Kaum ist der Fasnachtsskandal um eine allfällige Gebührenvignette für die Luzerner Fasnacht etwas abgeflaut, droht neues Ungemach in der rüüdigen Fasnachtswelt.
Schauplatz des nächsten fasnächtlichen Gezeters ist die beschauliche Gemeinde Kriens. Dort, wo das Wöschwiib, der Buuremaa, das Bärnerwiib und der Chrienser Deckel ihr Unwesen treiben. Eine Gemeinde also, die urfasnächtlich ist wie kaum eine andere. Und ausgerechnet in diesem traditionsreichen Fasnachtsort hat kein Einheimischer, sondern ein Deutscher die diesjährige Fasnachtsplakette der Krienser Galli-Zunft entworfen.
Nachdem sie bereits Spitäler und Universitäten erobert haben, stossen die Deutschen nun also auch in eines der urschweizerischsten Brauchtümer – die Fasnacht – vor. Wie unsere Zeitung weiss, hat dies innerhalb der Galli-Zunft für mächtig Gesprächsstoff gesorgt. Einige wollen nun sogar das Auswahlverfahren ändern. Aber sich dazu öffentlich äussern wollten die Kritiker nicht. Zu brisant scheint das Thema zu sein. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen?
22 Entwürfe wurden laut Thomas Häfliger, Plakettenmeister der Galli-Zunft, zu Beginn dieses Jahres eingereicht. Wer schliesslich das Rennen macht, entscheidet eine Jury. Doch nur der Plakettenmeister weiss, wer welchen Entwurf eingereicht hat. Der Jury hingegen ist nicht bekannt, von wem welcher Entwurf stammt. In diesem Jahr waren es Künstler aus Ebikon, Kriens, Beromünster, Luzern – und eben – Weil am Rhein.
Buchhalter mit Künstlerherz
So entschied die Jury also rein aus künstlerischen Aspekten und nicht aufgrund der Herkunft der Künstler. «Das Sujet aus Weil am Rhein hat einfach am meisten überzeugt», sagt Häfliger. Wer ist aber dieser Deutsche, dessen Plakette bald jede Krienser Fasnachtsbrust schmücken wird?
Es ist Frank Schmohl, Familienvater und Buchhalter, der in seiner Freizeit als Hobby Fasnachtsplaketten entwirft. Und das äusserst erfolgreich. Letztes Jahr hat der 35-Jährige Plakettenwettbewerbe in Liestal, Sissach, Laufen und Lörrach gewonnen. «Das hat hohe Wellen geschlagen. Natürlich gab es dazu auch einige Schnitzelbänke», sagt Schmohl. Zur Krienser und auch zur Luzerner Fasnacht hat Schmohl einen engen Bezug: «Ich war schon mehrmals hier und immer begeistert.» Es sei für ihn wirklich eine grosse Ehre, dass bei der nächsten Fasnacht viele «seine» Plakette tragen werden. Auch wenn es im Vorfeld ein wenig Wirbel gab. «Ein paar Seitenhiebe gehören an der Fasnacht einfach dazu.»
«Wir sind ja nicht rassistisch»
Hansruedi Bolliger, Zunftmeister der Galli-Zunft, versucht derweil, etwas Ruhe in die ganze Geschichte zu bringen. Die Galli-Zunft sei eben sehr fortschrittlich, gar modern. «Gemäss unseren Statuten darf jeder bei den Entwürfen mitmachen – auch Deutsche.» Plakettenmeister Thomas Häfliger betont: «Es hätten auch andere Ausländer gewinnen können. Wir sind ja nicht rassistisch.» So können sich die Krienser Galli-Zünftler also in Zukunft rühmen, sich besonders bei der Integration von Ausländern zu engagieren.
Auch Luzerner gehen fremd
Das findet auch Andréas Härry, Mediensprecher des Luzerner Fasnachtskomitees. «Das ist bestimmt eine Integrationsmassnahme des Krienser Gemeinderats.» Härry lacht herzlich und spottet: «Das ist wunderbare Munition für fasnächtliche Sprüche.» Dieses Thema werde in Luzern wohl an vielen Stammtischen für Lacher sorgen. Doch wer hat eigentlich die Luzerner Fasnachtsplakette entworfen? Da wird der LFK-Mann Härry plötzlich still und gibt etwas kleinlaut zur Antwort: «Ein Krienser.»
Somit ist die Verwirrung um die Krienser und Luzerner Plakettenentwürfe komplett. Ungeklärt bleibt die Frage, ob die Luzerner den Galli-Zünftlern nun ihren Krienser Entwurf zur Verfügung stellen. Der Deutsche Schmohl wiederum wird möglicherweise noch einen spannenden Auftrag erhalten: Er könnte ganz einfach eine fasnächtliche Gebührenvignette für die Stadt Luzern entwerfen.
Andreas Bättig / Neue LZ
HINWEIS
Die Krienser Fasnachtsplakette gibt es ab dem 28. Dezember in allen Krienser Restaurants sowie in einigen Läden. Es gibt sie in Bronze (8 Franken), Silber (10 Franken) und Gold (50 Franken) sowie als Pin (10 Franken).
So sieht die Plakette der Galli-Zunft aus.