Die meisten Luzerner leben alleine oder zu zweit in einer Wohnung – Tendenz zunehmend. Für Gemeinden sind solche Haushalte steuerlich besonders attraktiv. Aktiv fördern wollen sie sie dennoch nicht.
Wer es kennt, der schätzt es: Keine nervigen Mitbewohner, die einem weismachen wollen, man sei schon wieder mit dem Putzen dran, keine «Diebe» im eigenen Haushalt, die sich ungefragt an den nicht gemeinsamen Essensvorräten bedienen und niemand, der bei der Einrichtung mitreden möchte. Alleine zu wohnen, hat seine Vorteile. In deren Genuss kommen auch immer mehr Luzerner: Von den 174 000 Haushalten im Kanton Luzern wird der Grossteil von einer Person bewohnt. Ebenso beliebt ist das Wohnen zu zweit. Je rund 58 500 Wohnungen entfallen auf diese beiden Zusammensetzungen zum Ende des letzten Jahres, wie neue Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) zeigen.
Gemessen am Anteil der Luzerner Bevölkerung wohnen somit knapp 15 Prozent alleine und rund doppelt so viele in einem Zweipersonenhaushalt. Anklang findet auch das Wohnen zu viert: In dieser Zusammensetzung gibt es das bei rund 93 500 Personen. Das entspricht etwa 23 Prozent aller Luzerner. Damit liegt der Kanton Luzern im landesweiten Schnitt. Von den 8,3 Millionen Einwohnern der Schweiz leben 16 Prozent allein, 29 Prozent zu zweit und 23 Prozent zu viert. Im Schnitt leben im Kanton Luzern pro Wohnung 2,29 Personen (siehe Box am Textende).
Dem war nicht immer so: Im Jahr 1930 lebten nur zwei Prozent der Schweizer Bevölkerung in einem Solo-Haushalt, nur rund zehn Prozent zu zweit (siehe Grafik). Die Mehrheit der Schweizer – 53 Prozent – waren Teil eines Haushalts von fünf Personen oder mehr. Drei Jahrzehnte später betrug dieser Anteil noch 39 Prozent. Seither ist er stetig geschrumpft – eben zu Gunsten der Einer- und Zweierhaushalte, wie die BFS-Daten zeigen. Und die durchschnittliche Anzahl Bewohner pro Haushalt sinkt weiter, wenn auch mittlerweile weit weniger rasant als noch im letzten Jahrhundert.
Gewachsen ist die kantonale Bevölkerung seit 2012 um rund 20 500 Personen. Nicht nur aufgrund des Bevölkerungswachstums, auch wegen sich verändernder Wohnbedürfnisse werden im Kanton also mehr Wohnungen benötigt. Das Wohnungsangebot hat in der beobachteten Zeitspanne denn auch entsprechend zugenommen: Die Zahl der Wohneinheiten ist von rund 181 000 im Jahr 2012 auf rund 193 000 im Jahr 2016 angestiegen, wie das kantonale Statistikamt Lustat ausweist.
Bei Ein- und Zweipersonenhaushalten könnte der Platzbedarf eventuell etwas geringer sein, möchte man meinen. Der prozentuale Anteil an Ein- und Zweizimmerwohnungen im Kanton hat sich jedoch in den letzten drei Jahrzehnten kaum verändert. «Da der Bestand nicht einfach immer der veränderten Nachfrage angepasst werden kann, erfolgen diese Entwicklungen eher langsam», sagt Armin Hartmann, Präsident des Hauseigentümerverbands Luzern und SVP-Kantonsrat, auf Anfrage. Womöglich gönnen sich Ein- und Zweipersonenhaushalte aber auch einfach etwas grössere Wohnungen, als dies wirklich notwendig wäre.
Der Trend hin zu Ein- und Zweipersonenhaushalten ist für die Gemeinden aus rein steuerlicher Sicht eine gute Nachricht. «In der Regel sind kleinere Haushalte für die Gemeinden steuerlich attraktiver, da es darunter viele Doppelverdiener gibt», sagt Ludwig Peyer, Geschäftsführer des Verbands Luzerner Gemeinden (VLG). Bei grösseren Haushalten handle es sich hingegen meist um Familien, die grundsätzlich weniger Steuern zahlen würden und deren Kinder das Bildungswesen der Gemeinde in Anspruch nehmen.
