LUZERN: Neues Kinderspital in 5 Jahren?

Das Kinderspital ist 44 Jahre alt und in einem schlechten Zustand. Nach millionenschweren Investitionen in andere Projekte will das Spital mit dem Neubau des Kinderspitals jetzt vorwärtsmachen.

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Ein Baby auf der Notfallstation. (Bild: Archiv Neue LZ (Manuela Jans))

Ein Baby auf der Notfallstation. (Bild: Archiv Neue LZ (Manuela Jans))

Yasmin Kunz

«Desolat», beschreibt eine Mutter aus der Region, deren Kind als Patient im Luzerner Kinderspital war, den baulichen Zustand des Kinderspitals. Konkret sagt sie: «Für Eltern und Patienten hat es nur eine Dusche pro Station, die Räumlichkeiten sind eng, und vertrauliche Gespräche mit dem Arzt bekommen wegen der Hellhörigkeit des Gebäudes auch andere Patienten und deren Angehörige mit.» Die Mutter weiss, wovon sie spricht. Schliesslich war das Kinderspital für sie und ihr Kind während zehn Monaten ihr zweites Zuhause.

Evakuation wegen Pilzsporen

Weil die Steuerung der Lüftungen in den Isolationszimmern im Kinderspital in Luzern nicht mehr einwandfrei funktioniert hat, konnten Schimmelpilzsporen in die Räume immunschwacher Patienten eintreten. Deshalb mussten zwei schwer kranke Kinder vor zwei Wochen in ein anderes Spital verlegt werden. Was für gesunde Menschen keine Gefährdung darstellt, kann für diese schwer kranken Kinder im schlimmsten Fall zum Tod führen, wie Marco Rossi, Chefarzt Infektiologie am Luzerner Kantonsspital (Luks), gegenüber unserer Zeitung erklärte. Ein weiteres Kind wurde aufgrund der Sporen ebenfalls in einem ausserkantonalen Spital hospitalisiert.

Die Mutter des verlegten Kindes ist nicht die einzige, welche die Infrastruktur des 44 Jahre alten Komplexes massiv bemängelt. Auch Kantonsrätin Michèle Graber (GLP) hat in einer Anfrage an die Regierung vom Kinderspital in einem desolaten baulichen und betrieblichen Zustand geschrieben (Ausgabe vom 4. September). Wie Graber beschreibt, sind räumliche Gegebenheiten, Kapazitäten und Prozessabläufe sowohl für Kinder als auch für Eltern «äusserst unbefriedigend». Kenntnis über diesen Stand hat die Kantonsrätin, «weil sowohl Patienten als auch Angehörige sich deswegen bei mir melden». Auch Luks-Chefarzt Marco Rossi spricht die Zustände offen an und sagt im Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag», dass es im Kinderspital Zimmer mit sechs Betten «auf engstem Raum» gibt (Ausgabe von gestern).

2008 auf Eis gelegt

Wie unsere Zeitung weiss, bemängeln auch etliche Mitarbeiter hinter vorgehaltener Hand die Infrastruktur und melden Kapazitätsprobleme. Obwohl der kürzlich geschehene Vorfall mit den kaputten Steuerungen der Lüftungsanlagen gemäss Marco Rossi in keinem direkten Zusammenhang mit dem Alter des Gebäudes steht, betonte er: «Der Neubau soll so schnell wie möglich realisiert werden.»

So schnell wie möglich heisst für das Luzerner Kantonsspital, dass im Jahr 2020 das neue Kinderspital steht. In fünf Jahren sollen also all diese Probleme der Vergangenheit angehören. Das ist nicht der erste Versuch: 2008 war die Planung eines neuen Kinderspitals, losgelöst von einer Gesamtplanung, bereits sehr weit fortgeschritten – wurde aber dann auf Eis gelegt. Zum Grund sagt Luks-Sprecherin Ramona Helfenberger: «Aus medizinischer und wirtschaftlicher Sicht war die Umsetzung ausserhalb einer Gesamtarealplanung nicht sinnvoll.» Ausserdem hätte es den laufenden Betrieb zu stark eingeschränkt, heisst es weiter.

Viel in andere Projekte investiert

Der Neubau des Kinderspitals wurde also wieder auf die Wartebank geschoben. Am Geld kann das Projekt kaum scheitern, denn: Währenddessen hat das Luks 50 Millionen Franken für die Sanierung und Erweiterung der Augenklinik investiert (2012), weitere 50 Millionen Franken wurden für das provisorische Zentrum für Notfall- und Intensivmedizin (ZNI) gesprochen (2015), weitere 250 000 Franken zahlte das Spital für eine Babyambulanz (2015).

Das Blatt soll sich beim geplanten Gesamtprojekt jetzt allerdings zu Gunsten des Kinderspitals wenden: Dieses soll gemäss Luks-Sprecherin Ramona Helfenberger bei der Osterweiterung priorisiert werden. Konkret heisst das, dass der Neubau des Kinderspitals wie auch des Spitals Wolhusen in der ersten Bauetappe umgesetzt wird.

Der Kanton als Eigner des Luks kann keine Auskunft zum aktuellen Stand geben und verweist ans Spital. Helfenberger schreibt zum Bau-Fahrplan: «Aktuell erfolgt am Standort eine fundierte Überprüfung und Weiterentwicklung der betrieblichen Gesamtbetrachtung.» Diese würde der Ausarbeitung des Masterplans dienen. «Terminliche Eckdaten zu den einzelnen Etappen werden erst im Rahmen des Masterplans definiert.» Fest steht: Die hierfür benötigten Spitalplanerleistungen hat man im Januar ausgelöst.

Ist Fahrplan des Baus realistisch?

Stellt sich die Frage, wie realistisch die Umsetzung des neuen Kinderspitals innerhalb der nächsten fünf Jahre ist.

Pius Jenni, Leiter Bau und Architektur des Luks, sagt: «Wenn bei einem Bauprojekt sämtliche Vorarbeiten erledigt sind, dann geht es mit dem Bau jeweils rassig.» Er macht ein Beispiel: Der Spatenstich für die neue Augenklinik war im Februar 2013. Im kommenden Februar, also genau drei Jahre später, wird der Bau fertig sein. Ende August, nach dreijähriger Vorbereitungszeit, war der Spatenstich für das Zentrum Notfall und Intensivmedizin. Jenni sagt, dass die Bauzeit dafür in 1,5 Jahren, also Ende 2016, abgeschlossen sein wird.

Das Luzerner Kantonsspital plant bis 2030 die Realisierung der Osterweiterung für rund 900 Millionen Franken. Zu den genauen Kosten des Kinderspitals können noch keine Angaben gemacht werden. Der 110 Millionen Franken teure Neubau des Spitals Wolhusen wird voraussichtlich 2019 eröffnet.

Das Luks versorgt ein Einzugsgebiet mit 500 000 Einwohnern (900 Akutbetten) und behandelt jährlich rund 36 000 stationäre und 148 000 ambulante Patienten. Es beschäftigt rund 6000 Mitarbeiter.