Unser Autor outet sich als Langzeit-Student und Buvetten-Fan. Gleichzeitig ist er irritiert darüber, dass sich viele Menschen schwer damit tun, die Meinung zu ändern.
Warme Sonnenstrahlen, der glitzernde See, ein Kaffee und eine Lektüre. Diese Kolumne könnte problemlos eine Laudatio werden. Denn so niedergeschlagen – keine Übertreibung – mich der Einbruch des Herbsts jeweils macht, so euphorisch bin ich jeweils im Spätfrühling. Einer der Gründe: Vor einigen Wochen ist der Startschuss für die Buvetten-Saison gefallen. So wird es in den kommenden Monaten keine Seltenheit sein, dass ich meine Zeit an diesen Sehnsuchtsorten verbringe.
Vor allem das Inseli werde ich regelmässig anpeilen. Als Langzeitstudent an der Universität Luzern trifft es sich nämlich gut, dass dieser wunderbare Platz nur einen Steinwurf von den Vorlesungssälen entfernt ist. Spielt das Wetter mit, lädt das Inseli immer dazu ein, die Uni-Lektüren an der frischen Luft zu lesen. Immerhin, so pflegte ein ehemaliger Dozent zu predigen, sei nur ein bewegter Geist ein produktiver Geist.
Kluge Ratschläge soll man sich zu Herzen nehmen. Und wenn man sie gar ins Herz schliesst, ist meines derzeit vielleicht sogar berstend voll. Denn das lange Studileben hat nicht nur zur Folge, dass ich seit Jahren finanziell auf kleinem Fuss lebe. Es gibt mir vor allem das Privileg, von Menschen zu lernen, die kompetenter und sachkundiger sind als ich. Rappenspalten gegen Ratschläge, sozusagen.
Es ist ein Tauschhandel, den ich jederzeit wieder eingehen würde. Insbesondere, weil ich in den letzten Jahren gelernt habe, wie unvollständig mein Wissen eigentlich ist. So ist der Gang an die Universität für mich auch immer ein Eingeständnis eigener Unzulänglichkeiten. Demut ist Trumpf, genaues Zuhören ebenso.
Dass diese Erkenntnis in mir kein schamvolles Gefühl der Niederlage entfacht, hat wahrscheinlich damit zu tun, dass ich es einfach nicht schlimm finde, meine eigene Meinung zu überdenken und, richtig, sie hin und wieder auch zu ändern. Denn weder ist ein Meinungsumschwung pauschal mit einem Gesichtsverlust verbunden, noch steht das Beharren auf den eigenen Standpunkt immer für Selbstbewusstsein. Oftmals, so zumindest meine Wahrnehmung, ist genau das Gegenteil der Fall.
«Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung. Was tun Sie?», soll der britische Ökonom John Maynard Keynes einst gesagt haben. Um in der Tonalität dieser Kolumne zu bleiben, gestehe ich offen: Ich musste dieses Zitat googeln. Und auch wenn die Buvetten-Saison noch jung ist, werde ich mich diesen Sommer bestimmt nicht mit Keynes befassen. Denn lehrreiche Momente – und auch davon bin ich überzeugt – spielen sich vor allem ausserhalb des akademischen Rahmens statt.