LUZERN: Podium zur Fremdspracheninitiative sorgt für emotionale Diskussionen

Gegner und Befürworter der Fremdspracheninitiative kreuzten beim Podiumsgespräch der «Luzerner Zeitung» am Mittwochabend die Klingen. Wie viel Englisch und Französisch kann Primarschülern zugemutet werden?

Urs-Ueli Schorno
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Von links: SVP-Kantonsrat Bernhard Steiner; Annamarie Bürkli, Präsidentin des Luzerner Lehrerverbands; Moderator Alexander von Däniken; CVP-Nationalrätin Andrea Gmür und Bildungsdirektor Reto Wyss (CVP). (Bild: Nadia Schärli (Luzern, 6. September 2017))

Von links: SVP-Kantonsrat Bernhard Steiner; Annamarie Bürkli, Präsidentin des Luzerner Lehrerverbands; Moderator Alexander von Däniken; CVP-Nationalrätin Andrea Gmür und Bildungsdirektor Reto Wyss (CVP). (Bild: Nadia Schärli (Luzern, 6. September 2017))

Urs-Ueli Schorno

ursueli.schorno@luzernerzeitung.ch

Bis jetzt gilt im Kanton Luzern das 3/5-Modell: Englisch wird ab der dritten, Französisch ab der fünften Klasse unterrichtet. Die Initianten wollen das 3/7-Modell: Die zweite Fremdsprache käme erst ab der Oberstufe hinzu. Am Podium vom Mittwoch in den Räumlichkeiten unserer Zeitung fühlte Moderator Alexander von Däniken, Ressortleiter Kanton der «Luzerner Zeitung», Befürwortern und Gegnern auf den Zahn.

Für die Initiative argumentierten Annamarie Bürkli, Präsidentin des Luzerner Lehrerinnen- und Lehrerverbands, und Bernhard Steiner, SVP-Kantonsrat und Kinderarzt. Als Gegner traten auf: Bildungsdirektor Reto Wyss sowie Nationalrätin Andrea Gmür (beide CVP).

Kinder machen zwei Entwicklungsschritte

Zunächst erklärte Annamarie Bürkli, weshalb sie die zweite Fremdsprache erst in der Sekundarstufe unterrichten will: «Als Lehrerin erlebe ich heute viele Schüler, die überfordert sind. Der Misserfolg frustriert Eltern und Kinder.» Sie hoffe, dass nun «Politiker endlich auf die Basis, die Lehrer, hören».

Regierungsrat Reto Wyss widersprach: «80 Prozent der ­Lehrer halten eine zweite Fremdsprache für richtig.» Er rief wiederholt dazu auf, die Situation nicht schwarzzumalen. «Wir sind überzeugt, gut unterwegs zu sein.» Bernhard Steiner hält diesen Standpunkt für blauäugig, wofür er wissenschaftliche Argumente zur Hand hat: «Einfaches Sprachenlernen ist bis im Alter von etwa fünf Jahren möglich. Der nächste Sprung setzt erst mit elf Jahren ein, wo analytisches Sprachenlernen möglich wird.» Nationalrätin Andrea Gmür entgegnete darauf spitz: «Dann dürfen wir bis in die Oberstufe überhaupt keine Sprachen mehr unterrichten.» Gmür, selbst ausgebildete Lehrerin auf der Gymnasialstufe, sagte aus, sie erlebe Sprachunterricht in der Primarschule als spielerisch und motivierend und nicht analytisch und überfordernd. «Kinder, die früh auf die Sprachen sensibilisiert werden, profitieren später – ganz klar.»

Regierungsrat Reto Wyss brachte schliesslich seine Argumente auf den Punkt: «Die Initiative bringt mehr Probleme als Lösungen.» Die Initianten könnten nicht aufzeigen, wie der Fremdsprachenunterricht bei einer Annahme aussehen würde. Er halte es zudem für falsch, wenn Luzern einen anderen Weg als seine Nachbarkantone einschlage. «Wir wollen keine Insellösung.»

Annamarie Bürkli betonte, dass mit der Initiative am Ende der Schulzeit die Lernziele in beiden Fremdsprachen erreicht würden. So sei auch der Vielsprachigkeit der Schweiz Rechnung getragen. Welche Sprache bei einer Annahme der Initiative in der Primarstufe unterrichtet werden soll, lassen die Initianten offen – der Regierungsrat würde auf Frühfranzösisch setzen. Die lebhafte Debatte zeigte, dass es am 24. September um einen richtungsweisenden Entscheid geht.