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Luzern
Der Kanton Luzern verlängert das Fangverbot für eine bedrohte Fischart wegen des Hitzesommers. Wieviel diese Massnahme nützt, ist umstritten. Fischer fühlen sich benachteiligt.
Sie ist inzwischen ein seltener Fisch geworden, die Äsche: Der Lebensraum des bedrohten Edelfischs mit dem markanten Fahne sind schnellfliessende, klare, saubere Fliessgewässer mit kiesigem Grund – wie die Reuss, die als eines der bedeutendsten Äschengewässer der Schweiz gilt. Doch der Fisch ist sehr empfindlich für Wasserverschmutzung, aber auch für Temperaturschwankungen. Der vergangene Hitzesommer setzte ihr deshalb besonders zu: Wegen zu hoher Wassertemperaturen sind in hiesigen Gewässern zahlreiche Tiere verendet.
Im Kanton Luzern wurde aus diesem Grund das Fischfangverbot für Äschen verlängert. Die Schonzeit, die sonst von Anfang Januar bis Ende Mai dauert, gilt schon seit dem 1. September. Dadurch soll sich der dezimierte Bestand der ohnehin bedrohten Fischart schneller erholen können.
Für den Fischereiverwalter der Korporation Luzern ein sinnvolles Vorgehen – mit Vorbehalten. «Als einmalige Massnahme ist das Fangverbot sicher gerechtfertigt», sagt Armin Meyer. «Es ist die einfachste kurzfristige Massnahme, die der Kanton erlassen kann, um die Fische zu schützen». Er sagt aber auch: «Sie betrifft nur die Fischer, die ausschliesslich erwachsene Äschen, die grösser als 35 Zentimeter sind, aus dem Fluss ziehen».
Deshalb fügt er an: «Dabei darf es aber nicht bleiben.» Denn: «Das Fangverbot schützt nur erwachsene Äschen». Der Fang dieser Tiere sei aber nicht verantwortlich für den Rückgang des Fisches. Die Gründe hierfür seien vielmehr im veränderten Lebensraum mit allen bestehenden Nutzern zu suchen.
Biologe und Hobbyfischer Roman Ensmenger hat die Zerstörung dieses Lebensraums in der Reuss schon mehrfach angeprangert. Besonders das 1998 gebaute Kraftwerk am Mühlenplatz ist ihm ein Dorn im Auge: «Stadt und Kanton Luzern haben durch den Betrieb des Kraftwerks am Mühlenplatz und die Optimierung des Reussabflusses zum Schutz vor Hochwasser die Fliessgeschwindigkeit erhöht und damit die Laichplätze der Äsche an der oberen Reuss weitgehend zerstört.»
Ausschlaggebend dafür sei der sogenannte Sunk- und Schwallbetrieb. Mit Schwall wird der künstlich erhöhte Abfluss zur Stromproduktion bezeichnet. Sunk steht für die Niedrigwasserphase in Zeiten mit geringem Strombedarf. «Für Jungfische ist der Druck der Strömung beim Schwall viel zu gross. Diese werden von der Strömung einfach weggeschwemmt und haben somit keine Chance zu überleben. Der Sunk eliminiert die Laichplätze am Ufer.» Früher habe es rund hundert Laichplätze gegeben, heute seien noch etwa drei intakt. Für Ensmenger ist die Verlängerung der Schonzeit deshalb eine Massnahme auf Kosten der Fischer, die dem tatsächlichen Problem des Rückgangs der Äsche kaum entgegenwirkt. Deshalb hat er gegen die Verlängerung des Fangverbots beim Kanton Beschwerde eingereicht.
Peter Ulmann, Abteilungsleiter Natur, Jagd und Fischerei bei der Dienststelle Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern, pflichtet dem Biologen zumindest in diesem Punkt bei: «Die Fischfangerträge in den Fliessgewässern sind massiv zurückgegangen; dies steht ausser Frage.» Den Rückgang der Äsche und anderer Arten aber kausal auf die Kraftwerkerneuerung zurückzuführen, könne hingegen kaum belegt werden. Es gebe zahlreiche Einflussfaktoren. «Nicht zuletzt sind die für Kaltwasserarten wie Forellen oder Äschen tödlich hohen Sommer-Maximaltemperaturen ein wichtiger Grund.» Er fügt aber auch an: «Der Abfluss- und Geschiebehaushalt in der Reuss muss sehr kritisch überprüft werden.» Dies soll im Rahmen grösserer Projekte wie etwa der Reusssanierung geschehen.
Vorderhand soll die Schonzeit mit weiteren Massnahmen flankiert werden: «Als Sofortmassnahmen zugunsten der Äschen und Forellen machen wir nicht nur die Schonzeitverlängerung, sondern werden zusätzliche Kiesschüttungen machen und auch weitere Raubäume als Habitate und Unterstände in der Reuss einbauen».