Kanton Luzern
Trotz Riesenplus keine Euphorie: Luzerner Jahresrechnung über 200 Millionen Franken im Plus

Die Rechnung 2021 des Kantons Luzern weist einen 200-Millionen-Ertragsüberschuss auf. Budgetiert war ursprünglich ein Minus von 50 Millionen. Der Finanzdirektor warnt vor Schnellschüssen.

Alexander von Däniken
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Die Wetterlage rund um die Finanzen im Kanton Luzern präsentiert sich wesentlich besser als prognostiziert.

Die Wetterlage rund um die Finanzen im Kanton Luzern präsentiert sich wesentlich besser als prognostiziert.

Bild: Pius Amrein (18. August 2021)

Es war ein Steigerungslauf in Riesenschritten: Im Budget 2021 rechnete der Luzerner Finanzdirektor Reto Wyss für den knapp 3,9 Milliarden Franken schweren Staatshaushalt mit einem Minus von 50 Millionen Franken, in einer zweiten Hochrechnung mit einem Plus von 21,4 Millionen Franken und nun schloss die Jahresrechnung 2021 mit einem satten Plus von 201,4 Millionen Franken.

Das Budget wurde schon im Sommer 2020 erstellt, als das Ausmass der Coronapandemie noch nicht zu erahnen war. Entsprechend erklärte Mitte-Regierungsrat Wyss an einer Medienkonferenz: «Mit diesem Ergebnis konnte keineswegs gerechnet werden. Wir sind davon ausgegangen, dass die Mehrausgaben und Mindereinnahmen aufgrund der Pandemie viel grösser ausfallen würden.» Die Coronapandemie hat den Kanton Luzern im vergangenen Jahr 100 Millionen Franken gekostet.

Nationalbank schüttete 128 Millionen mehr aus

Weiter zu Abweichungen gegenüber dem Budget geführt haben die höheren Ausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (192 Millionen Franken statt 64 Millionen Franken) sowie höhere Erträge bei den Unternehmenssteuern (218,8 Millionen Franken statt 111,1 Millionen Franken). Bei Letzteren rechnete die Luzerner Regierung mit weniger Steuersubstrat, da aufgrund der Coronamassnahmen bei vielen Unternehmen Umsatzeinbussen erwartet wurden. Auch bei den natürlichen Personen liegt der Steuerertrag 27,9 Millionen Franken über dem Budget. Weiter zur Verbesserung beigetragen haben mit 34,2 Millionen Franken die übrigen direkten Steuern, insbesondere die Grundstückgewinnsteuer und die Handänderungssteuer.

Das Plus von 201,4 Millionen Franken ist der vierte positive Jahresabschluss für den Kanton Luzern in Folge. Und das zweitbeste Rechnungsergebnis seit mindestens 30 Jahren. Nur 2020 wies die Jahresrechnung mit 212,5 Millionen einen höheren Ertragsüberschuss auf.

Härtefallhilfe drückte zusätzlich auf Budget

Die Differenz zwischen Budget und Rechnung ist sogar noch grösser. Denn der Kantonsrat hatte das Budget mit einem Minus von 49,8 Millionen Franken bewilligt; inzwischen musste das Parlament aber verschiedene Nachtragskredite im Umfang von 60,1 Millionen Franken sprechen. Diese betrafen vor allem Härtefallunterstützungen für Luzerner Unternehmen. Der ergänzte Voranschlag weist somit einen Aufwandüberschuss von knapp 109 Millionen Franken aus.

Die Differenz zur nun vorliegenden Rechnung beträgt also 310,2 Millionen Franken. Dazu Wyss: «Wir freuen uns über dieses gute Ergebnis, sind uns aber bewusst, dass wir weiterhin umsichtig mit den Finanzen umgehen müssen. Denn: Heutiger Übermut wären die Sparpakete von morgen.» Der Finanzdirektor erinnerte zum Beispiel daran, dass die Differenz zwischen Budget und Ertrag durch die Ausschüttung der Schweizerischen Nationalbank einmalig gross gewesen ist. Ab diesem Jahr budgetiert der Kanton für die jährlichen Ausschüttungen jeweils 160 Millionen Franken, was «nur» eine Tranche oder 32 Millionen weniger ist als das Maximum.

Auch jetzt, mit der Unsicherheit des Ukraine-Kriegs, hält Wyss die Budgetierung der Nationalbank-Millionen für richtig, wie er auf Nachfrage betont. Für den Ausgleich von kleineren Schwankungen gebe es einerseits das statistische Ausgleichskonto, das nun mit 686,3 Millionen Franken so gut gefüllt ist wie noch nie. Andererseits soll bei grösseren Ausfällen der Steuerfuss angepasst werden können.

