Salome Erni (18) aus Hildisrieden hat für ihre Maturaarbeit zum Schloss Wartensee bei Neuenkirch in den Archiven gestöbert. Bei der aufwendigen Arbeit mit den historischen Quellen hat es der jungen Frau «den Ärmel reingenommen».
Wozu nur von Zeitreisen träumen, wenn man sie auch tatsächlich unternehmen kann? Was es dazu alles braucht, weiss Salome Erni nun aus eigener Erfahrung. Ihre Maturaarbeit «Von holden Rittern und reichen Patriziern – Wartensee im Wandel der Zeit» erzählt die Geschichte des lauschigen Schlösschens über dem Sempachersee vom dunklen Mittelalter bis zur frühen Neuzeit.
Dabei hatte Erni mit Geschichte bis anhin «nicht viel am Hut», wie sie lachend sagt. Naturwissenschaftliche Fächer wie etwa Biologie, in dem sie Fledermäuse beobachtete, hätten sie mehr begeistert. Doch da waren die vielen Erinnerungen aus früheren Tagen. Mit der Besitzerfamilie von Schloss und Hof ist Erni verwandtschaftlich verbunden. «Als Kind war ich oft bei der Familie meiner Tante zu Besuch und erkundete jeweils begeistert das Schloss.» Dass das die kindlichen Fantasien von Burgfräuleins und Ritter auf weissen Pferden befeuert hat, sei natürlich klar gewesen. Die tatsächliche Geschichte von Wartensee habe sie nicht besonders interessiert.
Als die Maturaarbeit nahte, war die Sache dann aber schnell klar. «Das Thema hatte ich eigentlich schon länger im Hinterkopf», sagt Erni. Denn das Schloss habe in all den Jahren nichts von seiner Faszination eingebüsst. Zuhause von ihrem Zimmer blicke sie noch immer direkt auf das Schloss am gegenüberliegenden Hügel.
Zuerst habe sie zwar noch nach anderen Ideen gesucht. «Ich hatte grossen Respekt vor der Knochenarbeit mit all den historischen Quellen.» Doch dann habe sie sich trotz einigen Zweifeln für Wartensee entschieden – mitsamt dem heutigen Patrizierschloss, der ehemaligen Burg und dem dazugehörigen Landwirtschaftsbetrieb. Offenbar lag sie damit richtig: «Ich war dann selber überrascht, wie es mir den Ärmel reingenommen hat», so Erni. Entstanden ist die Arbeit zwischen Herbst 2017 und dem Spätjahr 2018. «Es war eine intensive Zeit», so Erni. «Ohne Fleissarbeit geht das nicht». Beim Durchforschen der vielen Quellen habe es Hochs und Tiefs gegeben. «Manchmal kam es mir vor wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.»
Das Eintauchen in die Vergangenheit sei eine ganz neue Erfahrung gewesen, fasst die Maturandin zusammen. «Die Auseinandersetzung mit der Geschichte schärft den Blick auf das Hier und Jetzt.» Manchmal halle das Befassen mit der Vergangenheit im Alltag nach: «Ab und zu denke ich jetzt darüber nach, wie das wohl früher im Mittelalter war.»
Bildergalerie: Das Schloss Wartensee im Wandel der Zeit
Die minutiöse Arbeit mit verschiedensten historischen Quellen hat sich gelohnt: Das Werk der Nachwuchshistorikerin fand in Fachkreisen grosse Beachtung. So wurde Salome Erni etwa vom Museumsverein zum Rathaus in Sempach zu einem Vortrag eingeladen. Ausserdem hat die Abhandlung am kantonalen Wettbewerb Fokusmaturaarbeit im Bereich Geisteswissenschaften den ersten Preis gewonnen. Auch im Schweizer Geschichtswettbewerb gehörte Erni mit ihrer Maturaarbeit zu den Siegern.
Dennoch bleibt Erni gegenüber ihrer eigenen Arbeit kritisch. «Eigentlich habe ich ja nicht viel Neues herausgefunden – aber all die Puzzleteile, die es gibt, ausgewertet und zu einem neuen Ganzen geformt.» So habe sie die Schlossgeschichte erstmals in einen grösseren Zusammenhang einbetten können, sagt Erni nicht ohne Stolz. Handfestes hat die Arbeit aber trotzdem zum Vorschein gebracht. Dank dem Vergleich verschiedener Quellen konnte Erni etwa die alte These, dass der Name der ehemaligen Ritterherrschaft von der mittelalterlichen Seevogtei herrührt, wiederlegen. Die Bezeichnung «Wartensee» habe es nämlich schon vor der Seevogtei gegeben.
Letztlich aber bleibe alles bei einer «Annäherung an die Wahrheit», so die junge Luzerner weiter. Es gäbe sicher noch mehr zu entdecken. «Wollte man zum Beispiel noch mehr über die Vorgeschichte von Wartensee wissen – speziell über die Geschehnisse vor dem 14. Jahrhundert – dann müsste man fast eine archäologische Grabung machen.»
Dann gleiten Salome Ernis Gedanken wieder in die Gegenwart. Jetzt freue sie sich auf ihr Zwischenjahr, in dem es unter anderem auf einen Bauernhof in Schottland geht. Danach beginnt Erni den Vorkurs der Hochschule für Kunst und Design in Luzern, dessen Studium sie dann nachher aufnehmen will. «Falls sich aber herausstellen sollte, dass dies nicht der richtige Weg für mich ist, so sind Geschichte und Geografie mein Plan B.»