Ein Zeugenaufruf der Luzerner Polizei auf Instagram findet grosse Aufmerksamkeit. Dadurch werden aber auch heikle Kommentare provoziert.
Das Gewaltverbrechen vom Freitagmorgen wird auf sozialen Medien rege diskutiert. Die Luzerner Polizei veröffentlichte den Zeugenaufruf im Zusammenhang mit der Vergewaltigung einer 35-jährigen Frau in der Stadt Luzern zuerst auf der Website und via Medienmitteilung. Seit Mittwoch bittet sie auch auf Instagram um Mithilfe. Bis am späteren Donnerstagmittag hat der Beitrag in den sozialen Medien mehr als 20’000 Likes generiert und es wurden über 650 Kommentare dazu abgesetzt.
Anhand der Beschreibung des Täters (schwarze, gekrauste Haare, 30 bis 40 Jahre alt, dunkelhäutig) musste damit gerechnet werden, dass auch Leute verschiedenster Gesinnung die Online-Plattform nutzen werden, um sich auf zum Teil bedenklichem Niveau zu äussern. Dass dabei auch die Hautfarbe des Mannes thematisiert wird, war voraussehbar und so sicher wie das Amen in der Kirche.
So kommentierte eine Instagram-Userin oder ein User die Mitteilung etwa mit folgenden Worten: «Wir haben uns die Vergewaltiger selber ins Land geholt. Nur eingestehen will das niemand.» Auch die Forderung nach der Todesstrafe wurde mehrfach geäussert: «Leider wird dieser Typ in der Schweiz nur paar Jährchen kassieren. Ich wäre für die Todesstrafe. Meine Meinung.»
In einem Kommentar wird auch die Kommunikation der Polizei im Zeugenaufruf kritisiert. Durch die Mitteilung würden rassistische Vorurteile gestärkt und «schwarze Nicht-Täterinnen und -Täter aktiv gefährdet».
Es ging aber auch sachlich. Eine Person forderte die Polizei auf der Plattform direkt auf, die «Kommentarfunktion zu deaktivieren, weil in der Kommentarspalte extrem viel Hass geschürt und vor allem auch rassistisch gehetzt wird». Der Staat solle Rassismus keinen Raum lassen. Jemand anderes hat es ähnlich formuliert und die Polizei gebeten, die Kommentarfunktion zu deaktivieren. Dies, weil zu viele Kommentare rassistisch und beschämend seien oder vom Wesentlichen ablenken würden.
Dieser Aufforderung wird die Luzerner Polizei jedoch bewusst nicht nachkommen, wie Christian Bertschi, Chef Kommunikation, auf Anfrage erklärt: «Den Zeugenaufruf haben wir auf Instagram aufgeschaltet, um eine möglichst grosse Verbreitung zu erzielen. Mittels Kommentarfunktion wollen wir mit der Bevölkerung eine Interaktivität herstellen, es ist folglich nicht Sinn der Sache, diese zu deaktivieren. Generell nicht und auch nicht in vereinzelten Fällen.» Es bestünden Verhaltensregeln für das Nutzen der Kommentarfunktion, führt er weiter aus. In vereinzelten Fällen antwortet die Polizei auch auf Posts.
Wird gegen die Regeln verstossen, löscht die Polizei allenfalls Kommentare. Im vorliegenden Beispiel seien gezielt zahlreiche unangemessene Kommentare aus der Kommentarspalte entfernt worden. Bei der Luzerner Polizei ist dafür eine Stelle im 60-Prozent-Pensum besetzt.
Den Zeugenaufruf hat die Luzerner Polizei nur auf Instagram aufgeschaltet, nicht aber auf Facebook und Twitter. Dazu Bertschi:
«Beim Abwägen, wo wir am ehesten Wirkung erzielen könnten, haben wir uns für das eher jüngere Zielpublikum auf Instagram entschieden. Die vielen Interaktivitäten zeigen auf, dass die Thematik die Menschen beschäftigt.»
Es seien etliche Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Wie viele aus dem Beitrag auf Instagram hervorgingen, ist nicht klar. «Es spielt auch keine Rolle, auf Instagram haben wir dieselben Informationen publiziert wie in der Medienmitteilung.»
Mit Aufrufen im Internet kann die Polizei zu nützlichen Hinweisen dank grosser Verbreitung gelangen. Die Online-Suche hat aber Schwachstellen und Schwarmintelligenz kann sich in Schwarmdummheit wandeln. Dies, wenn Falschinformationen verbreitet werden, wie im Fall des Attentats beim Boston-Marathon 2013. Damals entstand im Internet eine Hexenjagd nach Unschuldigen, weil deren Namen und Fotos im Netz kursierten.