Jeden Quadratmeter, den ein Gastrobetrieb auf öffentlichem Grund nutzen will, muss die Stadt bewilligen. Nicht alle Beizer können sich damit abfinden.
Stefan Dähler
Der Frühling ist da – und mit ihm beginnt die Saison der Boulevardbeizen. Luzerner Wirte beginnen, ihr Mobiliar ausserhalb der Beiz aufzustellen, damit ihre Gäste Speis und Trank auch an der frischen Luft geniessen können.
Was viele Konsumenten jedoch nicht wissen: Für die Beizer bestehen klare Regeln, wo sie ihre Tische auf öffentlichem Grund aufstellen dürfen – und wo nicht. Dafür hat die Stadt blaue Markierungen am Boden angebracht (Ausgabe vom 12. Mai 2014). Das Mobiliar darf nur innerhalb dieser Fläche stehen. Wenn beispielsweise eine Gästegruppe einen Tisch oder Stühle umstellt, um beisammensitzen zu können, wird dadurch die Markierung in einigen Fällen überschritten.
Auch über Nacht müssen die Stühle und Bänke für die Aussenplätze innerhalb der Markierungen gelagert werden. Solch ein Fall hat bei einer Stadtluzerner Gastronomin in den letzten Tagen für Verwirrung gesorgt. Die Beizerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, wurde von der Stadt gerüffelt, sie dürfe ihr Mobiliar über Nacht nicht mehr draussen an einer Hauswand lagern. Dies, weil es dort mehr Platz beansprucht, als die Markierung zulässt. Zuvor habe sie dies jahrelang so gemacht, ohne dass jemand sich beschwert hätte. Inzwischen haben sich Stadt und die Wirtin geeinigt: Das Mobiliar darf weiter stehen bleiben.
Dennoch sagt Stefan Geisseler von der Abteilung Stadtraum und Veranstaltungen: «Die Nutzung von öffentlichem Grund durch ein Boulevardrestaurant gilt als gesteigerter Gemeingebrauch. Dieser ist bewilligungspflichtig.» Benötigt ein Bewilligungsinhaber mehr Nutzungsflächen, könne er diesen bei der Dienstabteilung beantragen. «Wir klären dann in der Regel vor Ort mit dem Gesuchsteller sein konkretes Begehren und beraten ihn bezüglich des weiteren Vorgehens», so Geisseler.
Grundsätzlich können Gastronomen öffentlichen Grund mieten, wenn sie ihn für zusätzliche Aussenplätze nutzen wollen. Dafür bezahlen sie je nach Lage 70 bis 90 Franken pro Quadratmeter im Jahr. Eine monatliche Miete ist hingegen nicht möglich. Man kann aber nicht unbegrenzt grosse Flächen mieten. So müsse unter anderem die Sicherheit gewährleistet sein – das heisst zum Beispiel, dass Rettungsfahrzeuge Platz haben müssen. Ein weiteres Kriterium sind «die zu erwartenden Immissionen für Anwohner» oder «das erwartete zusätzlich ausgelöste Verkehrsaufkommen».
Die Bodenmarkierungen hat die Stadt eingeführt, damit die Beizer die von ihnen gemieteten Flächen besser sehen können. Zuvor waren diese durch Metallstäbe im Boden weniger deutlich gekennzeichnet. Wie genau achtet die Stadt bei den Kontrollen der Bodenmarkierungen auf deren Einhaltung? Gibt es eine Toleranzgrenze? «Auch bei Überschreitungen von bewilligten Flächen gilt der Grundsatz der Verhältnismässigkeit», so Geisseler. «Es gibt folglich kein Mass, ab welchem wir einschreiten.» Insbesondere bei engeren Platzverhältnissen komme es zu Nutzungskonflikten, bei welchen die Stadt das Gespräch mit den Gastronomen suche. «Auch reagieren wir, wenn wir berechtigte Hinweise oder Beschwerden von Dritten erhalten.» Wie sieht es aus, wenn Gäste Kinderwagen oder Rucksäcke ausserhalb der Markierungen deponieren? «Für das Abstellen von Gegenständen ist primär der Eigentümer der Sache zuständig.»
Die Stadt führt «sporadisch» Kontrollen durch. Bei Verstössen verweise man auf die gesetzlichen Grundlagen und die Bewilligung. Weiter werde besprochen, wie die Situation korrigiert werden kann. «So kommt es vor, dass in der Folge die Bewilligung angepasst wird.» Das heisst, der Beizer benötigt regelmässig zusätzliche Flächen und mietet diese in der Folge dazu.
Bei wiederholten Verstössen folge dem mündlichen Gespräch eine schriftliche Aufforderung, die Überschreitungen zu korrigieren. Dies reicht laut Geisseler in den allermeisten Fällen aus. «Zu Verzeigungen wegen der Überschreitungen von Markierungen ist es in den letzten Jahren nicht gekommen.»
Bei den Beizern kommen die Markierungen unterschiedlich an. «In der Stadt Luzern gibt es eine Überregulierung wie sonst nirgends», sagt ein Betreiber, der ebenfalls anonym bleiben will. Patrick Grinschgl, Präsident von Gastro Luzern, sieht es lockerer. «Die blauen Markierungen sind grundsätzlich sinnvoll.» Die Umsetzung werde von der Stadt nicht restriktiv gehandhabt. «Mir ist kein Fall bekannt, in dem es wegen einiger Zentimeter Probleme gegeben hat.»