Die Internetfahndung mit Fotos von Chaoten zeitigt erste Resultate. Im Lager der Supporter sorgt das Vorgehen indes für Kritik.
Seit Montag fahndet die Luzerner Polizei öffentlich nach 21 Fussball-Randalierern. Dies, indem sie die Bilder der Chaoten mit unkenntlich gemachten Gesichtern (Verpixelung) auf ihre Website stellte (Ausgabe vom Dienstag). Bei den Gesuchten handelt es sich grossmehrheitlich um Supporter des FC Zürich. Diese prügelten sich am vergangenen Pfingstmontag nach dem Spiel FCL - FCZ mitten in der Luzerner Neustadt. Es kam dabei zu Sachbeschädigungen an Autos, Gebäuden und deren Einrichtungen.
«Die Originalbilder sind gestochen scharf, und wir werden wohl alle Chaoten erwischen», zeigte sich Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft Luzern, Anfang Woche äusserst zuversichtlich. «Wir gehen davon aus, dass sich die Betroffenen melden. Ihre Bilder werden dann von der Staatsanwaltschaft umgehend vom Netz genommen.»
Bis gestern Freitag hatten die Chaoten Zeit, sich zu melden. Und vier Randalierer haben die Chance bis gestern Abend genutzt, wie Kurt Graf, Chef Kommunikation der Luzerner Polizei, auf Anfrage erklärt. Bis spätestens Ende Monat wird die Polizei nun die Fotos der Chaoten, die sich nicht gemeldet haben, unverpixelt ins Netz stellen. Graf betont: «Es ist human, dass wir zuerst nur die verpixelten Bilder aufgeschaltet haben und erst nach einer adäquaten Frist die unverpixelten Bilder ins Netz stellen, um weitere Randalierer zu ermitteln.»
Ob verpixelt oder unverpixelt: Auch wenn der so genannte Internetpranger derzeit als bewährtes und effektives Mittel gilt, lehnt ihn die Supportervereinigung Zürcher Südkurve ab. Die Vereinigung – die gestern nicht erreichbar war – schreibt auf ihrer Website: «Bereits das Zurschaustellen überführter Täter wirkt befremdend und weckt Erinnerungen an den Geschichtsunterricht, Schwerpunkt Mittelalter. Mit der Internetfahndung werden nun Personen der Öffentlichkeit präsentiert, bevor deren Schuld gerichtlich nachgewiesen ist.» Befürworter dieser Fahndungsmethode würden argumentieren, dass die Polizei und die Staatsanwaltschaft an strenge Voraussetzungen gebunden seien und das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten hätten, schreibt die Südkurve weiter. «Die Behörden, so die Befürworter, müssen erst alle anderen Fahndungsmittel ausschöpfen und würden Augenmass walten lassen.»
Als Fussballfans hätten sie gewisse Erfahrungen gemacht und wüssten, dass Ausdrücke wie «strenge Voraussetzungen» und «Verhältnismässigkeitsprinzip» sehr dehnbare Begriffe sein könnten, so die Zürcher Supporter weiter und fragen rhetorisch: «Wie viele von der Stadtpolizei Zürich verfügte Rayonverbote mussten etwa schon vor einer gerichtlichen Instanz aufgehoben oder eingeschränkt werden, weil die Voraussetzungen oder das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht erfüllt waren? Sind Hausdurchsuchungen durch sechs Polizeibeamte wegen des Zündens einer Fackel verhältnismässig? Und auf welche ‹strengen Voraussetzungen› stützten sich die Polizisten, die am Istanbuler Flughafen die Pässe angereister Fans fotografierten?»
Argumente, die die Luzerner Polizei für sich und ihre Arbeit nicht gelten lässt: «Wir veröffentlichen nur Bilder von Hooligans, die sich eines Verbrechens oder eines Vergehens schuldig gemacht haben; und die wir nicht ermitteln konnten», betont Kurt Graf: «Und dies selbstverständlich in Absprache mit der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.»
Charly Keiser