Die SBB finden keine Mieter für die neue Büro-Überbauung an Top-Lage in Luzern. Der Stadtrat hat nun eine Erklärung dafür. Das reicht der SP nicht. Sie verlangt, das ganze Projekt neu aufzugleisen.
Robert Knobel
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Es ist paradox: Der Stadtrat beklagt, dass der Mangel an Büroflächen die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Luzern hemmt. Gleichzeitig wartet eine Büro-Überbauung an Top-Lage neben dem Luzerner Bahnhof seit Jahren auf Realisierung. Doch die SBB bauen nicht – weil sie nicht genügend Mieter finden.
Wieso es mit der Überbauung Rösslimatt derart harzt, erklärt der Stadtrat jetzt in seiner Antwort auf das SP-Postulat «Vorwärts mit dem SBB-Areal Rösslimatt». Wie die SBB immer wieder kommunizierten, wollen sie erst mit dem Bau beginnen, wenn mindestens 50 Prozent der Büroflächen vermietet sind. Doch genau diese Vorgabe schreckt offenbar potenzielle Mieter ab. Sie wollen klare Zusagen, wann sie die neuen Büros beziehen können. Doch solange die SBB nicht Mieter für mindestens 50 Prozent der Flächen haben, können sie keinen verbindlichen Eröffnungstermin nennen. Ein Teufelskreis also, der wohl noch jahrelang so weiter gehen könnte.
«Die Verhandlungen mit potenziellen Ankermietern waren bis anhin nicht erfolgreich», schreibt der Stadtrat. Dennoch hoffen die SBB, dass der erste Gebäudekomplex der Rösslimatt 2023 eröffnet werden kann. Dieser Zeitplan ist aber nur möglich, wenn bis Ende 2018 ein Vertrag mit einem Hauptmieter abgeschlossen und 2021 mit dem Bau begonnen werden kann. Die Bundesbahnen stünden in Sachen Mietersuche «im aktiven Austausch mit der Wirtschaftsförderung», wie der Stadtrat weiter schreibt. Auch SBB-Sprecherin Franziska Frey sagt auf Anfrage unserer Zeitung: «Derzeit finden mit verschiedenen Interessenten Gespräche statt. Die SBB streben eine wirtschaftlich nachhaltige und langfristige Lösung an.»
Der Stadtrat setzte bisher grösste Hoffnungen in die Rösslimatt, um neue Firmen anzulocken. Tatsächlich hat das Projekt im Endausbau eindrückliche Dimensionen und das Potenzial, einen ganzen Stadtteil neu entstehen zu lassen. Denn das Projekt Perron, für das die SBB zurzeit Mieter suchen, ist nur ein erster Schritt zum Grossprojekt Rösslimatt. Der ganze Güterbahnhof zwischen Schüür und Citybay soll dereinst neu überbaut werden. Da das Güterbahnhof-Areal aber als Bauplatz für den Tiefbahnhof vorgesehen ist, kann die Überbauung erst nach dessen Fertigstellung in Angriff genommen werden. Zudem müsste das Areal zuerst umgezont werden, um auch Wohnbauten realisieren zu können. Gemäss Stadtrat wird dies frühestens ab 2040 aktuell.
SP-Grossstadtrat Daniel Furrer, der das erwähnte Postulat eingereicht hat, ist nicht zufrieden mit der Antwort des Stadtrats. Schuld an der blockierten Situation hätten sowohl die SBB als auch die Stadtregierung. «Die SBB versuchen, den grösstmöglichen Profit herauszuschlagen und blockieren so die Entwicklung eines Stadtteils über Jahre hinaus.» Und selbst wenn dann die ersten Büros bezugsbereit sind, so könnten sich ohnehin nur Banken und Versicherungen die Mieten leisten. Der Stadtrat habe es seinerzeit verpasst, klare Bedingungen für einen guten Nutzermix zu stellen. «Warum denkt man das ganze Rösslimatt-Areal nicht neu?», fragt Daniel Furrer und erklärt, wie er sich einen interessanten Stadtteil beim Bahnhof vorstellt: Ein Innovationspark, ein Start-up-Zentrum, Künstlerateliers oder preisgünstige Gewerberäume. Auch dass das Güterbahnhof-Areal bis 2040 brachliegen soll, ist für Furrer unverständlich. «Das wäre doch ein klassischer Fall für eine attraktive Zwischennutzung.»