Im Hochwald müssen illegale Bauten abgerissen werden. Pikant: Auch die Gemeinde gehört zu den betroffenen Eigentümern.
Unbemerkt von der Gemeinde war der Krienser Hochwald während Jahrzehnten eine Baustelle. Kleine Waldhütten schossen wie Pilze aus dem Boden, oder Unterstände wurden in Hütten umgebaut. Bis das Bundesgericht 2010 in einem Fall entschied, dass ein illegal erstelltes Haus im Hochwald abgerissen werden muss. Dann wurde die Gemeinde aktiv. In aufwendiger Arbeit erfasste sie alle Bauten, die sich im Schutzgebiet Hochwald befinden. Man kam auf 240 Objekte auf 150 Liegenschaften. Für 89 Liegenschaften wurden nachträgliche Baugesuche eingefordert. In krassen Fällen handelt es sich um richtige Ferienhäuser, in leichteren Fällen sind es Unterstände, die im Lauf der Jahre umgenutzt wurden.
Im Zuge der Dokumentierung dürften die Krienser Behörden grosse Augen gemacht haben: Es stellte sich nämlich heraus, dass die Gemeinde selbst illegale, umgebaute Waldhäuser besitzt. Dies bestätigt Bauvorsteher Matthias Senn gegenüber unserer Zeitung. Konkret handelt es sich um zwei massiv umgebaute, nicht bewilligte Waldhäuschen, die während Jahren von der Gemeinde vermietet wurden. Zwei weitere Hütten im Besitz der Gemeinde sind zwar bewilligt. Diese wurden laut Senn aber von den Mietern ohne Bewilligung verändert. Die Gemeinde entschied – auch nach Absprache mit den langjährigen Mietern – die illegal erstellten Waldhäuschen abzureissen. Dies wird wohl in diesem Frühling geschehen.
Die nicht bewilligten Änderungen an den anderen beiden Hütten müssen zurückgebaut werden. Es handelt sich in einem Fall um einen WC-Anbau, Steinplatten, Sonnenstoren und Windschutz; im anderen Fall um einen Zwischenbau und ein WC.
Die Gemeinde als Besitzerin von illegal erstellten Waldhütten – wie konnte das passieren? Offensichtlich hatte Kriens nicht nur die illegale Bautätigkeit im Hochwald nicht im Griff, sondern auch ihr eigenes Immobilienportfolio. Bauvorsteher Senn erklärt: «Die Gemeinde hat in den 1970er- und 1980er-Jahren viel Wald gekauft oder geschenkt erhalten. Darin befanden sich die Hütten.»
Sie wurden also nicht von der Gemeinde selbst erstellt, sondern übernommen. Diese Hütten waren zu diesem Zeitpunkt vermietet. Ohne genauere Prüfung habe die Gemeinde auch die Mietverträge übernommen, so Matthias Senn.
Laut dem Bauvorsteher wäre es theoretisch möglich, dass die Gemeinden die beiden ohne Bewilligung erstellten Hütten dulden könnte. Sie müsste diese zum ursprünglichen Zweck als Schutzhütte zurückbauen. «Da wir aber mit gutem Beispiel vorangehen wollen und keine Schutzhütten benötigen, haben wir uns für den Abbruch entschieden und das nachträgliche Baugesuch wieder zurückgezogen.»
Von den 89 eingereichten nachträglichen Baugesuchen wurden laut Gemeinde bisher 30 erledigt. In sieben Fällen wurde das Baugesuch zurückgezogen (dazu zählen auch die beiden der Gemeinde). Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Die Grundstückbesitzer kamen wohl zum Schluss, dass ihr Gesuch aussichtslos war und wollten sich die Kosten für den Bauentscheid sparen. Diese betrugen bisher zwischen 1000 und 2000 Franken pro Fall.
In vier Fällen hat die Gemeinde den Abbruch angeordnet. Die Palette der betroffenen Bauten reicht vom Holzunterstand bis zu einem Hauptgebäude. Zwei dieser Fälle sind nach einer Beschwerde der Grundeigentümer vor Kantonsgericht pendent. In einem Fall geht es um ein Bienenhaus, das laut Gemeinde in eine Hütte für Tagesaufenthalte umgebaut wurde. Eine Schlafgelegenheit gebe es dort nicht.
Die angeordneten Abbrüche müssen noch in diesem Jahr erfolgen. Die Hütten stehen aber heute noch. Unklar ist, ob die sieben Bauten, für die das Baugesuch zurückgezogen wurde, schon abgerissen wurden. Die Endabnahme durch die Gemeinde hat jedenfalls noch nicht stattgefunden.
In 19 Fällen hat die Gemeinde bisher entschieden, dass die Bauten nachträglich bewilligt oder geduldet werden können. Bewilligt werden sie dann, wenn sie aufgrund des Rechts, das zum Zeitpunkt des Baus galt, hätten gebaut werden dürfen. Geduldet werden sie, wenn sie schon seit Jahrzehnten bestehen. Zudem darf die Gemeinde gemäss Bundesgerichtspraxis bei Gebäuden, die älter als 30 Jahre sind, keinen Abriss anordnen.
Während von den ursprünglich knapp 90 Baugesuchen ein Drittel erledigt ist, sind weitere 35 Fälle bereits weit fortgeschritten. Die Grundstückbesitzer haben nun die Möglichkeit, zur ersten Beurteilung über die Bewilligungsfähigkeit rechtlich Stellung zu nehmen. Zusammenfassend sagt Matthias Senn: «Die Anzahl der hoch emotionalen Fälle, wo also auch Hauptgebäude zurückgebaut werden müssen, ist kleiner als ursprünglich erwartet.» Das dürfte die Grundstückbesitzer freuen. Dennoch: Rund 30 Fälle sind noch beim Kanton pendent. Diese landen später bei der Gemeinde. Laut Senn dürfte es sich um schwierigere Fälle handeln. Sie nehmen daher auch mehr Zeit in Anspruch.
Christian Glaus
Pro Natura cgl. Auch die Umweltschutzorganisation Pro Natura Luzern beschäftigt sich mit dem Krienser Hochwald. Sie hat gegen 52 Baugesuche Einsprache eingereicht. Davon konnten sechs laut der Gemeinde Kriens erledigt werden – ohne dass diese zu einem Abbruch führten. Dies bestätigt Samuel Ehrenbold, Geschäftsführer von Pro Natura: «Es gibt Gebäude, gegen die wir Einsprache gemacht haben, die nun bewilligt oder geduldet werden.» Es seien aber noch einige Fälle mit höherer Brisanz offen.
Ehrenbold erklärt die vielen Einsprachen damit, dass die Baugesuche teils sehr rudimentär waren. «Wir mussten also Einsprache einreichen, um überhaupt Genaueres über die Bauten zu erfahren.» Man habe nicht auf Vorrat Einsprache gemacht. «Es wird Baubewilligungen geben, die wir mittels Beschwerde ans Kantonsgericht anfechten werden.» Pro Natura habe bereits Hunderte Stunden investiert, um die Baugesuche und Bewilligungsentscheide zu prüfen. «Bei der Prüfung der Entscheide werden wir nun ein besonderes Augenmerk auf jene Objekte legen, die sich in bundesrechtlich geschützten Mooren befinden.»