LUZERN: Auch auf dem neuen Banner quakt der Frosch

Die Wey-Zunft hat gestern in der Franziskanerkirche ihr neues Banner eingeweiht. Und im rüstigen Alter von 90 Jahren anschliessend tüchtig gefeiert

Pirmin Bossart
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Die Wey-Zunft ist gestern mit ihrem neuen Banner von der Franziskanerkirche an der Jesuitenkirche vorbei bis zum «Schweizerhof» gezogen. (Bild Nadia Schärli)

Die Wey-Zunft ist gestern mit ihrem neuen Banner von der Franziskanerkirche an der Jesuitenkirche vorbei bis zum «Schweizerhof» gezogen. (Bild Nadia Schärli)

Pirmin Bossart

Banner markieren Zugehörigkeiten. Früher kennzeichneten sie bestimmte Herrschaftshäuser. Mit Bannern zog man in den Krieg. Bis heute sind Banner beliebt bei Männergruppen, wie sie die Zünfte verkörpern. «Banner sind wie ein Leitwolf», sagt Benno Zurfluh, «man weiss, wo man hingehört.» Zurfluh gehört zur Wey-Zunft Luzern. Er ist für deren PR und Kommunikation verantwortlich.

Buddhas Design

Nach 44 Jahren hat sich die Wey-Zunft ein neues Banner bestellt. Sogar die allermeisten Zünftler haben das neue Banner erst gestern bei der offiziellen Einweihung zum ersten Mal gesehen. «Das alte Banner hat in den letzten Jahrzehnten arg gelitten. Es musste schon einige Male mit Nadel und Faden ausgebessert werden», sagt Zurfluh. Andererseits habe auch die Verjüngung der Wey-Zunft in den letzten Jahren zum Wunsch geführt, ein neues Banner anzuschaffen. «Wir wollen mit der Zeit gehen und unser Banner im neuen Glanz erscheinen lassen.»

Der Anstoss zum neuen Banner kam von Altzunftmeister und Zunftritter Erwin Bühler, der «zusammen mit seiner charmanten Gattin Susanne», wie das im Zunftjargon heisst, auch zum Fahnenpatenpaar erkoren wurde. Das neue Design wurde mit einer Art Wettbewerbsverfahren ermittelt. Es trägt die Handschrift von Armin «Buddha» Buholzer, der schon das alte Banner aus dem Jahre 1971 gestaltet hatte. Das Banner wurde zu Buddhas Vermächtnis: Buholzer ist Ende Juni 2015 gestorben.

Aktive Frösche

Auf dem quadratischen Grundriss (1,05 auf 1,05 Meter) des neuen Banners ist natürlich auch das Logo der Wey-Frosches abgebildet. Ohne Frosch keine Wey-Zunft. 1925, als die Wey-Zunft gegründet wurde, lag das Quartier unmittelbar am See. Im sumpfigen Gebiet um den kleinen Hügel, auf dem die Hofkirche steht, lebten Hunderte von Fröschen, die mit ihrem Gequake die Nächte belebten. So hat sich der Frosch unüberhörbar ins Gedächtnis und vielleicht auch ins Wesen der Wey-Bewohner eingeprägt.

Allerdings entstand die Wey-Zunft nicht aufgrund einer Liebe zu Fröschen, sondern als Reaktion auf die damalige düstere Situation des Luzerner Fasnachtsreibens. Wie in der Geschichte der Wey-Zunft nachzulesen ist, zog am Schmutzigen Donnerstag 1925 statt des gewohnten Fasnachtsumzuges gerade noch der Fritschiwagen durch die Strassen Luzerns. Die Fasnachtskultur war auf einen Tiefpunkt gesunken.

Einige Gewerbetreibende aus dem Wey-Quartier wollten das nicht so hinnehmen und beschlossen am Stamm im Restaurant Weinhof, selber aktiv zu werden. In nur vier Tagen bastelten sie sich in ihren Werkstätten einen eigenen Fasnachtsumzug und zogen damit am Güdismontag, dem 23. Februar 1925, durch die Stadt. Mit dabei war auch ein Wagen, aus welchem dem Publikum alte Schuhe zugeworfen wurden. «Damit sollte der Schuhhändler Jakob Spieler, Fritschivater 1925, verspottet werden, der es nicht geschafft hatte, einen Umzug zusammenzustellen», wie die Zunft auf ihrer Website schreibt.

Güdismontag-Tagwache

Im folgenden Jahr organisierte die «Zunft Wey» wiederum einen Fasnachtsumzug, um sich dann 1927 mit Statuten und dem Namen «Wey-Zunft der Stadt Luzern» offiziell als Verein zu etablieren. Die Zunftherren nahmen die Statuten ernst und stellten jedes Jahr – nicht während des Krieges – einen Fasnachtsumzug zusammen.

1951 wurde das Luzerner Fasnachtskomitee gegründet, unter dessen Dach die Wey-Zunft neben der Zunft zu Safran (um 1400 gegründet), der Maskenliebhaber-Gesellschaft (1819) und der Herrengesellschaft Fidelitas Lucernensis (1892) als eine der vier tragenden Zünfte und Gesellschaften an der Organisation der Luzerner Fasnacht mitwirkt.

Während die Umzüge nun gemeinsam realisiert werden, ist die Wey-Zunft für die Tagwache am Güdismontag zuständig. Seit 1928 gibt sie eine Fasnachtszeitung heraus, die in den letzten Jahren unter dem Namen «Knallfrosch» versucht, das Luzerner Politiker- und Gesellschaftsleben auf die Schippe zu nehmen. Getreu dem Motto «Geselligkeit und Narretei – Wohltätigkeit sei mit dabei» erfreuen sich die Zünftler auch daran, auf Bescherungsfahrten Kinder, Behinderte oder Betagte zu besuchen und sie zu beschenken.

Im Vergleich zur Zunft zu Safran mit 450 Mitgliedern ist die Wey-Zunft mit 120 Mitgliedern die deutlich überschaubarere Organisation. Aufgrund der längeren Geschichte und der Entstehung aus einer Handwerker-Zunft darf vermutet werden, dass in der Zunft zu Safran die vielleicht noch etwas wohlhabenderen und einflussreicheren Luzerner Männer versammelt sind. «Ich weiss nicht, wie wohlhabend die Leute der Safran sind», gibt Zurfluh cool zurück. «Bei uns ist ein breites Spektrum vertreten. Wir haben Selbstständig­erwerbende, Angestellte und Kaderleute, die aus allen Sparten stammen.»

Wirtschaft und Fasnacht

Es ist kein Geheimnis, dass sich die Mitgliedschaft in einer Zunft dank persönlichen Beziehungen auch im Berufs- und Wirtschaftsleben auszahlen kann. Wie ist das in der Wey-Zunft? «Der wirtschaftliche Gedanke ist nicht der richtige Weg, um in einer Zunft mitmachen zu wollen», stellt Zurfluh klar. Prioritär gehe es darum, dass man aktiv etwas zur Luzerner Fasnacht beitragen könne. «Und natürlich ist es schön, sich mit Kollegen zu treffen und neue Leute kennen zu lernen.»

Zurfluh selber fühlt sich in der Wey-Zunft am richtigen Ort. Er hatte zuvor 25 Jahre lang in einer Guuggenmusig gespielt. «Dann wollte ich etwas anderes machen, aber trotzdem nicht auf die Fasnacht verzichten. Da hat sich die Zunft aufgedrängt. Und jetzt kann ich die Fasnacht wieder ganz anders geniessen.»

Weitere Bilder vom Umzug durch die Stadt finden Sie unter www.luzernerzeitung.ch/bilder