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Luzern
Das Public Viewing am Inseli war auch dieses Jahr wieder ein einmaliges Erlebnis. Auch vor der Leinwand wurde munter geklatscht.
Nie liegt am Lucerne Festival mehr Revolution in der Luft als am Eröffnungsabend. Da die feinen Herren im ebensolchen Zwirn im KKL, dort der Pöbel in Jeans und Shirt im Inseli. Unter solchen Vorzeichen wurden auch schon Burgen gestürmt und Umstürze in Gang gesetzt.
Um jetzt keine Angst zu schüren: Es blieb am Freitag alles ruhig. Keine Aufwiegeler, keine Brandredner und auch keine sonstigen Revolutionäre fanden sich im Inseli ein. Im Gegenteil: Eigentlich verfolgten die Menschen draussen die gleichen Ziele wie jene im KKL drinnen: Sie wollten dem Eröffnungskonzert unter der Führung von Claudio Abbado lauschen. Drinnen für teures Geld, dafür live, draussen halt einfach ab Leinwand. Statt Cüpli gibts Bier und statt Lachs Paella (an dieser Stelle ein grosses Lob an die Köche vom «Magdalena»).
Macht alles nix. Es muss ja auch nicht immer gleich eine Revolution sein, eine Evolution reicht allemal. Dass der Eröffnungsabend live vom Konzertsaal ins Inseli übertragen wird, ist für einen eher elitären Anlass wie das Lucerne Festival schon Schritt genug. Vor allem auch deswegen, weil die Atmosphäre draussen mindestens so gut ist wie drinnen. Die Musik lebt in der Umgebung. Sie fügt sich ein. Sie verschmilzt mit Strassenlärm, und in die ruhigen Momente trötet plötzlich ein Krankenauto. Die feine Musik ist dem Stadtleben ausgesetzt. Das macht dieses Erlebnis so einzigartig.
Und die Fans kommen zahlreich. Die durchschnittliche Haarfarbe ist grau, und das durchschnittliche Alter ist erfrischend hoch für den Ort, den sonst vor allem Junge in Beschlag nehmen – aber auch diese finden ihren Platz auf der voll besetzten Wiese. Dosenbier und Zigaretten inklusive. Trotzdem: Man ist anständig, klatscht auch hier und räumt am Ende den Müll auch wieder weg. Das ist keine Revolution, aber zufriedene Menschen revoltieren auch nicht. Und insofern ist das ja wirklich eine gute Nachricht.
Zurück bleiben glückliche Gesichter, sogar Kinder lächeln, obwohl ihnen die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben steht. Hier werden heute keine Machtverhältnisse umgestürzt. Vor dem KKL wartet trotzdem ein Polizeiauto – man kann ja nie wissen.
Vielleicht – so nur der Gedanke des Autors – wäre anderes mal revolutionär: Das Orchester spielt live am Inseli, und ins KKL wird übertragen. Aber wie gesagt: Es muss ja nicht immer gleich eine Revolution sein.