Dieser Luzerner wandelt für seine Masterarbeit durch die Nacht

35 Luzerner haben kürzlich ihr Bachelor- oder Masterdiplom in Design und Kunst erhalten. Darunter ist auch Oliver Rickli. Er hat sich einem Thema gewidmet, das wohl viele Schweizer kennen dürften.

Martina Odermatt
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Oliver Rickli in Cham, wo er für seine Masterarbeit nachts spazieren ging. (Bild: Boris Bürgisser, 3. Juli 2019)

Oliver Rickli in Cham, wo er für seine Masterarbeit nachts spazieren ging. (Bild: Boris Bürgisser, 3. Juli 2019)

Oliver Rickli leidet an einem Problem, unter dem auch viele Schweizer leiden: Schlaflosigkeit. Des öfteren liegt er die ganze Nacht wach. Ab und zu unternimmt er auch nächtliche Spaziergänge. Für seine Masterarbeit am Departement Design und Kunst der Hochschule Luzern hat er sich dies zu Nutze gemacht - ohne es als Problem zu sehen. «Ich wollte für meine Arbeit ein persönliches Thema wählen. Die Auseinandersetzung mit der Schlaflosigkeit sollte aber keine Therapie sein», sagt Rickli. Vielmehr wollte er die Schlaflosigkeit als Phänomen untersuchen.

Mehrere Wochen verbrachte der 26-jährige Sempacher schlaflos in der alten Papierfabrik Papieri in Cham. Auf seinen nächtlichen Rundgängen durch Cham dokumentierte er den Bruch, der vom Tag zur Nacht stattfindet. «Orte, die tagsüber eine Funktion haben, verlieren diese in der Nacht», sagt Rickli.

Er fokussierte sich dabei vor allem auf ungenutzte Infrastrukturen. Beispielsweise sei eine Autogarage nachts funktionslos, denn man könne dann ja kein Fahrzeug kaufen. «Solche Orte haben nachts eine besondere Energie und Mystik. Der Moment, wo man diese wahrnimmt, ist flüchtig, man kann diese Stimmung kaum festhalten.» Auch das schlaflose Individuum sei gewissermassen ohne Funktion, was oft mit Wertlosigkeit in Verbindung gebracht werde. «In unserem System fehlt es an Menschlichkeit», sagt Rickli dazu.

Seine nächtlichen Ausflüge dokumentierte Rickli mit Standvideos. «Die Filme sind stark fotografisch, man sieht kaum Bewegung - und doch ist ein Lebenszeichen erkennbar.» Rickli spricht damit auch die Reizüberflutung an, die viele tagsüber überfordert. «Wir sind doch alle müde. Die Gesellschaft macht uns müde.» Die Filme wurden dann - gemeinsam mit anderen Kunstwerken - in der Papieri gezeigt. Mit der Papieri ist zudem ein überaus passender Ort für dieses Projekt gefunden worden. Denn die ehemalige Fabrik ist aktuell ebenfalls ohne Funktion. Sie wurde für die Ausstellung zwischen genutzt.

«Lehrer werde ich niemals»

Dass Rickli einmal ein Kunststudium absolvieren würde, habe sich schon in der Kanti abgezeichnet, sagt er. Sein Schwerpunktfach war Bildnerisches Gestalten, er war schon zu jener Zeit multimedial unterwegs, spielte Cello und Theater, zeichnete und interessierte sich für Filme. Also besuchte er den Gestalterischen Vorkurs, studierte danach Animationsfilm im Bachelor bei der Hochschule Luzern und nun Kunst und Vermittlung im Master. Damit kann er an Kantonsschulen unterrichten. «Lehrer werde ich niemals, habe ich früher jeweils gesagt. Nun ist es trotzdem so», sagt der aufgestellte junge Mann und lacht.

Oliver Rickli wird ab dem kommenden Schuljahr eine Stellvertretung an der Kantonsschule Beromünster übernehmen. «Eine seltene Chance», sagt er. Seinen Schüler wolle er vor allem Vielfalt und Mut mit auf den Weg geben. «Es sollen verschiedene Themen behandelt werden. Damit jene, die vielleicht nicht so gut oder gerne zeichnen, die Chance haben, einen anderen Zugang zu Kunst zu finden.»

Das sind die Luzerner Absolventen

Folgende Luzernerinnen und Luzerner haben ihr Diplom in Design und Kunst erhalten:
Simon Amrein, Schötz; Dejan Barac, Luzern; Lea Bissig, Luzern; Elea Breig, Malters; Jan Ciallella, Luzern; Chiara Davanzo, Nottwil; Isabelle Häcki, Luzern; Cynthia Häfliger, Grossdietwil; Nicole Heri, Sursee; Franziska Hunkeler, Schötz; Hanna Hüttig, Luzern; Rahel Kurmann, Willisau; Larissa Lang, Greppen; Evelyne Laube, Luzern; Isabella Luu, Luzern; Kim Jonas Meier, Luzern; Louis Möhrle, Emmenbrücke; Özlem Petri, Luzern; Oliver Rickli, Sempach; Kim Rivera, Kriens; Ramon Rohrbach, Alberswil; Simone Rösli, Sursee; Rahel-Maria Scheurer, Luzern; Anne Schlüter, Meggen; Michaela Schmid, Luzern; Nadja Deborah Schöpfer, Escholzmatt; Dario Stadelmann, Malters; Rahel Steiner, Luzern; Flurina Stuppan, Luzern; Ramona Teller, Obernau; Aynur Turunc, Hochdorf; Benjamin Willi, Luzern; Meret Mahtola Wittmer, Adligenswil; Milos Zappa, Luzern; Tamara Zumbühl, Luzern. (pd)