Tiefergelegt und laut röhrend: Unrechtmässig abgeänderte Fahrzeuge beschäftigen das Strassenverkehrsamt immer öfter. Für die Autobesitzer kann das teuer werden.
Gabriela Jordan
Pilatusstrasse in Luzern: Die Ampel wechselt auf grün. Kurz darauf ertönt ein ohrenbetäubendes Motorengeräusch. Ein aufgemotzter Mittelklassewagen beschleunigt rasant, nur um beim nächsten Rotlicht mit quietschenden Reifen wieder zu bremsen. Ähnliche Szenen hat wohl jeder schon einmal beobachtet. Nun zeigt sich: Sie beschäftigen die Polizei immer öfter. Aktuelles Beispiel: Dieser Tage wurden in Luzern und Ebikon gleich 16 Lenker angezeigt, weil sie durch übermässiges Beschleunigen unnötigen Motorenlärm verursachten, einen technisch abgeänderten Wagen fuhren oder weil das Fahrzeug nicht betriebssicher war (wir berichteten).
Trotz periodisch stattfindender Nachkontrollen an allen immatrikulierten Autos stellt die Luzerner Polizei immer wieder unrechtmässig getunte Autos sicher. Solche Fahrzeuge wurden zum Beispiel tiefergelegt, haben eine gesteigerte Motorenleistung, veränderte Auspuff- und Bremsanlagen oder andere Felgen – dabei sind sie weder korrekt beim Strassenverkehrsamt gemeldet, noch sind die Veränderungen im Fahrzeugausweis eingetragen. Der Leiter des Strassenverkehrsamtes, Peter Kiser, bestätigt: «Das ist ein Thema, das uns immer mehr beschäftigt.» Zum Vergleich: Im Jahr 2015 hat das Strassenverkehrsamt insgesamt 96 Fahrzeuge untersucht. Im laufenden Jahr sind es schon jetzt 42 Fahrzeuge. 80 Prozent der Untersuchungen betreffen eingezogene Autos aufgrund von Abänderungen. Bei den verbleibenden 20 Prozent gehts um Expertisen bei Unfall- und Raserfahrzeugen.
Bei der periodischen Nachkontrolle bleibt Kiser zufolge nach wie vor nur selten ein Fahrzeug wegen Abänderungen «hängen». Erst bei den gemeinsamen Kontrollen der Polizei und des Strassenverkehrsamtes werden solche entdeckt. Kiser geht deshalb davon aus, dass die Fahrzeughalter ihr Auto gleich nach der periodischen Kontrolle jeweils wieder abändern – sprich aufmotzen. Übrigens: Auch frisierte Motorräder werden ab und zu erwischt. Im Vergleich mit Personenwagen ist dieser Anteil aber marginal.
Leute, die ihr Fahrzeug tunen, sind in der Regel Liebhaber von sportlichen Autos, wie die Luzerner Polizei auf Anfrage sagt. Organisierte Treffen von diesen Lenkern zeigen zudem, dass es auch eine Tuning-Szene gibt. Gegen ein Treffen von Fans schöner Autos lasse sich im Grunde nichts einwenden, findet Kiser vom Strassenverkehrsamt. Kontrollen an solchen Tuning-Anlässen – wie kürzlich in Ebikon – bewiesen aber nun mal, dass das Thema verstärkt um sich greife. «Da erschrecke ich manchmal wirklich, wenn ich sehe, in welchem gefährlichem Zustand die Autos sind», sagt Kiser.
Die Schwierigkeit dabei ist, dass viele Tuningmassnahmen nicht einfach zu erkennen sind – zum Beispiel eine erhöhte Motorenleistung. Wie hoch die Dunkelziffer ist, lässt sich laut der Luzerner Polizei deshalb nicht gut schätzen. Aus dem gleichen Grund werden bei Kontrollen Fachexperten des Strassenverkehrsamtes zugezogen, die den Zustand des Autos beurteilen. Auf die Frage, wie häufig die Polizei Kontrollen durchführt, antwortet Polizeisprecher Graf: «Kontrollen erfolgen im Rahmen der allgemeinen Patrouillentätigkeit. Es versteht sich, dass koordinierte Kontrollen gemacht werden, wenn entsprechende Hinweise vorliegen.» Solche Hinweise können etwa auch Meldungen aus der Nachbarschaft sein.
Welche Folgen haben also unrechtmässig aufgemotzte Autos? Die Antwort klingt zunächst banal: «In der Regel hat es keine Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis der Lenker, weil keine Verkehrsregeln verletzt wurden», erklärt Kiser. Der Lenker könne aber am Weiterfahren gehindert werden, wenn die Betriebssicherheit beeinträchtigt sei. Dies sei insbesondere der Fall, wenn sich die Änderungen am Fahrzeug kumulierten. Das Auto kann erst wieder in Verkehr gesetzt werden, wenn es in betriebssicherem Zustand vom Strassenverkehrsamt geprüft worden ist (siehe Kasten).
Das Tuning hat aber noch eine andere Konsequenz für den Fahrzeughalter: Er wird in jedem Fall angezeigt. Weil getunte Autos nicht im Ordnungsbussengesetz enthalten sind, kann die Polizei für dieses Delikt auch keine Bussen verteilen, sondern muss die betroffene Person bei der zuständigen Staatsanwaltschaft anzeigen. Zu einer Anzeige kommt es zum Beispiel auch, wenn ein Lenker «vermeidbaren Lärm» verursacht – und zum Beispiel am Rotlicht seinen Motor aufheulen lässt. Bei Wiederholungstätern könne die entsprechende Strafe auch verschärft werden, sagt Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Autos gjo. Getunte Fahrzeuge müssen vom Strassenverkehrsamt geprüft werden, bevor sie weiterverwendet werden. Meldepflichtig sind insbesondere:
Für abgeänderte Fahrzeuge ist ein spezieller Prüftermin mit dem Strassenverkehrsamt zu vereinbaren. Die Prüfung kleinerer Änderungen wie das Anbringen einer Anhängevorrichtung kosten um die 20 Franken. Bei grösseren oder mehreren Änderungen gilt der Stundenansatz der Fachleute von 170 Franken.