Ein kleiner Verein verfolgt das Ziel, das Erbe Gutenbergs zu pflegen. Jüngst hat er gar aufgestockt – nun rattert zusätzlich ein original Heidelberger Zylinder in den Räumlichkeiten.
Roseline Troxler
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Wer das Industriegebäude der ehemaligen Cherzi in Hochdorf betrachtet, ahnt kaum, dass darin wieder emsig gearbeitet wird. Eingemietet hat sich etwa der Verein Weiss- und Schwarzkunst. Die letzten Monate waren intensiv. So wurden Kurse durchgeführt, Weihnachtskarten gedruckt und Märkte besucht. Angefangen hat der Verein Ende 2013 mit einer kleinen Werkstatt. Inzwischen ist es eine stattliche Buchdruckerei.
Yvonne Tschopp-Camenzind und ihr Mann Roger haben vor vier Jahren den Verein mit weiteren Interessierten gegründet und in Hohenrain ein kleines Atelier eröffnet, um das alte Gewerbe zu beleben. Das Handwerk des Buchdrucks ist fast 600-jährig und wurde in den 60er-Jahren durch den Fotosatz abgelöst.
Vom Verein haben auch die Zürcher Brüder Louis und Erich Egli erfahren. Sie archivierten während eines Vierteljahrhunderts die Maschinen der ehemaligen Druckerei Höngg. Verschiedene Umstände hätten sie fast zur Verschrottung des Materials gezwungen. «Dazu ist es glücklicherweise nicht gekommen», sagt Yvonne Tschopp. Die einzige Bedingung der Brüder sei es gewesen, dass sie mitarbeiten können. Inzwischen betreibt der Verein eine Buchdruckerei mit Papierschöpfatelier und zählt über sechzig Mitglieder. Diese können die Einrichtung benützen. Dazu gehören nebst zwei gut vierzigjährigen original Heidelberger Tiegeln, einem Handtiegel, einer Zeilensetzmaschine auch Abziehpressen und Handtellertiegel sowie weitere kleinere Maschinen. Ausserdem besitzt der Verein Blei- und Holzschriften in rund 30 Typen. Aus Platzgründen erfolgte der Umzug nach Hochdorf.
Eine weitere Expansion gab es vor kurzem: Mit dem original Heidelberger Zylinder ist eine weitere traditionelle Buchdruckmaschine in Betrieb gegangen, das Prunkstück des Vereins. «Damit können wir auch konventionelle Kundenaufträge wie Stanzen, Rillen und Prägen annehmen», erklärt Yvonne Tschopp.
Obwohl der Verein ein sehr altes Handwerk pflegt, will er auch neue Technologien nutzen, betont Yvonne Tschopp. Sie hat ihre Lehre auf der Technologie des Fotosatzes absolviert. Künftig plant der Verein, der sich zu einem Teil über Stiftungsgelder finanziert, das Kurswesen auszubauen und vermehrt mit sozialen Institutionen, Gestaltern, Designern und Schulen zusammenzuarbeiten. Yvonne Tschopp ist überzeugt, dass der Verein von der Digitalisierung profitiert: «Die Leute haben Lust auf Handfestes und wollen wissen, wie das Drucken früher funktioniert hat.» Am Buchdruck gefällt Tschopp vor allem die Rolle des Zufalls. Mitglieder haben seit Beginn rund 9000 ehrenamtliche Stunden geleistet. Nun liegt das Augenmerk beim Wachstum des Vereins: «Wir streben 200 Mitglieder an. So schaffen wir die Basis, um die Miete zu bezahlen, viele Projekte zu realisieren und nicht zuletzt auch die Maschinen auszulasten.»
Hinweis
Die Werkstatt in der Alten Cherzi am Lavendelweg 8 in Hochdorf ist jeweils samstags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.