Das Stadtparlament diskutierte gestern über Fasnacht und Blumentöpfe. Für den Stadtrat gabs dabei keine Blumen.
Gesetze haben ja gewöhnlich den Zweck, das Verhalten der Bürger zu beeinflussen. Manchmal läuft es aber auch umgekehrt. So im Fall des «Rüüdigen Samschtig» in der Stadt Luzern. Wer würde bestreiten, dass dies ein richtiger Fasnachtstag mit allem Drum und Dran ist? Nun – streng genommen gelten in der Stadt Luzern nur der Schmutzige Donnerstag sowie Güdismontag und -dienstag als offizielle Fasnachtstage. Das Stadtparlament hat nun das Gesetz der Realität angepasst und auch am Samstag das «närrische Treiben» erlaubt. Das bedeutet konkret, dass beispielsweise Guuggenmusigen keine Bewilligung mehr brauchen, um am Samstag im öffentlichen Raum zu spielen. Eine solche war nämlich bisher – zumindest auf dem Papier – jeweils erforderlich. Damit ist der «Rüüdige Samstag» aber nicht der offiziell vierte Fasnachtstag. Denn dies müsste der Kanton festlegen.
Dort kommt es aber noch zu weiteren Änderungen, die gestern im Stadtparlament weit mehr zu reden gaben. So etwa, dass Geschäfte neu zwei statt einen Blumentopf vor die Ladentür stellen dürfen. Oder dass Kinder künftig nichts mehr für die Nutzung des öffentlichen Grundes bezahlen müssen, wenn sie etwa fürs Pfadilager Kuchen verkaufen.
Für die Betroffenen bedeutet dies eine Erleichterung – weshalb auch niemand dagegen opponierte. Vor allem bürgerliche Vertreter störten sich aber daran, dass sich ausser der erwähnten sympathischen Details nur wenig ändert. «Der erhoffte Befreiungsschlag ist ausgeblieben», bilanzierte FDP-Fraktionschefin Sonja Döbeli. Eine viel umfassendere Revision des Reglements über die Nutzung des öffentlichen Grundes hätten sich auch die SVP und die Grünliberalen gewünscht. Sie machten auch klar, wie ein solcher Befreiungsschlag ihrer Ansicht nach aussehen sollte: Insgesamt seien die Nutzer des öffentlichen Raums viel zu starren Regeln unterworfen. So ist zum Beispiel neben der Zahl der erlaubten Blumentöpfe auch zentimetergenau geregelt, wo die Boulevardrestaurants ihre Stühle aufstellen dürfen. Deshalb brauche es eine deutliche Liberalisierung, die dem Einzelnen wieder mehr Spielraum lässt, lautete die Forderung. FDP, SVP und GLP wollten das revidierte Reglement sogar ganz zur Überarbeitung zurückweisen, scheiterten aber mit diesem Vorhaben. Für die FDP ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen: «Wir fordern schnellstmöglich eine umfassende Revision des Reglements», sagte Sonja Döbeli und kündigte umgehend eine Motion mit dieser Forderung an.
Dass die Regeln für die Benutzung des öffentlichen Raumes grundsätzlich neu definiert werden müssten, bestreitet auch die Stadtregierung nicht. Der zuständige Stadtrat Adrian Borgula (Grüne) stellt eine Totalrevision des Reglements für die nächsten zwei bis drei Jahre in Aussicht. Man wolle dies aber erst machen, wenn die Ergebnisse des Projekts «Forum Attraktive Innenstadt» vorliegen. Diese sollen in das neue Reglement einfliessen.
Zudem will der Stadtrat der Bevölkerung und Direktbetroffenen auf den Zahn fühlen. So soll ein Mitwirkungsprozess aufzeigen, welche Bedürfnisse die einzelnen Nutzer des öffentlichen Raums überhaupt haben. Diese Ankündigung Borgulas ist Musik in den Ohren derjenigen Gewerbler, die sich kürzlich beklagten, sie hätten bei der Teilrevision des Reglements nicht mitreden dürfen. Der Stadtrat argumentierte damals, es habe sich ja bloss um eine Teilrevision mit geringen Auswirkungen gehandelt, und versprach einen Mitwirkungsprozess bei der nächsten grösseren Revision des Reglements.
Auch wenn die aktuelle Teilrevision keine weltbewegenden Änderungen enthält, wollten die Stadtparlamentarier dann doch noch da und dort Korrekturen vornehmen. So wurde etwa die Busse für falsch parkierte Velos gestrichen. Zudem dürfen neu alle Kinder- und Jugendorganisationen den öffentlichen Grund gratis benutzen, nicht nur solche aus der Stadt. Dafür gibts einen kleinen Wermutstropfen für Fasnächtler: Guuggenmusigen dürfen ausserhalb der Fasnacht auch künftig nur gegen Bewilligung auftreten. Ein Änderungsantrag von Joseph Schärli (SVP) wurde mit grosser Mehrheit abgelehnt.
Robert Knobel