Mehr investiert, aber Bedarf wird grösser

Der Kanton Luzern hat letztes Jahr nicht nur mehr eingenommen, sondern auch mehr investiert. In der Summe waren es netto 151,6 Millionen Franken, die in Hoch- und Tiefbauprojekte, aber auch in den Hochwasserschutz und in die Digitalisierung flossen. Zum Vergleich: 2020 hat der Kanton knapp 50 Millionen Franken weniger investiert. Luzern will und muss allerdings in den nächsten Jahren noch weit mehr investieren. Im Finanzplan sind für dieses Jahr 226,3 Millionen vorgesehen, für 2025 sogar 263,9 Millionen Franken. Das Geld ist zum Beispiel für das Verwaltungsgebäude am Seetalplatz oder Hochwasserschutzprojekte gedacht.

Entsprechend wird sich das Nettovermögen von aktuell 333,4 Millionen Franken bald wieder in eine Nettoverschuldung verwandeln; wenn auch in eine kontrollierbare und zukunftsgerichtete, wie Reto Wyss anfügte. Der Regierungsrat wurde nicht müde zu erwähnen, dass der hohe Ertragsüberschuss mit Vorsicht zu geniessen sei. Man sei aber auf einem guten Weg. Diesen gelte es nun leicht zu korrigieren. Wyss erwähnte das neue Finanzleitbild, das im Mai präsentiert wird «und uns als Kompass dienen wird». Darüber hinaus werden Anpassungen nötig sein, wenn die OECD den Mindeststeuersatz einführt und der Bund diesen für die Schweiz adaptiert hat.

Der Überschuss soll einerseits in sinnvolle Investitionen fliessen, andererseits als Reserve für unerwartete Ereignisse zurückgelegt werden. Eine Steuerfusssenkung, wie es nun die SVP fordert, schliesst Reto Wyss nicht kategorisch aus. Wenn, dann müsse sie Firmen und Bürgern zugutekommen.

Steuern runter, Ausgaben rauf

Der hohe Ertragsüberschuss des Kantons Luzern löst bei den Parteien unterschiedliche Forderungen aus.

  • Mitte: Von einer Steuergesetzrevision, welche die globale Mindeststeuer berücksichtigt, sollen natürliche Personen wie auch Unternehmen profitieren. Zudem fordert die Mitte gezielte Anpassungen bei den Globalbudgets. Von höheren Ausgaben sollen unter anderem die Bereiche Sicherheit, Gesundheit und Klima profitieren.
  • SVP: Eine Steuergesetzrevision verlangt auch die SVP. Dabei müssten auch die Abzüge angepasst werden. Wichtig sei, dass die Mittel bereits heute reserviert werden – mittels Platzhalter im Finanzplan 2023–2026. Ein Ausbau der Leistungen sei nur bei der Luzerner Polizei und bei Infrastrukturprojekten denkbar.
  • FDP: Die Idee eines Platzhalters im Finanzplan bringt auch die FDP ins Spiel: Demnach sollen die möglichen Auswirkungen der OECD-Mindeststeuer für natürliche und juristische Personen bereits abgebildet werden. Zudem sollen das Finanzleitbild und die Abfederung der schwankenden Nationalbank-Ausschüttungen rasch umgesetzt werden.
  • SP: Die Überschüsse der letzten Jahre investieren will die SP. Bedeutet für die Sozialdemokraten: Tiefe Einkommen entlasten, Kitaplätze ausbauen und zahlbar gestalten, Stipendien und Prämienverbilligung anpassen, Investitionen in die Bildung tätigen und die Finanzierung der Klimamassnahmen über einen Klimafonds sicherstellen.
  • Grüne: Mehr Mittel für den Umweltschutz fordern auch die Grünen. Unter anderem sollen Sonderkredite für Klimaschutz und Energiewende gesprochen werden. Auch in Prämienverbilligungen und in die Hilfe für Kriegsflüchtlinge müsse mehr Geld fliessen. Auf keinen Fall brauche es «Steuergeschenke für Besserverdienende».
  • GLP: Laut Riccarda Schaller, die für die GLP in der kantonsrätlichen Planungs- und Finanzkommission sitzt, ist nun ein vorsichtiges Vorgehen wichtig. Vorrangig müssten Investitionen in Klima- und Flüchtlingsthemen getätigt werden. Eine Steuerreform müsse möglichst ausgewogen gestaltet werden, so Schaller.