Luzern
«Fehlende Selbstkritik» und «Geldverschwendung» – Kantonsräte schäumen wegen Software-Debakel

Am Debakel rund um die Schulsoftware Educase lassen Parteien von links bis rechts kein gutes Haar. Der Kanton müsse nun zwingend die Lehren ziehen. Derweil stellt die Regierung klar, dass die Gemeinden nicht für ihren Zusatzaufwand entschädigt werden.

Alexander von Däniken
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Das Debakel rund um die Schulsoftware Educase wurde am Dienstag erstmals im Luzerner Kantonsrat ein Gesprächsthema.

Das Debakel rund um die Schulsoftware Educase wurde am Dienstag erstmals im Luzerner Kantonsrat ein Gesprächsthema.

Bild: Manuela Jans-Koch (Sursee, 28. Juni 2021)

Es hat sich einiges angestaut, seit der Megger GLP-Kantonsrat Urs Brücker im letzten Sommer eine Anfrage über den Stand der Schuladministrationssoftware Educase eingereicht hat. Nun, am Dienstag, sprach das Kantonsparlament erstmals im Plenum über das Projekt, das sich mittlerweile zum Debakel entwickelte. Zwei dringlich eingereichte und für dringlich erklärte Anfragen boten sich als Ventile an. Und sie wurden genutzt.

Jörg Meyer (SP, Adligenswil) vertrat Parteikollegin Gisela Widmer Reichlin, welche Fragen über das Controlling und die Projektorganisation gestellt hatte. Sein Fazit zu den Antworten der Regierung: «Uns fehlt der spürbare Wille zu einem selbstkritischen Rückblick.» Die sogenannt bewährten Projektmethodiken hätten sich nicht bewährt. «Sie konnten das Desaster nicht verhindern.» Scharfe Kritik äusserte auch SVP-Sprecherin Lisa Zanolla (Luzern): «Durch die ganze Misere ist viel Geld verschwendet worden.» Ihre Partei habe schon früh auf Datenschutzbedenken und die hohen Kosten hingewiesen. «Nun frage ich mich, wer dafür verantwortlich ist.»

100 Stunden zusätzlicher Aufwand

Generell stellen sich viele Fragen, knüpfte Priska Häfliger-Kunz an. «Hat man zu lange am Projekt festgehalten?», so die Mitte-Kantonsrätin aus Mauensee. Es müssten nun dringend die Lehren gezogen werden. Eine nahm Häfliger bereits vorweg: Im Projektsteuerungsausschuss habe eine Vertretung der Basisanwender gefehlt. Das müsse beim Folgeprojekt zwingend geändert werden. Andy Schneider (SP, Rothenburg) wies auf den zusätzlichen Aufwand hin, den die Gemeinden hatten und haben. Allein in Rothenburg seien rund 100 Arbeitsstunden zusätzlich investiert worden. Seitens Kanton brauche es nun ein klares Bekenntnis, sich am zusätzlichen Aufwand der Gemeinden zu beteiligen.

Franz Räber (FDP, Emmenbrücke) wies auf die Häufung der problematischen IT-Projekte hin. Bekanntlich läuft auch beim geplanten Service-Portal nicht alles rund. Räber hat darum im Namen der bürgerlichen Parteien eine Motion eingereicht. Darin fordert er von der Regierung einen Rechenschaftsbericht, der dokumentieren soll, welche Aspekte aus technischer, rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht für die Probleme verantwortlich waren.

Uneinig waren sich die Fraktionen über die Frage, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um einen Antrag auf eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zu traktandieren. Nach Meinung von SP, Grünen und Grünliberalen reicht es aus, wenn eine Anfrage eingereicht und von der Regierung schriftlich beantwortet worden ist. Durchgesetzt haben sich in der Geschäftsleitung des Kantonsrats aber Mitte, SVP und FDP aufgrund von Abklärungen der Staatskanzlei. Demnach muss eine Anfrage nicht nur eingereicht, sondern auch im Plenum diskutiert worden sein. «Eine sehr hohe Hürde, um nur über eine PUK zu diskutieren», konstatierte Urban Sager (SP, Luzern).

Mediationsverfahren kostete 21'500 Franken

Die Antworten auf die Vorstösse selbst boten tatsächlich wenig Erhellendes. Oder wie es Urs Brücker ausdrückte: «Ich bin kein Jota gescheiter.» So war das mittlerweile gescheiterte Mediationsverfahren vertraglich vorgesehen und kostete 21'500 Franken, je zur Hälfte finanziert von der Entwicklerfirma und vom Kanton. Und der umstrittene externe Experte Gérald Strub ist für den Verband der Luzerner Gemeinden nicht nur Fachmann für das Service-Portal, sondern auch für die Schuladministrationssoftware im Projektgremium. Bei Letzterem ist er aber seit Dezember 2021 nur noch beratend tätig. Aktuell leitet eine externe Person das Projekt Schulsoftware, bis eine neue Projektleitung rekrutiert und angestellt wird. Wer diese externe Person ist, ist nicht bekannt.

Regierungspräsident Marcel Schwerzmann (parteilos) verteidigte die gewählten Methodiken und stellte klar, dass der Kanton sich nicht an allfälligen Zusatzaufwänden der Gemeinden beteilige. Die Volksschulen könnten mit alternativen Programmen gut arbeiten, ehe eine Nachfolgelösung stehe. Diese werde man mit der gebotenen Sorgfalt aufgleisen.