LANDWIRTSCHAFT: Beitragskürzung ärgert Bauern

Für Lattenzäune, Siloballen-Beigen oder neue Hochstammbäume gibts Geld vom Bund. Davon wollen Luzerner Bauern profitieren – stärker als gedacht. Dies hat Folgen.

Evelyne Fischer
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«Der Bauer bewegt sich weg vom Produzenten hin zum Landschaftspfleger.» Jakob Lütolf, Präsident der Luzerner Bauern. (Bild: Eveline Beerkicherv / Neue LZ)

«Der Bauer bewegt sich weg vom Produzenten hin zum Landschaftspfleger.» Jakob Lütolf, Präsident der Luzerner Bauern. (Bild: Eveline Beerkicherv / Neue LZ)

Evelyne Fischer

Kilometerweit schlängeln sie sich neuerdings durch die Landschaft: die hölzernen Lattenzäune. Sie gehören zum Bündel an Massnahmen, für die hiesige Bauern im Rahmen der Agrarpolitik 2014–2017 belohnt werden (siehe Kasten). Sie erhalten dafür Landschaftsqualitätsbeiträge – ein sperriges Wort für eine an sich ansehnliche Sache. Die Idee: Bauern sollen für die Pflege des Kulturlands honoriert werden. So will der Bundesrat «dem schleichenden Verlust an landschaftlicher Vielfalt» entgegenwirken (Ausgabe von gestern).

Bauern reden von «Vertragsbruch»

Wie sich zeigt, ist das Interesse daran riesig: Schweizweit beteiligten sich letztes Jahr zwei Drittel aller Betriebe an diesem freiwilligen Programm. Waren für 2015 ursprünglich 30 Millionen vorgesehen, wurden nun effektiv 125 Millionen ausgeschüttet. Davon flossen 9,8 Millionen Franken nach Luzern – weitere 1,1 Millionen Franken steuert der Kanton bei. Aktuell profitieren davon rund 3800 der 4600 Luzerner Betriebe. Die Nachfrage ist so gross, dass gewisse Beiträge nun gekürzt werden.

Am Beispiel Lattenzaun heisst dies: Für Materialkosten bei der Erstellung erhalten Bauern weiterhin maximal 10 Franken pro Laufmeter, für den Unterhalt gibts künftig jedoch nur noch 2 statt 4 Franken. Über die Halbierung – rückwirkend auf den 1. Januar – wurden betroffene Luzerner Landwirte Ende März informiert. Nicht nur bei der Dienststelle Landwirtschaft und Wald liefen darauf die Drähte heiss. Gegenüber dem «Schweizer Bauer» sagte Landwirt Beat Furrer aus dem Michelsamt kürzlich: Der Kanton habe die Teilnahmebereitschaft an solchen Projekten offensichtlich unterschätzt. Doch es könne nicht sein, dass «wir dafür die Verantwortung tragen müssen und unsere Beiträge halbiert werden». Das sei ein klarer Vertragsbruch.

Lattenzaun boomt

Aus früheren Jahren bestanden im Kanton Luzern bereits Lattenzäune auf einer Länge von 21 Kilometern. 2015 kamen weitere 25 Kilometer hinzu – dies entspricht in etwa der Distanz zwischen Sursee und Luzern. «Inzwischen sind zahlreiche weitere Beitragsgesuche eingetroffen. Das Interesse an Lattenzäunen besteht weiterhin, jedoch erfolgen auch Abmeldungen», sagt Franz Stadelmann von der kantonalen Dienststelle Landwirtschaft und Wald. Überraschend dabei sei: «In den anderen Zentralschweizer Kantonen ist der Holzhag kaum ein Thema. Das ist ein Luzerner Phänomen.» Die Gründe für den Boom liegen für Stadelmann auf der Hand: «Die Investitionen halten sich in Grenzen, der regelmässige finanzielle Anreiz war bis anhin grosszügig.» Dass dies nun korrigiert wird, sorgt unter Bauern für rote Köpfe. Stadelmann kann dies nachvollziehen. Doch: «Durch die starke Nachfrage nach Landschaftsqualitätsbeiträgen wurde der Budgetrahmen deutlich überschritten.» Dass es als Konsequenz zu Reduktionen bei einzelnen Massnahmen kommen könne, sei klar aufgeführt worden. «Vielleicht hätten wir dies aber noch besser kommunizieren können.» Beitragsansätze können auch künftig angepasst werden.

«Bauernschläue existiert»

Für Jakob Lütolf, Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes, kommt «die Flut an Beitragsgesuchen» nicht von ungefähr: Tiefe Milch- und Schweinepreise, abgeschaffte Raufutterbeiträge – dies treffe die tierintensiven Luzerner Betriebe hart. «Klar, versucht der Bauer, diese Verluste wettzumachen. Somit sind Landschaftsqualitätsbeiträge die einzige Alternative. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das richtig. Bauernschläue existiert.» Ihm selbst sei es 2014 noch «gegen den Strich» gegangen, sich anzumelden. «2015 bin auch ich eingeknickt.»

Er verstehe den Unmut der Bauern. «Bei Betriebskontrollen gilt jeweils Nulltoleranz. Hier schreitet der Kanton nun einfach unvermittelt ein. Dies ist rechtlich wohl korrekt, vom Vorgehen her jedoch sehr unsensibel.» Wie der Schweizerische Dachverband habe sich auch der Luzerner Bauernverband «vehement» gegen die neue Form der Direktzahlungen gewehrt. «Durch diese Massnahmen bewegt sich der Bauer immer mehr weg vom Produzenten hin zum Landschaftspfleger.» Solche Gelder – Beispiel Lattenzäune – seien gegenüber einem Konsumenten schwer zu rechtfertigen. «Welchen Nutzen zieht er daraus?» Die Erfindung sei gut gemeint, führe aber zu Fehlanreizen. Er fürchtet, dass immer mehr Betriebe nur noch extensiv bewirtschaftet werden. Das ungedüngte Land wird dabei vorwiegend als Weide genutzt, Ertrag ist zweitrangig. Lütolf hofft, dass Beiträge für regelmässigen Auslauf im Freien und besonders tierfreundliche Stallhaltung auf 2017 erhöht werden. «Denn dies sind Massnahmen, die der Konsument nachvollziehen kann und den Bauern ein wenig Druck nehmen.»

Was belohnt wird

Beiträgefi. Um Landschaftsqualitätsbeiträge zu erhalten, müssen Bauern drei Bedingungen erfüllen:

  • Ordnung auf dem Betrieb
  • Ordentlich gestapelte Siloballen
  • Beratung und Weiterbildung in Sachen Landschaftsqualität.

Weiter müssen mindestens drei zusätzliche Massnahmen umgesetzt werden. Einige Beispiele:

  • Wanderwege pflegen
  • Steinmauern pflegen
  • Lattenzäune pflegen/erstellen
  • Holzbrunnen, Stein- und Betontröge unterhalten
  • Kleingewässer erhalten/anlegen
  • Traditionelle Heuhaufen erstellen
  • Wässermatten pflegen
  • Hecken oder Hochstamm-Obstbäume pflegen/neu pflanzen.