KRANKENKASSE: Weiterer Kanton schreddert schwarze Liste

Fast zeitgleich wie Luzern begann der Kanton Solothurn eine schwarze Liste säumiger Prämienzahler zu führen. Nach etwas über fünf Jahren hat man auch dort genug gesehen. Die Liste wird abgeschafft. In Luzern bleibt sie eine heilige Kuh.

Ismail Osman
Drucken
Ist eine Person auf der schwarzen Liste für säumige Prämienzahler aufgeführt, dürfen Ärzte diese nur noch in Notfallsituationen behandeln. (Bild: Dominic Favre/Keystone)

Ist eine Person auf der schwarzen Liste für säumige Prämienzahler aufgeführt, dürfen Ärzte diese nur noch in Notfallsituationen behandeln. (Bild: Dominic Favre/Keystone)

Ismail Osman

ismail.osman@luzernerzeitung.ch

Selten ist es der Fall, dass Solothurner Kantonspolitik die Zentralschweiz tangiert. Wenn nun aber die Regierung des Nordwestschweizer Kantons bekannt gibt, die schwarze Liste für säumige Prämienzahler streichen zu wollen, muss man – gerade im Kanton Luzern – unweigerlich hellhörig werden.

Solothurn führte die schwarzer Liste im November 2012 ein, gut einen Monat nachdem dies im Kanton Luzern der Fall war. Nun, rund fünfeinhalb Jahre später, ist Solothurns Regierung zum Fazit gekommen: Die schwarze Liste zeigt nicht die erhoffte Wirkung und wird konsequenterweise abgeschafft.

Zur Erinnerung: Wer seine Krankenkassenprämien oder Arzt- und Spitalrechnungen trotz Betreibung und Fortsetzungsbegehren nicht bezahlt, wird auf die Liste gesetzt. Die Person erhält bis zur Schuldbegleichung keine Leistungen seiner Krankenversicherung mehr und darf nur noch im Notfall behandelt werden.

Bevölkerung «erheblicher Gefahr» ausgesetzt

Die vorliegende Beschluss der Solothurner Regierung für die Abschaffung der schwarzen Liste ist erstaunlich offen und stellenweise pointiert formuliert. Auch in Solothurn wurde die Liste in der Hoffnung geschaffen, dass sie eine abschreckende Wirkung entfalten würde. «Diese Hoffnung hat sich nach den bisherigen Erfahrungen im Kanton Solothurn allerdings nicht erfüllt», heisst es im erheblich erklärten Vorstoss. Und weiter: «Es ist davon auszugehen, dass der Leistungsausschluss mehrheitlich sozial und wirtschaftlich Schwächere trifft, die trotz dem in unserem Land geltenden Krankenversicherungsobligatorium nur noch eine Notfallbehandlung erhalten.» Diese Tatsache würde die Betroffenen einer «erheblichen Gefahr» aussetzen, pflichtet die Solothurner Regierung bei. Weiter kommt sie zum Schluss, dass Aufwand und Ertrag in keinem vernünftigen Verhältnis stünden. Das Führen einer schwarzen Liste sei vor allem für die Krankenversicherer von Vorteil: Sie müssen für Tausende Personen nur Notfallbehandlungen übernehmen. Durch das Verweigern von Behandlungen könne zwar nicht verhindert werden, dass weitere Ausstände bei den monatlichen Krankenkassenprämien entstehen. Diese Verluste muss der Kanton jedoch zu 85 Prozent übernehmen. Diese Regelung gilt auch im Kanton Luzern.

Luzern bleibt bei «Feinjustierungen»

Hanspeter Vogler, stellvertretender Departementssekretär des Gesundheits- und Sozialdepartements, verweist darauf, dass die Krankenkassen verpflichtet sind, die Verlustscheine zu bewirtschaften. Erhalten die Kassen Geld aus dieser Bewirtschaftung, sind sie verpflichtet, dem Kanton davon 50 Prozent abzuliefern. Zudem seien in der Vergangenheit mehrfach Feinjustierungen an der Sozialverträglichkeit der Liste vorgenommen worden.

Mit Solothurn setzen derzeit noch neun Kantone auf eine schwarze Liste. Weitere Kantone scheinen nicht mehr hinzuzukommen. Wie die hiesige Regierung den Entscheid der Solothurner Amtskollegen aufnimmt, lässt sich nicht sagen. Regierungspräsident und Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf könne die Fragen unserer Zeitung wegen Abwesenheit nicht beantworten.

Die Gesundheitsdirektorin des Kantons Aargau, Franziska Roth (SVP), kam in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung» hingegen unlängst zum Schluss, dass die schwarze Liste keinen «durchschlagenden Abschreckungseffekt» habe. «Die schwarze Liste löst keine Probleme, sie schafft neue», so Roth.

Und in Luzern? Hanspeter Vogler: «Unsere Analyse hat ergeben, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Kanton Luzern gut ist. Für uns hat die Liste eine präventive Wirkung.»