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Luzern
Während der ersten Phase der Coronapandemie kam das Luzerner Parlament praktisch zum Stillstand. Um dies bei künftigen Ausnahmesituationen zu verhindern, verlangt die SP Gesetzesanpassungen. Die Regierung lehnt einen zwingenden Auftrag ab.
Im vergangenen Frühling legte der Ausbruch der Coronapandemie nicht nur das gesellschaftliche, sondern auch das politische Leben lahm. Die März-Session des Kantonsrats wurde kurzfristig abgesagt, auch die Mai-Session sollte gestrichen werden, wurde dann aber auf Druck von SP und Grünen schliesslich doch durchgeführt.
Dennoch kritisierten im Nachgang Politiker aller Couleur, dass der Informationsaustausch zwischen Regierung und Parlament in den ersten Wochen der Pandemie dürftig gewesen sei. «Wir mussten uns schon wehren», antwortete etwa der damalige Kantonsratspräsident Josef Wyss (CVP) im Interview mit unserer Zeitung auf die Frage, ob die Regierung das Parlament ernstgenommen habe. Zwar gab es nach der hektischen Anfangszeit wöchentliche Updates an die Kommissionen, doch dieses Vorgehen war und ist immer noch nicht institutionalisiert.
Diese Lücke will die SP-Kantonsrätin Marianne Wimmer-Lötscher mit einer Motion schliessen. Sie fordert, das Parlamentsrecht sowie den Pandemieplan entsprechend anzupassen. So soll die Geschäftsleitung des Kantonsrats, in der das Präsidium des Parlaments sowie alle Fraktionschefs sitzen, nach Ausrufung einer ausserordentlichen Lage oder Notlage einberufen werden. «Die Geschäftsleitung des Kantonsrates fungiert während Krisenzeiten als Schnittstelle zwischen Regierung und Parlament. Es findet ein regelmässiger Austausch mit der Regierung statt», heisst es. Zudem soll geregelt werden, wie die Kommissionen ihre Arbeit während einer Krise weiterführen können.
In ihrer Antwort schreibt die Regierung, das Luzerner Staatsrecht kenne «kein Notstandsverfahren mit Beteiligung des Kantonsparlaments. Die Regelung von ausserordentlichen Lagen liegt in der Kompetenz der Exekutive.» Daran soll sich nichts ändern, geht es nach der Regierung. Sie beantragt, die Motion als Postulat zu überweisen. Damit würde aus einem zwingenden Auftrag zur Überarbeitung der Gesetzgebung lediglich ein Prüfauftrag.
«Die autonome Zuständigkeit und Kompetenz unseres Rats sind in solchen Krisensituationen unabdingbar, um entsprechend handlungsfähig zu sein», begründet die Regierung ihre Haltung. Sie schreibt aber auch: «Unser Rat anerkennt die Anliegen der Motionäre und sieht den Bedarf, die Prozesse und Abläufe hinsichtlich des Einbezugs des Parlaments zu evaluieren.» Die Regierung stellt in Aussicht, den Einbezug des Parlaments im bereits in Auftrag gegebenen Rechenschaftsbericht zur Coronapandemie zu «evaluieren».
Für Marianne Wimmer reicht eine Evaluation nicht. «Wir halten an der Motion fest», sagt sie auf Anfrage. Eine Abhandlung über den Rechenschaftsbericht sei zu wenig konkret und werde dem Anliegen nicht gerecht. Zwar anerkenne sie, dass die Regierung am Anfang einer Pandemie Verantwortung übernehmen müsse, sagt Wimmer. Aber: «Uns ist es wichtig, dass Lösungen breit abgestützt sind. Man hat im Verlauf der Pandemie gesehen, dass Entscheidungen der Regierung vom Parlament und der Bevölkerung nicht immer verstanden und auch nicht mehr mitgetragen worden sind.»
Übrigens: Im aktuell gültigen Pandemieplan des Kantons Luzern, der aus dem Mai 2018 stammt, wird der Kantonsrat mit keinem Wort erwähnt. Auch in der aufgeführten «Liste der relevanten Akteure im Kanton» findet das Parlament nicht statt.
Wimmer sagt: «In der Krise ist es zu einer Machtverschiebung gekommen. Das Parlament konnte seinen Auftrag als Gesetzgeber und Aufsichtsorgan nicht mehr wahrnehmen.» Die zentrale Rolle des Parlaments soll anerkennt werden. Und: «Es hilft auch der Regierung, wenn Entscheidungen breit abgestützt sind.»