei. Wobei sie mittlerweile mit der Viva Luzern AG einen sehr familienfreundlichen Arbeitgeber gefunden habe. Zum anderen, weil sie selbst nicht bereit sei, für den Job alles zu opfern:

«Männer können besser ausblenden, dass sie Kinder haben.»

Ein wenig erstaunlich ist es schon, dass eine FDP-Politikerin mit ihrem Mann eine solche Rollenverteilung gewählt hat. «In der FDP bin ich mit meinem Familienmodell ohne Fremdbetreuung eher eine Exotin», sagt Olivia Bucher selbst. Politisch bewirtschaftete sie das Thema Gleichstellung bisher nicht aktiv, «auch wenn ich es natürlich befürworte, wenn Männer mehr Erziehungsarbeit übernehmen». Grundsätzlich plädiert sie für mehr Toleranz für verschiedene Familienmodelle. «Frauen, die zu 100 Prozent Hausfrau sind, werden belächelt. Gleichzeitig fehlt es gerade unter Frauen am gegenseitigen Support, einander in schwierigen Situationen unter die Arme zu greift und nicht zu warten, bis die anderen scheitern.»

Der Film «Von der Rolle» läuft ab 8. März in der Sonntagsmatinee im Kino Bourbaki in Luzern.
Weitere Infos zum Film: www.von-der-rolle.ch