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Luzern
Die Stadt Luzern plant unter der Bahnhofstrasse ein Veloparking mit 1000 Abstellplätzen – und trifft damit den Nerv der Zeit: Schweizweit boomen Velostationen. Das allein garantiert aber nicht automatisch eine volle Auslastung.
Zürich hat sechs, Bern ebenso und in Basel gibt es deren drei: Velostationen. Geschützte und überwachte Abstellplätze, meist in unmittelbarer Nähe von Bahnhöfen und oft gebührenpflichtig. Die Idee aus dem Norden Europas ist auch in der Schweiz auf fruchtbaren Boden gefallen: Seit der Eröffnung der ersten Velostation der Schweiz 1994 in Aarau ist die Anzahl steil gestiegen. 48 Stationen verteilt auf 34 Schweizer Städte zählt derzeit das Forum Velostation, ein «lockerer Zusammenschluss betroffener und interessierter Personen und Institutionen», der von Pro Velo Schweiz und der Velokonferenz Schweiz getragen sowie vom Bundesamt für Strassen (Astra) unterstützt wird, nachdem es noch 2008 erst deren 23 gab.
Und es werden immer mehr: In Basel, Bern und in Zürich etwa will man die Anzahl Velostation-Plätze laufend ausbauen. Sie sind wichtiger Pfeiler der städtischen Veloförderstrategien. 10 000 geschützte Abstellplätze strebt man in Zürich an, wo erst im letzten Jahr erst die 14 Millionen teure Velostation Europaplatz in Betrieb genommen worden ist – die mit 1600 Velo-Parkplätzen grösste Anlage der Schweiz. Gleich viele geschützte Veloparkplätze soll es dereinst auch in der Stadt Bern geben – um so die steigenden Velozahlen schlucken zu können. Und auch in Basel werden neue geschützte Veloabstellplätze entstehen. Denn solche plane man bei jeder neuen Bahnhofserschliessung konsequent mit.
Dieser Trend ist auch an Luzern nicht spurlos vorbeigegangen. Bereits im Dezember 1999 wurde hier im Parkhaus Frohburg beim Bahnhof Luzern das erste Veloparking eröffnet. Es bot Platz für 450 Velos, war zeitlich begrenzt zugänglich und zumindest in einer kurzen Anfangsphase noch gratis. Im April 2013 wurde die neue, gegenwärtige Station eröffnet, im Postgebäude beim Bahnhof, mit direktem Zugang auf die Gleise. Das kostenpflichtige Parkhaus wird von der Caritas betrieben und bietet derzeit Platz für 1100 Velos.
Trotzdem ist die Velosituation am Bahnhof Luzern unbefriedigend. Darin sind sich viele einig. Während sich die einen über das «Velo-Chaos» empören, kritisieren andere das dürftige Angebot an Abstellgelegenheiten in unmittelbarer Bahnhofsnähe. Deshalb dürften Ordnungsliebhaber und Velo-Pendler gleichermassen erfreut sein über die neusten Pläne der Stadt: Unter der Bahnhofstrasse sollen 1000 Veloabstellplätze entstehen – diese Absichten sind unlängst durchgesickert (Ausgabe vom 25. September). Zudem plant auch die SBB im ehemaligen Posttunnel fast 500 gratis Veloplätze, ein entsprechendes Baugesuch wurde im Juli eingereicht. Die Plätze werden videoüberwacht und gratis sein, wie die SBB auf Anfrage mitteilt.
Allerdings: zusätzliche Abstellplätze alleine lösen das Veloproblem nicht. Sie müssen auch genutzt werden. Das verdeutlicht die Caritas-Velostation, in unmittelbar Nähe zum Luzerner Hauptbahnhof. Trotz «notorischem Mangel an Veloplätzen» um den Bahnhof ist diese nur zu zwei Dritteln ausgelastet – Tendenz sinkend, wie Urs Odermatt, Mediensprecher der Caritas Luzern, auf Anfrage bestätigt. Aber auch andere Schweizer Städte kennen Velostationen, die «nicht angenommen» werden. Welche Voraussetzungen müssen also erfüllt sein? Das hat eine Umfrage bei den drei grössten Städten der Deutschschweiz – und Valérie Sauter, Geschäftsführerin Forum Velostation, ergeben:
Das wichtigste Kriterium für eine gute Auslastung ist eine einfache und direkte Zufahrt. Wenn Abstellplätze bequem über separate Velowege und -rampen angesteuert werden können, ohne dabei vom Velo absitzen zu müssen, dann werden sie deutlich mehr genutzt – selbst wenn sie kostenpflichtig sind. Eine teure, unterirdische Lösung ist nicht zwingend, aufgrund des knappen Raumangebots um Bahnhöfe aber oft die einzige Möglichkeit.
Genauso wichtig ist auch ein direkter Zugang zu den Gleisen. Fehlt dieser, sinkt die Attraktivität markant. Das beobachtet man etwa in Bern, wo Anlagen ohne direkte Geleisanbindung ungenügend ausgelastet sind. Die beste Erreichbarkeit nützt allerdings nichts, wenn die Nutzbarkeit zeitlich (zu stark) eingeschränkt ist. Für den Erfolg einer Velostation entscheidend sind deshalb lange, noch besser durchgehende Öffnungszeiten.
Die Auslastung einer Velostation lässt sich auch massgeblich über den Preis steuern. Besonders gefragt sind dabei – es erstaunt wenig – kostenlose Velostation-Plätze. Darauf hat man in Basel Rücksicht genommen und stellt fast die Hälfte der knapp 2500 Velostation-Plätze kostenlos zur Verfügung. Und auch in Bern denkt man darüber nach, einen Teil der geschützten Velo-Abstellplätze künftig gratis anzubieten.
Aber auch ein gebührenpflichtiges Angebot kann funktionieren. Dann nämlich, wenn sämtliche obenstehende Kriterien erfüllt sind – und die Gebühr angemessen ist. In den Städten Basel, Bern und Zürich liegt diese derzeit bei einem bis zwei Franken pro Tag, respektive 120 bis 180 Franken im Jahr.
Mit einer Gebühr von einem Franken pro Tag respektive 156 Franken pro Jahr liegt die Velostation Luzern preislich im Mittelfeld. Möglich, dass die Luzerner Velofahrer besonders preissensibel sind – und sich so die tiefe Ausnutzung der Luzerner Velostation erklären lässt. Womöglich sorgen aber auch die eingeschränkten Öffnungszeiten (gerade an Wochenenden und Feiertagen) und die je nach Anfahrt ungünstige Erreichbarkeit für eine geringe Nachfrage.
Auch wenn gewisse Velostationen Auslastungsprobleme bekunden: Valérie Sauter bescheinigt dem Modell Veloparkhaus noch grosses Wachstums-Potenzial. «Nicht nur an Bahnhöfen, sondern an vielen Orten, wo Velos wild parkiert werden, mangelt es an entsprechenden Parkmöglichkeiten.» Zudem steige mit dem verstärkten Aufkommen der Elektrovelos auch das Bedürfnis nach sicheren Abstellplätzen. Zu guter Letzt fördere ein überzeugendes Park-Angebot das Velofahren generell. Und das wiederum steigert den Bedarf an geeigneten Abstellplätzen.