Kriminalgericht Luzern
Vergewaltigung und Drogendeal: 29-Jähriger soll acht Jahre hinter Gitter

Den Drogenhandel mit 2,3 Kilogramm Kokain gibt er zu – die Vergewaltigung an einer Prostituierten nicht: Einem Portugiesen drohen acht Jahre Haft und 15 Jahre Landesverweis.

Sandra Monika Ziegler
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«Eine Prostituierte kann gar nicht vergewaltigt werden. Sie hat den Dienst freiwillig offeriert.» Solche Sätze wiederholte der Angeklagte gleich mehrmals bei den Einvernahmen, sagt der Staatsanwalt und fügt an: «Immer wieder hat der Angeklagte mit seinen frauenfeindlichen Sätzen seine verwurzelte Meinung über Prostituierte und sein Frauenbild dargelegt.» Der Staatsanwalt ist überzeugt, der Mann hat die Frau vergewaltigt. Auch die Anwältin des Opfers sieht es so. Sie verlangt wegen der Schwere des Deliktes eine Genugtuung von 30'000 Franken. Sein Verteidiger fordert bezüglich der Anklagen wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Freiheitsberaubung einen Freispruch.

Das Kriminalgericht Luzern am Alpenquai.

Das Kriminalgericht Luzern am Alpenquai.

Bild: sam

Was war geschehen? Am 8. Dezember 2015 um 21.45 Uhr bei einer Aussentemperatur von zirka 1,6 Grad – laut Staatsanwalt – fuhr der Portugiese mit seinem Kollegen im Geschäftsauto in Luzern-Ibach beim Strassenstrich vor. Dort lud er die Prostituierte ins Auto ein und alle drei fuhren nach Buchrain an den Waldrand. Während der Fahrt hat die Prostituierte mehrmals eine Kollegin angerufen, hat ihr den Weg beschrieben, indem sie die Strassenschilder nannte. Beim Waldrand zwangen die beiden Männer sie zum oralen wie vaginalen Sex, einzeln und auch zeitgleich. Danach fuhren sie wieder zurück Richtung Strassenstrich und liessen sie bei einer Ampel aussteigen. Sie konnte nochmal telefonieren und wurde wenig später bewusstlos aufgefunden und zur Notaufnahme ins Kantonsspital gebracht. Die ärztlichen Untersuchungen ergaben zwar keine Gewaltspuren, jedoch die Verschiebung ihrer Kupferspirale. Laut Polizei sei sie im Spital ansprechbar gewesen, reagierte jedoch nicht.

Frauenfeindlich und nicht akzeptabel

Die Richterin wollte den genauen Ablauf des besagten Abends geschildert haben. Doch auf konkrete Fragen ging der Angeklagte nicht ein. Er betonte mantramässig, es sei spontan und einvernehmlich geschehen, sie sei freiwillig mitgefahren. Er habe sie zu nichts gezwungen, sein einziger Fehler sei gewesen, dass er nicht bezahlt hatte. Es sei sechs Jahre her und er könne sich nicht mehr genau erinnern. Auf Nachfragen der Richter, etwa was normaler Sex sei, gab er an, etwas, das beide wollen, und wiederholte, er habe sie zu nichts gezwungen. Öfter schob er nach:

«Sie hat ihre Dienste angeboten. Wie kann sie dann sagen, sie sei vergewaltigt worden?»

Für den Staatsanwalt ist anhand der Faktenlage und der Indizien klar, der Portugiese hat die Prostituierte quasi als Freiwild betrachtet. Seine Aussagen seien verstörend gewesen und hätten das Opfer verhöhnt. «Seine Aussagen sind frauenfeindlich und nicht akzeptabel», so der Staatsanwalt. Er fragt: «Warum hätte sie mit zwei unbekannten Männern den sicheren Strassenstrich für ihre Dienste verlassen sollen und wie hätte sie sich aus dem Rücksitz des zweitürigen Twingos befreien können?» Bezahlt werde vor dem Sex, weil er aber kein Geld hatte, verschleppte er sie an den Waldrand. Die DNA beim dort gefundenen Kondom beweist, dass er dort war. Und die Reifenspuren konnten dem Twingo zugewiesen werden. Die Frau sei nicht freiwillig mit zwei Männern in den Wald gegangen. Und nach dem Dienst bewusstlos am Strassenrand zu liegen, sei auch nicht der gewöhnliche Zustand. Er bleibt dabei, die Frau wurde vom Ibach an den Waldrand entführt, vergewaltigt und sexuell genötigt. Der Staatsanwalt verlangt dafür vier Jahre Freiheitsentzug. Dies zusätzlich zu nochmal vier Jahren für einen Drogendeal. Es geht um 2,3 Kilogramm Kokain. Hier ist der Portugiese, der selber kein Kokain konsumierte, geständig – im Gegensatz zur Vergewaltigung.

Opfer sei unglaubwürdig

Der Verteidiger sagt zum knappen Aussageverhalten seines Mandanten: Er sei katholisch und habe sich geschämt, über Sex zu sprechen. Der Verteidiger zweifelt an der Glaubwürdigkeit des Opfers, zudem sei sie abgetaucht und nicht auffindbar. Sein Mandat sitzt wegen der Drogendelikte bereits in Haft und habe ein gutes Zeugnis. Der Antrag der Staatsanwaltschaft für den Drogendeal sei viel zu hoch, in Sachen Vergewaltigung fordert er einen Freispruch. Die Urteile werden den Parteien schriftlich mitgeteilt.