Im Horwer Kirchfeld können Bewohner ihre Angehörigen in einer «Besuchsbox» treffen

Wegen des coronabedingten Besuchsverbots sind in Altersheimen kreative Lösungen gefragt. Horw liess sich von Wattwil inspirieren, derweil Ebikon ein ohnehin installiertes Aussentelefon nutzt.

Roman Hodel
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Besucherin Theres Mazzoni-Lustenberger (links) spricht mit ihrer Mutter Ida Lustenberger in der sogenannten Besuchsbox.

Besucherin Theres Mazzoni-Lustenberger (links) spricht mit ihrer Mutter Ida Lustenberger in der sogenannten Besuchsbox.

(Bild: Philipp Schmidli , Horw 17. März 2020)

Auf den ersten Blick wirkt es fast wie in einem Film, wenn der Gefängnisinsasse Besuch vom Anwalt kriegt: Eine Bewohnerin und eine Besucherin des Horwer Alters- und Pflegezentrums Kirchfeld unterhalten sich per Telefon, getrennt durch ein raumhohes Fenster. Nur dass die beiden natürlich nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, sondern die sogenannte Besuchsbox nutzen. Denn im Kirchfeld herrscht – wie in den anderen Altersheimen auch – ein coronabedingtes Besuchsverbot.

Die Box ist seit letztem Dienstag in Betrieb und zwar jeweils am Nachmittag von 13.30 bis 16 Uhr sowie von 17.30 bis 18.30 Uhr. Pro Bewohner und Besucher ist jeweils ein Zeitfenster von einer halben Stunde einberechnet. Marco Müller, Geschäftsleiter der Kirchfeld AG, sagt:

«Bis jetzt ist die Box mehr oder weniger durchgehend ausgebucht»

Vorgängige Anmeldung ist nötig

Damit die fast 160 Bewohnerinnen und Bewohner das Angebot gleichermassen nutzen können, sind pro Person momentan nur zwei Zeitfenster möglich.

Und so geht's: Die Angehörigen müssen sich vorgängig anmelden, um ein Zeitfenster zu reservieren. Jemand von der Pflege bringt den Bewohner zum entsprechenden Zeitpunkt in ein Sitzungszimmer. Ein weiterer Angestellter holt gleichzeitig die besuchende Person auf dem Parkplatz ab und führt sie durch das abgesperrte Areal zum Fenster vor dem Sitzungszimmer. Hier befinden sich Stuhl und Telefon. Das Plätzchen ist geschützt von einem Vordach und einer Faltwand. Nun kann das ungestörte Gespräch übers Telefon beginnen. «Die Freude, sich direkt zu sehen, ist bei allen gross», sagt Müller. Das kann Besucherin Theres Mazzoni-Lustenberger bestätigen:

«Es tut so gut, einander zu sehen, statt nur am Telefon zu hören.»

Sie nutzte die Box schon zum zweiten Mal. «Beim ersten Mal waren meine Mutter und ich sehr emotional.» Sie windet dem Kirchfeld «ein Kränzchen», dass man sich wenigstens auf diese Weise treffen könne.

Die Mitarbeitenden halten sich laut Müller während des Gesprächs diskret im Hintergrund: «Es ist höchstens nötig, dass sie auf die Zeit aufmerksam machen müssen.» Nach jedem Gespräch würden Stühle, Tische und Telefone desinfiziert.

Doch wer hat's erfunden mit der Besuchsbox? Die Ostschweizer! «Ja, ich hatte einen Bericht auf TeleZüri gesehen und gedacht, cool, so etwas machen wir auch», sagt Müller. Das angesprochene Altersheim in Wattwil hat für die Besucher sogar extra ein Kabäuschen aus Holz gezimmert. Laut Müller war dies in Horw dank der baulichen Begebenheiten nicht nötig. Neben der Besuchsbox setzt das Kirchfeld auf Kontakt via Tablets, also Videotelefon. Die meisten Bewohner haben sich gemäss Müller daran gewöhnt:

«Einzig jene, die stark dement sind, verstehen nicht, warum die ihr bekannte Person nun plötzlich nur noch aus diesem Gerät schaut.»

Ebikoner Heim nutzt das Telefon des Coiffeursalons

Tablets sind beim Zentrum Höchweid in Ebikon ebenfalls vorhanden – und man bietet eine ähnliche Lösung an wie in Horw. Für Besucher hat das Alters- und Pflegeheim neben dem (coronabedingt geschlossenen) Haupteingang ein Aussentelefon montiert und einen Stuhl dazu gestellt. Drinnen, hinter der raumhohen Fensterscheibe, kann der Bewohner an einem Tisch Platz nehmen.

«Das Telefon konnten wir vom momentan nicht benutzten Coiffeursalon herüberziehen», sagt Bea Maggion, Bereichsleiterin Pflege. Wer diese sogenannte Besucherecke nutzen will, muss sich vorab anmelden. Eine zweite Möglichkeit, einander auf Distanz zu sprechen – sogar ohne Fensterscheibe –, bietet das Höchweid bei schönem Wetter auf der Gartenterrasse. Dort sind die Besucherin und die Bewohnerin durch ein Gitter getrennt mit 2,5 Meter Abstand voneinander. Laut Maggion werden beide Möglichkeiten rege genutzt.

Auch über eine Art Besuchsbox verfügt die Betagtenzentrum Emmen AG ab Montag, wie CEO Nadja Rohrer schreibt: «Damit Familienangehörige unter Achtung aller Sicherheitsmassnahmen und unter Beachtung des bundesamtlichen Besuchsverbots ihre Bewohnerinnen und Bewohner wiedersehen können.» Das Team Immobilien richtet diese im Freien an den Standorten Alp und Emmenfeld ein. Interessierte können sich unter Telefon 041 268 56 56 melden. «Wir koordinieren gerne ein Zeitfenster zwischen 14 und 17 Uhr», sagt Rohrer.

In Luzern prüft man gesicherte Zonen

Bei Viva Luzern hält man sich laut Sprecherin Ramona Helfenberger an den Entscheid des Bundesrats bezüglich Lockerung der Massnahmen vom Donnerstag. Sie sagt: «Wir prüfen nun, in welcher Form wir Begegnungen zwischen Angehörigen und Bewohnenden künftig wieder ermöglichen können.» Im Gespräch sei auch eine gesicherte Zone, in welcher sich Angehörige und Bewohnende begegnen können. Falls es eine Lösung gebe, soll sie an allen Viva-Standorten umgesetzt werden. Weiterhin im Einsatz seien selbstverständlich die Tablets für alle Bewohner ohne Smartphone.

Tablets werden auch bei den Heimen Kriens «teils rege genutzt» wie Leiter Guido Hübscher es sagt – Besuchsboxen seien hingegen (noch) kein Thema:

«Je nachdem, wie lange wir uns noch auf ein Besuchsverbot einstellen müssen, werden wir aber alternative Besuchsmöglichkeiten prüfen.»