Würde man nun daher versuchen, kleinere Haushalte gezielt zu fördern, wäre das jedoch «zu kurzfristig gedacht», so Peyer, der die CVP-Fraktion im Kantonsrat präsidiert. «Gemeinden ohne Familien und Kinder können rasch zu reinen ‹Schlafgemeinden› ohne gesellschaftliches Leben werden.» Eine gute Durchmischung sei deshalb erstrebenswert. Ohnehin sei es schwierig, das Wohnungsangebot auf dem eigenen Gemeindegebiet zu beeinflussen. «Eine gezielte Entwicklung lässt sich durch die Gemeinden nur sehr beschränkt steuern», so Ludwig Peyer.
Ähnlich klingt es bei der Stadt Luzern. Den Wohnungsmix bestimmen könne die Stadt höchstens bei der Vergabe von Grundstücken im Baurecht. «Grundsätzlich strebt die Stadt Luzern eine möglichst durchmischte Bevölkerung an», sagt Lena Wolfart von der Stadtplanung. Denn eine einseitig zusammengesetzte Bevölkerung könne den sozialen Zusammenhalt gefährden. «Deshalb braucht es ein vielfältiges Wohnraumangebot für verschiedenste Haushaltstypen.»
Die Wohnzusammensetzung ist übrigens nicht der einzige Lebensbereich, in dem sich eine Individualisierung feststellen lässt. Die Abnahme der durchschnittlichen Haushaltsgrösse sei Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung hin zu mehr Individualismus, sagt Khanh Hung Duong von Lustat Statistik Luzern. So sinkt beispielsweise auch die Heiratswilligkeit in der Schweiz, gleichzeitig steigt die Scheidungsrate. Und falls es dann doch zur Familiengründung kommt, sind die Partner dabei in der Regel älter als noch in früheren Jahrzehnten. Dass familiäre Verpflichtungen zunehmend später übernommen werden, hat laut Duong auch mit der länger gewordenen Ausbildungsdauer zu tun. Zudem habe der zunehmend höhere Bildungsstand der Bevölkerung und der damit verbundene wachsende Wohlstand dazu geführt, dass individuelle Lebensformen auch erschwinglicher geworden seien.
Der Trend hin zu kleineren Haushalten soll sich laut den Statistikern auch in Zukunft fortsetzen. Das BFS rechnet damit, dass die Durchschnittsgrösse in der Schweiz bis im Jahr 2045 auf 2,16 Personen sinken wird. Im Kanton Luzern sollen dann im Schnitt noch 2,19 Personen pro Haushalt leben.
Erwartungsgemäss zeigen sich bei der Haushaltsgrösse Unterschiede zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Denn wer mit der neugegründeten Familie Ruhe sucht, den zieht es vielleicht eher aufs Land. Führend ist hierbei der Wahlkreis Entlebuch: Hier betrug die durchschnittliche Haushaltsgrösse Ende des vergangenen Jahres 2,51 Personen, wie der statistische Atlas des Bundesamtes für Statistik offenbart. Knapp hinter dem Entlebuch folgt der Wahlkreis Sursee mit durchschnittlich 2,50 Personen pro Haushalt.
Auch im Wahlkreis Willisau herrscht mit einer Durchschnittsgrösse von 2,47 Bewohnern pro Haushalt ein höherer Wert. Innerhalb des Kreises weist Ebersecken mit durchschnittlich 2,89 Haushaltsbewohnern den kantonalen Spitzenwert auf. Von den dortigen 131 Haushalten werden zum Ende des letzten Jahres 13 Prozent von fünf Personen, knapp sieben Prozent von sechs oder mehr Personen bewohnt. Die kantonsweiten Werte betragen hierbei nur fünf beziehungsweise zwei Prozent.
Den Spitzenplatz teilt sich Ebersecken mit der Hochdorfer Gemeinde Altwis. In deren Wahlkreis beträgt die Durchschnittsgrösse 2,38 Menschen pro Haushaltung. Die tiefsten Werte im Kanton finden sich in den Wahlkreisen Luzern-Land (2,29) und Stadt Luzern (1,93). (lur)
Der Kanton Luzern liegt mit seinen 2,29 Personen pro Haushalt leicht über dem Schweizer Schnitt von 2,23. Dies gilt auch für die anderen Zentralschweizer Stände. Die höchste Durchschnittsgrösse weist dabei Uri mit 2,35 Haushaltsmitgliedern auf. Darauf folgen Obwalden (2,33), Schwyz (2,31) und Zug (2,30). Nidwalden weist mit durchschnittlich 2,25 Haushaltsbewohnern noch den tieferen Wert als Luzern auf. (lur)